Die Liederbuch-Affäre der Burschenschaft Germania und ihres Mitglieds Udo Landbauer (Bild) verhagelte ihm die Landtagswahl 2018, wenige Tage danach trat er vorerst zurück. Die neuen Mails sollen zeigen, dass Ziegler damals den innersten Kreis um Mikl-Leitner 2018 beraten hat.

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St. Pölten / Wien – Udo Landbauer, freiheitlicher Landesparteiobmann in Niederösterreich, fordert nun den sofortigen Rücktritt von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Anlass: das enge Zusammenspiel der regierenden ÖVP Niederösterreich mit dem ORF-Landesstudio, Einflussnahme im Sinne der Landeshauptfraupartei beim öffentlich-rechtlichen Regionalprogramm.

Als DER STANDARD, der SPIEGEL und "Die Presse" im Dezember ein Dossier über dieses Zusammenspiel veröffentlichten, forderte die SPÖ den Rücktritt der Landeshauptfrau, die FPÖ und Grüne verlangten den Rücktritt von ORF-Landesdirektor Robert Ziegler.

Inzwischen untersucht eine ORF-interne Kommission die Vorwürfe und befragt dazu dutzende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Zieglers Amtsführung als Chefredakteur 2015 bis 2021. Aussagen und Stellungnahmen gegenüber der Kommission landeten in diesen Tagen in Redaktionen – wie berichtet beim STANDARD, beim "Falter" und bei der "Presse" etwa.

Die Kommission betonte am Donnerstag, von ihr stammten die Leaks gewiss nicht.

"Eigentlich das Erschreckende"

Bevor die Kommission ihre Arbeit aufgenommen hat, herrschte im Landesstudio durchaus Skepsis – auch bei einem Besuch von ORF-Generaldirektor Roland Weißmann. Denn der war früher ein Kollege in St. Pölten, manche Mitarbeiter erinnern sich präzise daran, wie eng der heutige ORF-Chef vor Jahren mit dem damaligen Chefredakteur Richard Grasl zusammengearbeitet hat. Grasl gilt seit jeher als ÖVP-nah und mischt heute in einer pikanten Doppelfunktion medial kräftig mit: als Vize-Chefredakteur des "Kurier" sowie künftig als Geschäftsführer des bisherigen Aufdecker-Magazins "profil".

Doch die Vorbehalte gegenüber dem Untersuchungsgremium sind inzwischen geschwunden: Eine Person, die aussagte, beschreibt die Befragung sehr positiv. Man habe sich ernstgenommen gefühlt. Bei vielen Schilderungen hätten die Kommissionsmitglieder sogar den Kopf geschüttelt. "Sie hatten vorher wohl selbst nicht damit gerechnet, dass manches so gravierend war." Je mehr man darüber nachdenke, desto mehr Beispiele würden einem einfallen. "Das ist eigentlich das Erschreckendste."

"Volle TV-Präsenz"

Udo Landbauers Radikalisierung in Sachen ORF-Niederösterreich ist wohl auf die jüngsten von der "Presse" berichteten Mails von Ziegler zurückzuführen.

Die Liederbuch-Affäre der Burschenschaft Germania und ihres Mitglieds Landbauer verhagelte ihm die Landtagswahl 2018, wenige Tage danach trat er vorerst zurück. Die neuen Mails sollen zeigen, dass Ziegler damals den innersten Kreis um Mikl-Leitner 2018 beraten habe, wie sie auf die Vorwürfe gegen FPÖ-Spitzenkandidat Landbauer medial reagieren solle. Zwei Tage vor der Wahl soll Ziegler eine Nachricht an mehrere Mitarbeiter geschickt haben: "Vlt (vielleicht, Anm.) geschieht ja doch was. Der Druck ist jedenfalls wichtig. Lgro." Gemeint sei damit Mikl-Leitners "Druck". Die Landeshauptfrau sollte laut Ziegler "volle TV-Präsenz" bekommen am Abend vor der Landtagswahl 2018. Mikl-Leitner kam im ORF-Radio, in "Niederösterreich heute" und in der "ZiB 1" zu Wort und erklärte, dass es mit Landbauer "keine Basis für eine Zusammenarbeit" gebe.

Diesmal verweigert Landbauer umgekehrt die Zusammenarbeit: "Wir werden Mikl-Leitner nicht zur Landeshauptfrau wählen."

Unterstützung

Auf die Zusammenarbeit mit ORF-Stars kann Mikl-Leitner unterdessen im Wahlkampf zählen. Vera Russwurm moderierte den "Wahlkampfauftakt" der ÖVP Niederösterreich. Als Unterstützerin der Landeshauptfrau im Wahlkampf tritt etwa die Schauspielerin Kristina Sprenger auf, die in Niederösterreich heute "Aufgespürt" präsentiert, eine Rubrik über Ausflugsziele in Niederösterreich. "Radio-Gärtner" Johannes Käfer, bekannt aus Radio Niederösterreich fand sich in einem Unterstützungsinserat für Mikl-Leitner. Unterstützer ist Erlebnisgärtner Reinhard Kittenberger. Und Moderatorin Nadja Mader rühmte sich im Web ihrer Tätigkeit etwa für Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), bis der "Falter" darüber berichtete. (Oliver Das Gupta, Harald Fidler, 19.1.2022)