Manche Menschen benötigen absolute Stille, um einschlafen zu können. Andere hören gern Musik – sofern sich dies mit bequemen Kopfhörern oder etwaigen anderen Personen im Raum vereinbaren lässt. Um mehr darüber herauszufinden, welche Lieder dabei gern gewählt werden, wertete ein dänisches Forschungsteam mehr als 200.000 Songs auf der Musikplattform Spotify aus. Das Ergebnis, das auch im wissenschaftlichen Fachblatt "Plos One" veröffentlicht wurde, zeigt: Es zeichnen sich bemerkenswerte Unterschiede ab.
Im Gegensatz zu bisherigen Analysen ist die neue Studie groß: Mehr als 225.000 Songs in fast 1.000 Spotify-Wiedergabelisten und ihre Charakteristika wurden berücksichtigt. Das Forschungsteam um Rebecca Jane Scarratt von der Universität Aarhus in Dänemark suchte im Jahr 2020 Playlists heraus, die offenbar zum Einschlafen gedacht sind. Jedenfalls schlossen die Fachleute dies aus der Verwendung von Begriffen aus der Wortfamilie "Schlaf" in Titel und Beschreibung, die sie in verschiedenen Sprachen suchten.
Etliche Ausschlusskriterien
Ausgeschlossen wurden dabei allerdings Playlists zu Podcasts, Naturgeräuschen und ASMR-Sounds – Kategorien, die sicher ebenfalls zum Einschlafen beliebt sind, aber wenig darüber aussagen, welche Nachtmusik nun besonders beliebt ist. Auch wurden beispielsweise Bandnamen und Soundtracks, die mit "Schlaf" zu tun haben, ignoriert sowie Listen, bei denen unklar war, ob sie wirklich zum Einschlafen gedacht waren. Eingang in die Studie fanden nur Playlists mit mindestens 100 Followern, um mehr über generelle Trends herauszufinden.
Offenbar gibt es auch Wiedergabelisten, die Hunden und anderen Haustieren beim Einschlafen helfen sollen – diese wurden gleichfalls ausgeschlossen. Um die Eigenschaften der Schlaflieder im Vergleich zu anderer Musik zu untersuchen, nutzte das Forschungsteam Daten aus der Programmierschnittstelle (API) von Spotify.
Selten Lyrics
Der naheliegende Teil der Resultate: Die Songs zum Einschlafen waren meist leiser und langsamer. Frühere Studien haben mitunter darauf hingewiesen, dass entspannende Musik den Herzschlag senken kann – dies dürfte auch beim Versuch einzuschlafen hilfreich sein. Beliebt sind außerdem Musik ohne Text sowie akustische Instrumente (Akustikgitarre schlägt also E-Gitarre), heißt es in der Studie. Das zeigen Musikstücke wie Claude Debussys "Clair de Lune", Johannes Brahms' "Wiegenlied" und Kinderschlaflieder.
Im Vergleich zu kleineren Studien, die sich etwa auf Großbritannien oder Australien beschränkten, war klassische Musik allerdings im Genrevergleich nicht an erster Stelle. Davor kamen unter anderem Pop-, Ambient- und Lofi-Musik. Der Forschungsgruppe fiel eine beeindruckende Vielfalt auf. So gibt es einige Playlists mit lauteren, energiereicheren Liedern. Dabei kamen immer wieder bekanntere Popsongs auf. Die Studie nennt beispielsweise "Jealous" von Labrinth und "lovely" von Billie Eilish und Khalid, die zu den verhältnismäßig ruhigen Popliedern zählen.
Vertraute Popsongs
Aber warum handelt es sich ausgerechnet beim Lied "Dynamite" der K-Pop-Band BTS (das nicht nur namentlich wesentlich mehr Energie hat) um den beliebtesten Song in Schlafplaylists? Die Fachleute vermuten, dass derartige populäre Lieder für manche Menschen so vertraut sind, dass sie ebenfalls eine entspannende und schlaffördernde Wirkung entfalten können. Um dem genauer auf den Grund zu gehen, seien aber weitere Untersuchungen nötig.
Dies macht aber bereits deutlich, dass es durchaus ganz unterschiedliche Vorlieben bei Einschlafplaylists gibt. "Die Studie kann sowohl für den klinischen Einsatz von Musik als auch für unser Verständnis der Art und Weise, wie Musik zur Regulierung des menschlichen Verhaltens im Alltag eingesetzt wird, von Nutzen sein", schreibt das Forschungsteam. (sic, 22.1.2023)