Ilse-Maria Vrabl-Sanda, Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, will Handy-Chats von Politikern archiviert sehen.

Foto: Regine Hendrich

Ilse-Maria Vrabl-Sanda, die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, hat im Interview mit dem STANDARD eine Dokumentationspflicht für politische Entscheidungen gefordert, die Amtsträger via elektronische Kommunikationsmittel (etwa auf Handys via Signal oder Whatsapp) fällen und daher derzeit nicht veraktet werden. In Deutschland und in anderen Ländern gibt es eine solche Pflicht bereits. DER STANDARD hat bei den Parteien nachgefragt, wie sie zu einer solchen Dokumentationspflicht stehen, ob sie die Forderung unterstützen oder ablehnen.

Ein ganz klarer Zuspruch kommt von den Neos. "Politische Entscheidungsfindung muss veraktet und archiviert werden. Egal, auf welchem Wege sie erfolgt", sagt Stephanie Krisper, Fraktionsführerin der Neos im U-Ausschuss. "Auch für SMS- oder Chat-Nachrichten, die eindeutig dienstlichen Charakter haben, weil in diesen etwa Postenbesetzungen thematisiert werden, muss gesetzlich klar eine Archivierungspflicht bestehen."

Automatisch archiviert

Krisper meint, dass derartige Nachrichten nicht nur einem allfälligen U-Ausschuss, sondern allen Kontrollorganen innerhalb und außerhalb der Ministerien zugänglich sein müssten. Als nächsten Schritt bedürfe es einer präzisen gesetzlichen Regelung im Sinne einer Durchsetzung einer Archivierungspflicht aller beruflichen Nachrichten und Kanäle oberster Staatsorgane. Gleichzeitig sollte ein Verbot der Nutzung privater Infrastruktur im Bundesdienst angedacht werden, um die Sicherheit des Informationsaustausches zu erhöhen, fordert Krisper. Elektronische Korrespondenzen über die dienstliche Infrastruktur sollten jedenfalls automatisch archiviert werden.

Die Grünen sind hier etwas vorsichtiger: Sie wollen erst einen Ländervergleich anstellen, um genauere Erkenntnisse darüber zu erhalten, wie diese Gesetze in anderen Ländern ausgestaltet sind, wie sie technisch vollzogen werden können und ob damit die gewünschten Effekte erzielt werden. Klar sei aber auch: "Wo immer entscheidende Schritte im Richtung Transparenz, Antikorruption und saubere Politik möglich sind, werden die Grünen diesen Weg mitgehen und entschieden vorantreiben."

Einheitliche Regeln

Für die SPÖ ist jedenfalls klar: "Relevantes Verwaltungshandeln bzw. Regierungshandeln muss immer nachvollziehbar sein. Und zwar unabhängig davon, welche Kommunikationsform gewählt wird." Derzeit sei der Standard der Veraktung ministerieller Entscheidungen in den Ressorts sehr unterschiedlich. "Als Grundregel muss gelten, dass insbesondere finanzielle und personelle Entscheidungen sowie solche über Normsetzung auf konkrete verantwortliche Personen rückführbar sein müssen." Auch die Frage, welche Akten aufbewahrt werden, welche ins Staatsarchiv kommen und welche wann gelöscht werden, müsse für alle Ministerien einheitlich geregelt werden.

Für die FPÖ ist der Vorschlag unausgegoren. Es scheine kaum vorstellbar, dass ein Regierungsmitglied, das mit seiner elektronischen Kommunikation strafbare Handlungen verwirklicht, der Dokumentationspflicht nachkommen und sich dadurch selbst auffliegen lassen würde. "Man muss daher sehr aufpassen, nicht eine Rechtsnorm zu schaffen, die sich in einer zusätzlichen formalen Pflicht erschöpft, aber materiell, nämlich insbesondere im Sinne der Korruptionsprävention, nichts beizutragen vermag."

Die ÖVP hat offenbar keine Meinung dazu, ein Sprecher ließ ausrichten, es werde dazu keine Stellungnahme geben. (Stefanie Rachbauer, Michael Völker, 22.1.2023)