So sollen die Speicheranlagen von Form Energy künftig aussehen.

Foto: Form Energy

Es mangelt nicht an vielversprechenden Akkutechnologien. Doch nicht jedes Projekt, das im Labor großes Potenzial zeigt, kann dieses auch unter realen Bedingungen umsetzen. Und selbst dann dauert der Weg zur industriellen Fertigung seine Zeit. Umso erfreulicher ist es, wenn dieser Sprung gelingt.

Kurz vor einem solchen steht nun das Start-up Form Energy, das einst innerhalb des renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) aufgebaut wurde. Dort arbeitet man an Eisen-Luft-Akkus, die viel weniger als herkömmliche Lithium-Energiespeicher kosten. Kommendes Jahr soll die Serienproduktion anlaufen. Form Energy hat sich ein rund 223.000 Quadratmeter großes Grundstück in West Virginia gesichert.

Prominente Investoren

Dort soll die erste Fertigungsanlage neben dem Ohio River in der ehemaligen "Stahlstadt" Weirton aufgebaut werden, berichten Popular Mechanics und Auto Evolution. Kostenpunkt: 760 Millionen Dollar. Möglich machen das auch neue Investoren, die die Firma mittlerweile unterstützen. Darunter auch die Breakthrough Energy Ventures von Bill Gates und der Stahlriese Arcelor Mittal. Man visiert einen Produktionsstart im kommenden Jahr an. Im Vollbetrieb soll das Werk rund 750 Arbeitsplätze bieten.

Der Kostenfaktor für die Herstellung solcher Energiespeicher soll etwa ein Zehntel dessen von Lithium-Ionen-Akkus betragen. Möglich macht das vor allem die vergleichsweise günstige Verfügbarkeit des Metalls,. Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist, dass die Gewinnung von Eisen, dem vierthäufigsten Element der Erdkruste, weniger Wasser verbraucht und auch keine Gefahr der Grundwasserverschmutzung mit sich bringt.

Ein Vortrag von zwei führenden Mitarbeitern von Form Energy über ihre Variante des Eisen-Luft-Akkus.
Stanford ENERGY

Reverse Rusting

Das an sich schon 1878 entwickelte Verfahren findet mit anderen Metallen vereinzelt bei anderen Anwendungen seinen Einsatz, etwa in Form von Zink-Luft-Batterien von Hörgeräten. Seit den 1960ern experimentierte auch die US-Raumfahrtbehörde Nasa mit Metall-Luft-Batterien. Allerdings stellte Korrosion bisher ein großes Problem dar, weswegen solche Akkus zwar in der Regel sehr langlebig, aber nicht wiederaufladbar waren.

Dieses Problem will Form Energy gelöst haben und spricht von einem Verfahren, das auf "umkehrbares Rosten" setzt. Der Akku besteht aus Ladezellen mit Eisen als Anode. Die Zuführung von Sauerstoff sorgt für die Entstehung von Eisenoxid, das man landläufig gut in Form von Rost kennt. Diese Reaktion setzt Energie in Form von Wärme frei, die in Strom umgesetzt wird. Wird die die Batterie aufgeladen, sorgt Spannung dafür, dass sich Eisen und Sauerstoff wieder trennen.

Nicht für E-Autos geeignet

Ein Luft-Eisen-Speicher von Form Energy ist in etwa so groß wie zwei Waschmaschinen und bringt 50 Zellen mit. Die Herstellung eines solchen Akkus wird pro Kilowattstunde (kWh) an Kapazität auf Kosten von etwa 20 Dollar geschätzt, während Lithium-Ionen-Batterien hier mit rund 200 Dollar zu Buche schlagen. Die Lebensdauer soll 17-mal höher sein.

Aufgrund ihrer Eigenschaften, insbesondere des Gewichts, sind diese Energiespeicher für den Einsatz in Elektroautos oder Laptops jedoch ungeeignet. Eisen kommt in seiner Reinform auf eine Dichte von 7,87 Gramm pro Kubikzentimeter, Lithium ist mit 0,53 Gramm für dasselbe Volumen das leichteste aller Feststoffelemente bei Raumtemperatur.

Lithium-Back-up notwendig

Die Technologie ist aber ein Hoffnungsträger als Speicherlösung für Stromnetze. Wo eine Backup-Batterie auf Lithiumbasis vier Stunden lang Überbrückungsstrom für Photovoltaikkraftwerke liefern kann, soll diese Alternative bis zu vier Tage lang Ausfälle und Schlechtwetter kompensieren können.

Einen gänzlichen Verzicht auf Lithium-Ionen-Akkus ermöglichen die Luft-Eisen-Batterien aber nicht. Sie eignen sich sehr gut für Langzeitspeicherung, lassen sich aber nur vergleichsweise langsam auf- und entladen. Dementsprechend werden als Backup für Zeiten mit Lastspitzen auch weiterhin die "herkömmlichen" Energiespeicher benötigt. (gpi, 23.1.2023)