Ist man schwanger, tut man alles, um die Gesundheit des Ungeborenen zu schützen. Doch eine Corona-Infektion ist für Mutter und Baby eine Gefahr.

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Die Schwangerschaft ist eine Zeit der besonderen Vorsicht. Bei Ernährung, Bewegung und in der Behandlung von gesundheitlichen Problemen achten werdende Mütter besonders darauf, alles, was die Entwicklung des Fötus gefährden könnte, zu vermeiden. Jede Intervention, wie beispielsweise auch die Corona-Impfung, wird hinterfragt auf potenzielle Nach- und Vorteile.

Für Schwangere wird die Impfung fast von Beginn ihrer Verfügbarkeit an empfohlen, obwohl es sich dabei um eine Off-Label-Anwendung handelt. Das liegt daran, dass Schwangere nicht in die Zulassungsstudien eingebunden waren, das wäre ethisch problematisch gewesen. Doch die Evidenz, dass die Impfung deutliche Vorteile bringt und Mutter und Kind schützt, ist enorm. DER STANDARD berichtete mehrmals darüber, etwa hier und hier. Auch die CDC, das US-Center for Disease Control, hat die Impfung während der Schwangerschaft umfassend untersucht und empfiehlt sie für die Sicherheit von Mutter und Fötus.

Und soeben sind zwei weitere Studien erschienen, die klar zeigen, wie gefährlich eine Sars-CoV-2-Infektion für eine werdende Mutter und das Ungeborene sein kann. Eine in einer medizinisch-wissenschaftlichen Fachzeitschrift erschienene Metaanalyse zeigt, dass eine Corona-Infektion zu jedem Zeitpunkt während der Schwangerschaft das Sterberisiko der Mutter erhöht und mit schweren Erkrankungen bei Müttern und Neugeborenen im Zusammenhang steht.

Achtfach erhöhtes Risiko, zu sterben

Für diese Analyse wurden zwölf Studien herangezogen, mit Daten von insgesamt 13.136 schwangeren Frauen in Ghana, Hongkong, Italien, Kenia, Nigeria, Südafrika, Spanien, Schweden, der Demokratischen Republik Kongo, der Türkei, Uganda und den USA. Die Daten zeigen, dass mit Sars-CoV-2 infizierte Schwangere fast achtmal häufiger starben als ihre nicht infizierten Altersgenossinnen, weiters war es fast viermal so wahrscheinlich, dass Infizierte Intensivpflege benötigten. Das Risiko für eine Lungenentzündung ist laut Daten 23-mal so hoch, Blutgerinnsel traten fünfmal häufiger auf.

Auch für die Neugeborenen ist das Risiko groß. Fast doppelt so oft mussten sie auf der Neugeborenenstation aufgenommen werden. Das Risiko für eine Frühgeburt vor der 34. Wochen war fast dreimal erhöht, und 19 Prozent mehr Babys von Müttern, die während der Schwangerschaft Corona hatten, waren untergewichtig als Kinder von nichtinfizierten Müttern.

Es gibt aber auch gute Nachrichten. Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen war in dieser Analyse das Risiko einer Totgeburt nach der 28. Schwangerschaftswoche nicht erhöht, ebenso war das Wachstum der Babys nicht verringert.

Schädigung der Plazenta je nach Variante unterschiedlich stark

Warum eine Corona-Infektion für Ungeborene gefährlich werden kann, haben Forschende der Med-Uni Wien untersucht. Die Fall-Kontroll-Studie ist soeben im Fachjournal The Lancet Regional Health – Europe publiziert worden. Für die Studie haben die Forschenden rund um Erstautor Patric Kienast von der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der Med-Uni Wien mittels Magnet-Resonanz-Therapie die Plazenta, also den Mutterkuchen, der das Baby nährt, untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Plazenta, je nach Virusvariante, unterschiedlich stark geschädigt wurde.

Die Varianten vor Omikron führten offensichtlich zu stärkeren Schädigungen und damit zu stärkeren Beeinträchtigungen von Entwicklung und Gesundheit des Ungeborenen als die aktuell kursierenden Mutationen. Trotzdem plädieren die Forschenden für erweiterte Maßnahmen der Früherkennung bei Corona-positiven Schwangeren.

Herangezogen für die Studie wurden insgesamt 76 Scans von Plazenten und Föten, 38 von Corona-Infizierten, 38 von gesunden Kontrollfällen. In der Gruppe der Infizierten wiesen die Plazenten sowohl jener mit früheren Varianten als auch jener mit Omikron-Infektion Anomalien auf. Kienast beschreibt, dass "Infektionen mit Prä-Omikron-Varianten wie Delta zu deutlich stärkeren Schädigungen wie etwa Thromben oder Blutungen führten als die aktuell grassierenden Omikron-Subvarianten".

Weniger Anomalien der Plazenta bei Geimpften

Dass die Plazenta-Schädigungen durch Omikron-Varianten weniger stark sind, erklären die Forschenden einerseits durch die milderen Krankheitsverläufe, andererseits durch die höhere Impfquote. "Unsere Ergebnisse zeigen jedenfalls, dass beide der zwei nicht geimpften schwangeren Frauen nach einer Infektion mit Sars-CoV-2-Omikron eine Anomalie der Plazenta entwickelten, aber nur eine von sechs der dreifach geimpften Frauen", berichtet Studienleiter Gregor Kasprian von der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der Med-Uni Wien.

Die Plazenta ist wesentlich für die Gesundheit des Ungeborenen, denn in ihr findet der Austausch von Sauerstoff, Nährstoffen und Stoffwechselprodukten zwischen Mutter und Kind statt. Gegenüber dem Coronavirus bildet dieses an der Gebärmutterwand anliegende Organ eine so starke Barriere, dass nur null bis drei Prozent aller Föten nach Infektion der Mutter mit Sars-CoV-2 infiziert werden. Wie die aktuelle Studie zeigt, bleibt aber die Plazenta selbst von Beeinträchtigungen durch Covid-19 nicht verschont.

Dadurch kam es bei einigen Ungeborenen zu Wachstumseinschränkungen oder Blutungsereignissen im fetalen Gehirn. "Darum sollte die Plazenta von Schwangeren, die sich mit Sars-CoV-2 infiziert haben, möglichst früh nach dem positiven Testergebnis mittels pränataler bildgebender Verfahren untersucht werden", rät Daniela Prayer von der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der Med-Uni Wien. Vor allem soll das bei möglichen zukünftigen Virusvarianten geschehen, die etwa wieder stärker der Delta-Variante ähneln. So bestehe im Fall des Falles eine Chance, Maßnahmen für die Gesundheit des Fötus zu ergreifen. (kru, 23.1.2023)