Bumble zählt heute knapp 45 Millionen Userinnen und User.

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"Bei all den Fortschritten, die Frauen am Arbeitsplatz und in den Führungsetagen gemacht haben, schienen die Geschlechterdynamiken im Bereich Dating und Romantik immer noch veraltet", erklärt Whitney Wolfe Herd auf ihrer Website. Dies habe sie dazu bewogen, im Jahr 2014 Bumble ins Leben zu rufen. Die Dating-App zeichnet sich dadurch aus, dass Frauen dort den ersten Schritt machen. Ein Konzept, das in dieser Form neuartig ist.

Nach der Gründung geht es steil bergauf für die App. Im Jahr 2015 verzeichnete Bumble bereits rund eine Millionen Userinnen und User, sechs Jahre später sind es bereits knapp 45 Millionen. Mittlerweile gilt Bumble als größte Konkurrenz für den langjährigen Marktführer Tinder.

Liebe, Freundschaft und Business

Bumble basiert auf einer ähnlichen Swipe-Funktion, wie sie von anderen Dating-Apps bekannt ist. Mit einem Wischen nach rechts können Userinnen und User Interesse aneinander bekunden. Ein Match entsteht nur, wenn dieses Interesse auch auf Gegenseitigkeit beruht. Gespräche können auf Bumble prinzipiell nur von Frauen begonnen werden. Einzige Ausnahme: queere Matches. Dort können beide Personen den ersten Schritt machen. "Das bedeutet, dass es auf Bumble keine ungewollten Nachrichten oder Annäherungsversuche gibt", so das Unternehmen in Bezug auf den männerdominierten Dating-App-Markt.

Vor der Bumble-Gründung war Wolfe Herd Marketingchefin bei Tinder.
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Tatsächlich unterscheidet sich Bumble nicht nur im Aspekt des ersten Anschreibens von anderen Dating-Apps. Genauer gesagt beschreibt es sich selbst nicht einmal als solche. Auf der Website ist vielmehr die Rede von der "Bumble-Plattform", denn neben dem üblichen Match-Angebot für Dating können Nutzerinnen und Nutzer hier auch nach Freundschaften (Bumble BFF) oder beruflichen Kontakten suchen (Bumble Bizz).

Nachdem CEO Wolfe Herd selbst Erfahrung mit "toxischem Verhalten im Internet machen musste", habe sie deshalb eine App gegründet, die auf "Freundlichkeit, Respekt und Gleichberechtigung" basiere. Das äußert sich etwa darin, dass Bumble-Nutzerinnen und -Nutzer sich freiwillig mittels Foto verifizieren können, Bodyshaming innerhalb der App sanktioniert wird oder die App mithilfe einer künstlichen Intelligenz (KI) unerwünschte Nacktbilder zensiert. "Es ist ein Unternehmen, das aus meiner persönlichen Geschichte heraus geboren wurde, aus meinen persönlichen Kämpfen, und man muss in der Lage sein, diese Kämpfe wertzuschätzen und es – (den Job, Anm.) – mit Überzeugung und Authentizität zu machen", erklärte die Unternehmerin beim Forbes-U30-Gipfel im Herbst 2021.

Vom Zunder zur Hummel

Vor der Gründung von Bumble ist Wolfe Herd zwei Jahre bei Tinder tätig. Die App befindet sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Einführungsphase. Mit Anfang zwanzig wird sie Mitgründerin und Marketingleiterin bei der App, dort arbeitet sie als einzige Frau des fünfköpfigen Führungsteams. Während ihrer Zeit im Unternehmen kommt sie mit einem der anderen Mitgründer, Justin Mateen, zusammen. Nach der Trennung wird Mateen ihr gegenüber ausfällig, wie sich Chatprotokollen entnehmen lässt. Wolfe Herd verlässt daraufhin Tinder und verklagt das Unternehmen wegen sexueller Belästigung, die Klage wurde 2014 mit einer Abfindung in unbekannter Höhe abgeschlossen.

Durch ihre vorherige Tätigkeit bei Tinder kennt die junge Frau das Geschäftsfeld also bereits gut. Sie weiß, an welchen Lücken sie ansetzen muss, und gründet so 2014 zusammen mit Unternehmer Andrey Andreev die App Bumble. Andreev ist russisch-britischer Unternehmer, der 2006 die Dating-App Badoo gegründet hatte, entsprechend ist auch er ein Kenner des Marktes. Heute steht Bumble als Eigenname sowohl für die App als auch für die Dachmarke von Bumble, Badoo und Fruitz. Dass mehrere Dating-Apps unter einem Schirm zusammengefasst werden, ist in der Branche nicht unüblich. Auch bei der größten Konkurrenz, der Match Group, die hinter Tinder, Hinge, Ok Cupid und diversen anderen Dating-Apps steht, verhält es sich ähnlich.

Eine Dating-App mit Start-up-Mentalität

Als Gründerin und CEO fungiert Wolfe Herd auch als Gesicht der App, zeigt sich in Interviews betont liberal und zukunftsorientiert. Auf ihrer Website, in Interviews und Talkshows präsentiert sich die 33-Jährige als klassische Jungunternehmerin: Gekleidet in Business Casual, in modernen, hellen Büros sitzend oder als Speakerin bei diversen Panels. Als sie auf dem Forbes-U30-Gipfel gefragt wird, wie sie damit umgehe, nun eine Person von öffentlichem Interesse zu sein, erklärt sie jedoch: "Ich bin eigentlich ziemlich schüchtern (...) und eigentlich möchte ich nicht unbedingt das Gesicht für irgendetwas sein. Ich weiß nicht, wie genau das passiert ist (...)" Die beschriebene Schüchternheit tut dem Erfolg der App bisher jedenfalls keinen Abbruch und verkauft sich wohl besser, als wenn Mitgründer Andreev als Mittvierziger und Cis-Mann die App mit Gleichberechtigungsanspruch repräsentieren würde.

Whitney Wolfe Herd beim Forbes-U30-Gipfel 2021.
Forbes

Am 11. Februar 2021 geht Bumble offiziell an die Wall Street. Wolfe Herd wird damit zur jüngsten Frau, die jemals ein Unternehmen an die Börse gebracht hat. Beim traditionellen Klingeln zum Börsengang trägt Wolfe Herd ihren einjährigen Sohn auf dem Arm und lächelt breit in die Kamera. Es folgt ein Höhenflug, der die CEO zur Milliardärin macht. Ein halbes Jahr später bricht der Kurs des am Nasdaq gelisteten Unternehmens jedoch ein. Die vormals jüngste Selfmademilliardärin wird damit zur Millionärin, doch 2022 nimmt das Geschäft wieder Fahrt auf. Im Interview mit der deutschen "Vogue" zeigt sich die Unternehmerin wenig erfreut über den ihr verpassten Titel der jüngsten Börsengängerin:"Wenn man bedenkt, dass es sicherlich Hunderte von Börsengängen gab, die von Männern in meinem Alter geleitet wurden, dann wirkt die Tatsache, dass ich die Erste oder Jüngste der Welt darin bin, eher entmutigend."

Auch wenn der Boom, den Bumble und Co durch die pandemiebedingte soziale Isolation erfahren haben, mittlerweile abgeflacht ist, verzeichnete Bumble 2022 einen Nettoeinnahmenzuwachs von 18 Prozent. Tinder hingegen verlor im selben Zeitraum knappe 14 Prozent. Im Herbst 2022 veröffentlichte Unternehmenszahlen zeigen, dass die für Dating-Apps so wichtige Anzahl der zahlenden Bumble-Userinnen und -User innerhalb eines Jahres um 36 Prozent zugenommen hat. Der anhaltende Trend zu progressiven Dating-Apps scheint sich also positiv auf die Plattform auszuwirken – und nachhaltig zu sein. (Johanna Pauls, 23.1.2023)