Nach Bekanntwerden der Causa Teichtmeister hatten bereits einige Kinos "Corsage" aus dem Programm genommen.

Foto: FELIX VRATNY

Das Rätsel um die Frage, ob Marie Kreutzers Sisi-Drama nun für den sogenannten Auslands-Oscar nominiert wird, ist gelöst: Nein, Corsage ist nicht mehr im Rennen um den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Dass das an der Causa Teichtmeister liegt, ist eher unwahrscheinlich: Denn als die Anklage gegen Florian Teichtmeister am 13. Jänner öffentlich wurde, befand sich die Academy bereits in der Abstimmungswoche – die Frist endete am 17. Jänner. In der englischsprachigen Presse erweckte der hiesige Skandal denn auch eher den Eindruck des "business as usual", denn Anzeigen gegen Schauspieler wegen verschiedenster Delikte sind Hollywood keineswegs fremd.

Felix Kammerer, Monika Willi & die Kameramänner von "Nawalny"

Doch Österreich darf sich für andere freuen. Für den Schauspieler Felix Kammerer etwa, der im Netflix-Kriegsdrama Im Westen nichts Neues die Hauptrolle spielt. Der Film geht nicht nur für Deutschland ins Rennen um den Auslands-Oscar, sondern wurde auch in acht weiteren Kategorien nominiert, auch für den besten Film. Das argentinische Historiendrama Argentina, 1985 gewann bereits den Golden Globe. Für Belgien tritt das Freundschaftsdrama Close an, für Polen der Eselfilm EO und The Quiet Girl für Irland.

Eine schöne Überraschung war die Nominierung einer weiteren Österreicherin: Die Schnittmeisterin Monika Willi könnte für ihre Arbeit an Todd Fields Tár einen Oscar erhalten. Schließlich wurde auch der Dokumentarfilm Navalny, der von den österreichischen Kameramännern Niki Waltl, Simon Fraissler und Daniel Dajakaj gedreht wurde, für einen Oscar in der Kategorie Dokumentarfilm nominiert.

Die österreichische Cutterin Monika Willi wurde für ihre Arbeit an Tár nominiert.
Foto: Robert NewaldRobert Newald Photo

Wer stimmte wofür?

Bei der aufgeheizten heimischen Diskussion hätte man fast vergessen, dass am Dienstag auch die Nominierungen sämtlicher anderer Kategorien bekanntgegeben wurden. Zehn Filme befinden sich Jahr für Jahr im Wettbewerb um die goldene Statuette in der Kategorie Bester Film, in allen anderen Kategorien sind es je fünf Mitbewerber. Beim besten Film darf die gesamte Academy mitbestimmen, die mittlerweile fast 10.000 Stimmberechtigte zählt und sich innerhalb der letzten Jahre einer Diversitäts- und Verjüngungskur unterzogen hat. Bei speziellen Kategorien, etwa Schauspiel, Sound etc., votieren in der Vorauswahl diejenigen Mitglieder der Academy, die in der jeweiligen Branche beheimatet sind. Einzig für die Kategorien Bester fremdsprachiger Film und Animationsfilm war ein spezielles Komitee zuständig. Über die genauere Zusammensetzung ist indes nichts bekannt.

Der Österreicher Felix Kammerer spielt die Hauptrolle in "Im Westen nichts Neues".
Netflix Deutschland, Österreich und Schweiz

Die wichtigsten Nominierungen: Blockbuster-Kino

Die am Dienstag in Los Angeles von den Schauspielern Alison Williams (M3gan) und Rhiz Ahmed (Sound of Metal), ehemalige Co-Stars der Serie Girls, verkündeten Nominierungen hielten kaum Überraschungen bereit. Anders als letztes Jahr, wo es vielen Filmen aus dem Arthouse-Bereich gelang, sich für die Endrunde zu qualifizieren, wie Jane Campions Power of the Dog oder Ryûsuke Hamaguchis Drive my Car, steht heuer das publikumsstarke Blockbuster-Kino hoch im Kurs.

Erstmals sind zwei Sequels in einem Jahrgang nominiert: Avatar: The Way of Water und Top Gun: Maverick. In der Geschichte der Oscars haben es bisher nur acht Sequels in die Endrunde geschafft, niemals waren es mehr als eines pro Jahr. Doch die Konkurrenz ist hart mit Steven Spielbergs The Fabelmans, Daniel Kwans und Daniel Scheinerts Spitzenreiter Everything Everywhere All at Once und Ruben Östlunds Triangle of Sadness, die allesamt auch um die beste Regie ringen.

Nur eine Regisseurin

Für Unmut sorgte, dass Regisseurinnen wie Maria Schrader (She Said) und Gina Prince-Bythewood (The Woman King), wie bereits bei den Golden Globes, übergangen wurden. Als einziger Film einer Frau konnte sich Women Talking von Sarah Polley für die Hauptkategorie qualifizieren. Auch Babylon von Damien Chazelle mit Brad Pitt, der derzeit wegen einer Klage seiner Ex-Frau Angelina Jolie in Misskredit geraten ist, wurde nur am Rande bedacht, James Camerons Avatar II blieb hinter den Erwartungen zurück. Anführer des Rennens ist das Metaverse-Spektakel Everything Everywhere All at Once mit elf Nominierungen, darauf folgen mit jeweils neun Im Westen nichts Neues und The Banshees of Inisherin.

Schauspielkategorien

In den Schauspiel-Kategorien befinden sich bekannte Namen wie Colin Farrell für The Banshees of Inisherin, Brendan Fraser (The Whale), Austin Butler (Elvis), Angela Bassett (Black Panther: Wakanda Forever) sowie Michelle Yeoh (Everything Everywhere All at Once). Butler, Yeoh und Basset gewannen für ihre Darstellungen bereits einen Golden Globe. Überraschungskandidaten sind die Briten Paul Mescal, der im Indiedrama Aftersun einen jungen Vater spielte, und Andrea Riseborough für To Leslie.

Die 95. Verleihung der Oscars findet am 12. März 2023 im Dolby Theatre in Los Angeles statt, Jimmy Kimmel moderiert. (Valerie Dirk, 24.1.2023)