Gefeiert: Pianist Víkingur Ólafsson.

Foto: Ari Magg

Wien – "Bach oder Mozart?" Auf die Frage des Pianisten Víkingur Ólafsson, was das Publikum am Montag im Großen Saal des Wiener Konzerthauses noch als Zugabe hören wolle, war die Antwort eindeutig: Bach. Das Andante aus der Triosonate in e-Moll für Orgel, verklärt schwebend, fließend, intensiv und doch unprätentiös ausgeleuchtet, mit einem plötzlich klaffenden Blick ins Bodenlose (beim verminderten Dreiklang vor der Schlusskadenz). Der Jubel ließ keinen Zweifel daran, dass Mozart danach doch noch an die Reihe kommen musste, und zwar das Ave verum corpus in der Bearbeitung von Franz Liszt.

Gute Figur

Ólafsson spielte es wie ein vergeistigtes Gebet, und wie der vorige Bach klang es ganz und gar wie für das Klavier erfunden, makellos und kristallklar. Zuvor hatte der Pianist im Zentrum von Maurice Ravels Klavierkonzert – ja, was ist das richtige Wort? – geglänzt, brilliert, höchste Virtuosität bewiesen? Das alles ist wahr, er hatte seinen Part aber auch wie ein zweiter Dirigent kongenial in den Gesamtklang integriert, ohne dabei Antonio Pappano des Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia Konkurrenz zu machen, das hier ebenso gute Figur machte wie Sibelius’ 5. Symphonie und der Nummer IX ("Nimrod") aus Elgars Enigma-Variationen als Zugabe.

Doch zurück zu Ravel: Ólafsson schuf in dessen abenteuerlichen Texturen eine Art irrlichterndes Leuchten, spielte den kantablen Mittelsatz innig wie ein Mozart-Adagio (Ravels Vorbild!), sprühend und frech die raschen Rahmensätze. Ein origineller Ausnahmemusiker, den das Publikum dankbar und respektvoll feierte. (daen, 24.1.2023)