Gerade Jugendliche senden einander immer wieder Nacktfotos. Verboten ist das nicht. Allerdings führt es immer wieder zu langjährigen Konsequenzen für die Betroffenen.

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Es ist eine komplexe Situation, mit der Erwachsene in der Prävention von Kindesmissbrauch konfrontiert sind: Teens, die anderen Jugendlichen oft freiwillig Nacktfotos von sich selbst schicken. "Sexting" heißt das Phänomen, das bereits seit geraumer Zeit existiert. Und ganz grundsätzlich ist es nicht verboten, wenn Jugendliche solche Fotos von anderen über 14-Jährigen mit dem Einverständnis der Abgebildeten auf dem Handy haben. Allerdings wird es zu einem Fall des Strafrechts, wenn diese Aufnahmen weiterverbreitet werden.

1073 Anzeigen gegen Teens

Allein im Vorjahr betrafen 1.073 der 1.921 Anzeigen wegen der Darstellung sexuellen Missbrauch von Minderjährigen andere Personen, die selbst unter 18 Jahre alt sind. Diese Zahl hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Laut Bundeskriminalamt betrifft das etwa Jugendliche, die sich auf sozialen Medien Nacktbilder senden – oder pornografische Inhalte von Gleichaltrigen auf Messenger-Diensten teilen.

"Das Phänomen, dass sich Minderjährige gegenseitig Nacktfotos schicken, ist gang und gäbe", sagt Anwalt Franz Stefan Pechmann, der bereits einige solche Fälle betreut hat, dem STANDARD. "Die Herstellung und der Besitz von pornografischen Darstellungen mündiger Minderjähriger – also zwischen 14 und 18 – ist nicht zu bestrafen, wenn dies mit deren Einwilligung und zu deren oder des Täters eigenem Gebrauch geschieht", betont der Jurist. Wenn also eine 15-Jährige Nacktfotos an einen 16-Jährigen schickt, bleiben beide straflos. Mehr als diese Fotos besitzen darf der Empfänger allerdings nicht. Sprich: Er darf sie nicht anderen weiterschicken, öffentlich vorführen oder anders zugänglich machen. Das passiert allerdings immer wieder.

Wissen schützt nicht

Dass so etwas mit den eigenen Fotos passieren kann, ist den Teenagern klar. Aber: "Das Wissen darüber, dass Nacktfotos, die man einer Person selbst geschickt hat, weiterverbreitet werden können, hilft da nicht", sagt Barbara Buchegger von der Initiative Saferinternet.at im Gespräch mit dem STANDARD. Denn: Minderjährige, die solche Bilder etwa an ihre Partner verschicken, haben ein großes Vertrauen in diese. Wenn eine Beziehung jedoch in die Brüche geht, sieht die Sache anders aus. Das Verbreiten passiere aus einer Machtposition heraus, oder aus "Spaß". Dieser habe aber "langjährige Konsequenzen" für die Betroffenen, sagt die Expertin.

Eltern würden sich "extreme Sorgen" wegen des Themas machen. Das Problem daran: "Diese Ängste der Eltern sind nicht hilfreich. Kinder merken das und wenden sich nicht an die Eltern", sagt Buchegger. Ihr Rat: Wenn man sich Sorgen macht, eine andere erwachsene Person als Ansprechpartnerin finden, an die sich die Jugendlichen wenden können. (Alexander Amon, Oona Kroisleitner, 26.1.2023)