Rosemary Akisa Amacar hat ihren kleinen Bauernhof in Matisi in Kenia in den letzten fünf Jahren komplett umgekrempelt. "Wie die meisten Bäuerinnen im Bungoma County habe auch ich fast nur Mais angebaut", erzählt sie. Doch obwohl die Region am Mount Elgon zu den fruchtbarsten Gegenden des Landes gehört, fielen die Ernten immer dürftiger aus. Die langjährige Monokultur habe die Böden ausgelaugt und zu Schädlingsbefall geführt. "Dazu kommt der Regen unregelmäßiger und bleibt manchmal sogar aus", sagt Amacar. Der Klimawandel macht sich auch im Westen Kenias bemerkbar.

Im Jänner 2017 trat die Kleinbäuerin der Matisi Boresha Group, einem Zusammenschluss von 20 Landwirtschaften, bei und stellte die Anbauform auf einen traditionellen Waldgarten um. "In den Waldgärten werden Bäume, Sträucher und bodenbedeckende Pflanzen auf einer gemeinsamen Fläche angesetzt. Die Ackerfläche wird dadurch vor direkter Sonneneinstrahlung und Regen geschützt, die Fruchtbarkeit der Böden enorm verbessert", erklärt Wolfgang Heindl von Sei So Frei Salzburg. Mittlerweile kann Amacar ihre siebenköpfige Familie mit der Ernte aus dem Waldgarten gut versorgen. Was übrigbleibt, verkauft sie auf dem Markt. Mit dem Gewinn bezahlt sie das Schulgeld ihrer Kinder.

750 Bauernfamilien werden geschult

Um mehr Bäuerinnen und Bauern in Kenia weg von der Monokultur und hin zur Vielfalt im Waldgarten zu bringen, wurde 2021 ein auf vier Jahre angelegtes Projekt entwickelt. Das Know-how der traditionellen Anbauform der Agroforstwirtschaft soll so an 750 Bauernfamilien vermittelt werden. Das Klimaschutzministerium finanziert das Projekt mit 485.000 Euro. Eingereicht wurde es von der entwicklungspolitischen Organisation der Katholischen Männerbewegung Sei So Frei und Horizont 3000. Projektpartner vor Ort ist die Entwicklungsorganisation Desece unter der Leitung von Sophie Elizabeth Kibuywa, die am Donnerstag zu Gast in Salzburg war.

Sophie Elizabeth Kibuywa leitet die Entwicklungsorganisation Desece und ist Projektpartnerin vor Ort. Wolfgang Heindl von Sei So Frei hat gemeinsam mit Horizont 3000 die Ausschreibung des Klimaschutzministeriums für das Projekt gewonnen.
Foto: Sei So Frei

Der fruchtbare Landkreis Bungoma gelte als die Kornkammer Kenias. "Wir pflanzen Essen für das gesamte Land", erklärt Kibuywa. Fast alle Familien sind in der Landwirtschaft tätig. Doch der Klimawandel mache sich stark bemerkbar. Fünf Saisonen lang habe es keinen Regen gegeben, sagt die Organisationsleiterin. Während in vielen Regionen Westafrikas die starken Regenfälle zu Überflutungen geführt haben, kämpft Kenia mit der schwersten Dürre seit 40 Jahren. Tausende Tiere verendeten bereits, und vier Millionen Menschen sind vom Hunger bedroht.

Mehrstöckiger Anbau

Über Jahre zuvor seien viele Bäume gerodet worden und durch die Kolonialisierung der Briten setzte man ausschließlich auf Monokulturen, schildert Kibuywa. In einem Ausbildungszentrum werden die Landwirtinnen und Landwirten nun im traditionelle Anbau mit einem mehrstöckigen Aufbau geschult. Ganz unten werden bodenbedeckende Pflanzen wie Bohnen sowie Wurzel- und Knollenfrüchte, etwa Süßkartoffeln, gepflanzt. Im ersten Stock finden sich buschhohe Pflanzen wie Maniok, Mais oder Passionsfrüchte. Im zweite Stockwerk folgen mehrere Meter hohen Gewächsen wie Kaffeebäume oder Bananenstauden. Ganz oben überdachen schließlich massive Schattenspender wie die afrikanische Eiche die anderen Pflanzen.

Wegen ihres hohen Ertrags werden die Waldgärten in Kenia auch "food forests" – also Nahrungswälder – genannt. Die Teilnehmer werden über alle vier Jahre bei der Umstellung ihrer Landwirtschaft begleitet, erklärt Wolfgang Heindl. 15 Frauen und 10 Männer sind als Animatoren in den Dörfern eingesetzt und dienen als Ansprechpartner vor Ort, ergänzt Sophie Elizabeth Kibuywa. Den Menschen werde auch gezeigt, wie sie ein rein biologisches Pflanzenschutzmittel herstellen können. Rosemary Akisa Amacar ist bei dem Projekt mittlerweile zu einer Waldgartenbotschafterin geworden: Sie wurde selbst ausgebildet und schult als Trainerin nun andere Kleinbäuerinnen, wie sie möglichst viel aus ihrem Land machen.

Vorbildeffekte strahlen aus

Die Mehrheit der in der Landwirtschaft tätigen Menschen in Kenia seien Frauen, betont Heindl. Das Projekt habe daher auch einen starken Frauenfokus. Kibuywa schätzt, dass rund 80 Prozent Frauen auf den Feldern arbeiten. In den Schulungen werden neben dem praktischen Handwerkszeug auch Menschenrechte und Geschlechtergerechtigkeit thematisiert. In den Dörfern sind die teilnehmenden Landwirtinnen auch Vorbilder für andere Bewohner. So hat das Projekt auch Effekte weit über die 750 Personen hinaus, sagt Kibuywa. Es gebe bereits Anfragen von weiteren Bauern für Schulungen im Ausbildungszentrum. (Stefanie Ruep, 28.1.2023)