Ein Goldschakal aus nächster Nähe.
Foto: Goldschakal Projekt

Schakale kennt man hierzulande vor allem aus Naturdokumentationen über Afrika. Weniger bekannt ist, dass auch in Südosteuropa Schakale leben. Sie wandern nun aufgrund der durch den Klimawandel steigenden Temperaturen nach Norden und landen auch in unseren Breiten. Dabei ist etwa der Goldschakal, der auf den lateinischen Fachnamen Canis aureus hört, gar nicht leicht als solcher zu identifizieren: Er ähnelt optisch einem Hund und befindet sich im Größenvergleich mit 44 bis 50 Zentimetern Schulterhöhe zwischen Fuchs und Wolf.

In Österreich wurde der Goldschakal bereits in allen Bundesländern bis auf Vorarlberg und Wien nachgewiesen. Zumindest was die Hauptstadt angeht, hat sich dies nun geändert – durch einen tristen, aber wissenschaftlich wertvollen Todesfall: Am 25. Jänner wurde ein Exemplar Opfer eines Verkehrsunfalls im Norden Wiens. Ein historischer Beleg, wie die Universität für Bodenkultur (Boku) Wien berichtet. Dort läuft bereits seit 2015 ein Projekt zur Erforschung dieser scheuen Tiere.

An der Boku wurde der erste offizielle Wiener Goldschakalfund untersucht (nicht das hier abgebildete Individuum).
Foto: Wim Hoek / Getty / iStock

Helle Ohren, kürzerer Schwanz

Zwar gab es bereits den einen oder anderen mündlichen Hinweis auf Sichtungen von Schakalen in Wien, aber keinen zweifelsfreien Beweis. Fotografierte Individuen entpuppten sich allesamt als Füchse. "Für das ungeübte Auge sind Fuchs und Goldschakal leicht zu verwechseln", sagt Jennifer Hatlauf von der Boku, die bereits seit einigen Jahren Hinweise aus Wien verfolgt.

Goldschakale leben üblicherweise als Eltern mit ihrem Nachwuchs zusammen, bis dieser nach einem Jahr geschlechtsreif wird.
Foto: Goldschakal Projekt

Unterscheidungsmerkmale seien unter anderem der deutlich kürzere Schwanz des Goldschakals und seine hellen Ohren. "Für eine eindeutige wissenschaftliche Bestätigung bedarf es eines Fotos, Videos oder des Körpers eines verendeten Tieres."

Ein solches Beweisstück wurde vor wenigen Tagen eingereicht. Am vergangenen Mittwoch traf kurz vor 9 Uhr eine Meldung beim Goldschakalprojekt Österreich über ein überfahrenes Tier in Wien ein, das zeitnah geborgen wurde. Schakalexpertin Hatlauf hatte endlich einen Hauptstadtfund zur offiziellen Bestätigung.

Von Mäusen bis Mais

Der Zeitpunkt des Fundes passt gut in den Jahresrhythmus der Tiere. Von Mitte Jänner bis Mitte Februar reicht die Paarungszeit der Goldschakale, die im Familienverband zusammenleben – Eltern und Nachwuchs, der meist mit der Geschlechtsreife nach nur einem Jahr eine eigene Familie gründet. In der evolutionären Familie bildet der Goldschakal eine eigene Spezies in der Gattung der Wolfs- und Schakalartigen. Mit Wölfen und Hunden ist er somit näher verwandt als mit Füchsen (Gattung Vulpes).

Ein Goldschakal 2019 im Donaudelta in Rumänien. Diese Art ist auch nach Österreich eingewandert.
Foto: imago images/imagebroker

Der Speiseplan ist vielfältig: Vor allem Nagetiere und kleine Huftiere werden verspeist, ob selbst gejagt oder als Aas. Vor drei Jahren wurde in Salzburg erstmals eindeutig nachgewiesen, dass ein Goldschakal zwei Lämmer gerissen hat. Hinzu kommen aber auch Amphibien, Fische und Insekten sowie mitunter vegane Kost – von Mais bis hin zu Trauben.

Genügend Nahrung, aber auch ein Umfeld, in dem man sich leicht verstecken kann, sind der scheuen Spezies wichtig. Daher trifft man sie so selten an: Bis man einen Goldschakal entdeckt, ist dieser meist weggelaufen, sagt Hatlauf. Gefährlich wird er Menschen daher auch nicht.

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National Geographic UK

Dass das Tier nun auch verlässlich im Hauptstadtgebiet dokumentiert wurde, ist für den Wiener Forstdirektor Andreas Januskovecz keine Überraschung. "Goldschakale waren in Europa bisher vor allem am Balkan und südöstlich davon zu Hause." Im Lauf des 20. und 21. Jahrhunderts weitete sich ihr Gebiet über weite Teile des Kontinents aus.

Ausbreitung mit der Klimakrise

Hatlauf ergänzt: "Mittlerweile gibt es Nachweise bis nach Norwegen." Die Anpassungsfähigkeit und das breite Nahrungsspektrum helfen dem Goldschakal. Auch klimatische Veränderungen trugen dazu bei, sagt Januskovecz: "Der aufgrund der Klimakrise seit einigen Jahren starke Anstieg der jährlichen Durchschnittstemperatur vor allem in und rund um Wien begünstigt das Einwandern dieser Wildart."

Beim tot aufgefundenen Tier handelte es sich übrigens um ein junges Männchen mit zwölf Kilogramm Körpergewicht. Weitere Analysen sollen mehr über Ernährung, Gesundheitszustand und Herkunft verraten. Landesweit wie auch international wird das Auftauchen des Goldschakals dokumentiert, wobei auch Hilfe aus der Bevölkerung gefragt ist. Beobachtungen können auf goldschakal.at gemeldet werden, tote Tiere beim auch als App verfügbaren Projekt Roadkill. (sic, rkl, 27.1.2023)