2019 reiste Papst Franziskus nach Madagaskar und hielt dort eine Messe ab.

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Das ist kein zimperlicher Papst. Von einem Knieleiden noch immer nicht ganz genesen, macht sich Franziskus am Montag zu einer Afrika-Reise, der vierten seines Pontifikats, auf den Weg: Sie wird ihn in zwei der unseligsten Staaten des Kontinents führen, die Demokratische Republik Kongo (RDC) und den Südsudan. Im Südsudan hungern Millionen von Menschen, und der Kongo wird seit Jahrzehnten von unzähligen Milizen und Rebellentruppen, von islamischen Extremisten und Truppen aus den Nachbarländern gepeinigt.

Derzeit droht täglich ein Krieg des Kongo mit dem Nachbarland Ruanda auszubrechen, in dessen Zentrum dann die ostkongolesische Provinzhauptstadt Goma stünde. Auch sie wollte Franziskus ursprünglich besuchen. Doch die Etappe wurde aus Sicherheitsgründen gestrichen. "Nicht weil der Papst Angst um sein eigenes Leben gehabt hätte", erklärt Matteo Bruni, Pressechef des Heiligen Stuhls: Er habe vielmehr verhindern wollen, dass Gläubige ihr Leben aufs Spiel setzen, um mit ihm die Messe zu feiern.

So wird der 86-jährige Papst alle vier Tage seiner Kongo-Visite in dessen Hauptstadt Kinshasa verbringen, der am schnellsten wachsenden Metropole des Kontinents. Sie zählt derzeit rund 17 Millionen Einwohner. Um den Feierlichkeiten des Papstbesuchs genug Raum zu verschaffen, wurde die Stadt in den vergangenen Wochen gründlich "gesäubert". Unter anderem machten Bulldozer die Stände Tausender von Kleinhändlern am Straßenrand platt. Die Kampagne sei keineswegs allein dem Papstbesuch zuzuschreiben, hielt der Verantwortliche der Aktion, George Ya Lala, seinen Kritikern entgegen: "Sie wird auch nach der Visite des Oberhirten weitergehen."

"Die Erfüllung eines Traums"

Dagegen meint Ettore Balestrero, Nuntius der katholischen Kirche in Kinshasa, der Papstbesuch komme für die meisten Kongolesen "der Erfüllung eines Traums" gleich. Der letzte Pontifex, der das damals noch Zaire genannte Land besuchte, war Johannes Paul II. vor fast 40 Jahren.

Fast 240 Millionen Katholiken und Katholikinnen leben in Afrika. Hier betet eine Gläubige in Durban, Südafrika.
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Und das, obwohl in der RDC die meisten Katholiken Afrikas leben, rund 45 Millionen. Auf dem gesamten Kontinent zählen sich fast 240 Millionen Katholiken zu der in Rom beheimateten Kirche. Und ihre Gemeinden wachsen in Afrika wie nirgendwo anders. Trotzdem gibt es in den wichtigen exekutiven Funktionen im Vatikan nur einen Afrikaner: den tansanischen Erzbischof Protase Rugambwa, der die Abteilung für Evangelisierung führt.

Afrikas Katholiken wachsen aber nicht nur der Zahl nach, meint Stan Chu Ilo, Professor an der Chicagoer DePaul-Universität. Von ihnen gehe auch eine Neubelebung und Neuinterpretation des christlichen Glaubens aus. "Die katholische Kirche trägt entscheidend zum sozialen, politischen und spirituellen Leben in Afrika bei. Sie ist eine Gemeinschaft der Hoffnung, wo das Gewebe der Gesellschaft vom Krieg, von humanitären Desastern und Krankheiten beschädigt wurde." Das trifft für keinen Staat mehr zu als für den Kongo, in dessen Osten in den vergangenen drei Jahrzehnten über sechs Millionen Menschen ständig neu aufflammenden Kriegen und Konflikten zum Opfer fielen.

Aufmerksamkeit für vergessene Konflikte

Der Papst erwartet von seinem Besuch, dass die Welt wieder zwei ihrer verheerendsten Konfliktherde wahrnimmt und dass die Kongolesen und Südsudanesen wieder Hoffnung fassen. Wichtig ist sein Besuch auch für die Kirche selbst. Er ist Teil der 2021 begonnenen weltweiten Konsultationen des Papstes, die im kommenden Jahr abgeschlossen und zu einer Neuformulierung des katholischen Glaubens führen sollen.

Der Papst küsste beiden Streitparteien im Konflikt im Südsudan 2019 die Füße.
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Dieser "synodale Prozess" ist das erste umfassende Reformwerk der Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil im Jahr 1965. Afrika soll nach Auffassung von Franziskus eine wichtige Rolle bei der Neuinterpretation der katholischen Lehre spielen – ein Ansinnen, das von konservativen Kräften der Kirche argwöhnisch beäugt wird.

Flehen um Frieden im Südsudan

Seine beiden letzten Afrika-Tage wird Franziskus im Südsudan verbringen, dem jüngsten – und vorwiegend katholischem – Staat der Welt, der vor zwölf Jahren noch ausgelassen seine Unabhängigkeit vom (islamischen) Sudan feierte. Längst ist die Freude der Trauer über die ständig neu aufflammenden inneren Konflikten gewichen, denen meist ethnische Differenzen zugrunde liegen.

Im April 2019 hatte sich Franziskus bei einem Vatikan-Besuch der beiden südsudanesischen Hauptstreithähne auf den Boden geworfen und ihre Füße geküsst. Drastischer hätte der Pontifex sein Flehen um Frieden nicht zum Ausdruck bringen können. Der Appell zeigte zumindest eingeschränkte Wirkung: Die beiden Konfliktparteien kämpfen nicht mehr. Aber wirklich zur Ruhe gekommen ist das Staatenkind damit nicht. (Johannes Dieterich aus Johannesburg, 29.1.2023)