Die EZB (im Hintergrund ihr Hauptsitz in Frankfurt) schraubt die Zinsen in die Höhe. Das hat Auswirkungen auf viele Anlageklassen.

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"Österreich ist ein sehr konservatives Land", sagt Gerald Resch, Generalsekretär des Bankenverbands, über die Vorliebe der Bevölkerung für Sparprodukte. Einer Studie seines Hauses zufolge besitzen 60 Prozent der Befragten ein Sparbuch oder ähnliche Produkte. Darauf folgen mit Respektabstand Bausparverträge, Fonds, Edelmetalle sowie Aktien und Zertifikate. Wobei Sparbücher zuletzt besser abschnitten als Wertpapiere, die 2022 zum Teil erhebliche Verluste verbuchten.

Allerdings macht es die hohe Inflation für einen großen Teil der Bevölkerung schwierig, sich überhaupt etwas zur Seite zu legen. 26 Prozent können maximal fünf Prozent des Einkommens auf die hohe Kante legen, weitere 13 Prozent können gar nichts sparen. Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöht schrittweise die Zinsen, um der Inflation den Zahn zu ziehen. Welche Auswirkungen dies hat.

Aktien: Hohe Inflationsraten setzen Aktienmarkt zu

Aktien haben es in Zeiten hoher Inflation und steigender Zinsen traditionell schwer. Eine Analyse der spanischen Zentralbank, die historische Daten – etwa während der Ölkrise der 1970er – ausgewertet hat, kommt zu dem Schluss, dass sich Aktien nur bedingt als Inflationsschutz eignen. Hohe Lohnabschlüsse, steigende Kosten für Rohstoffe und ein verringerter Konsum privater Haushalte drosseln die Umsätze und Gewinne vieler Unternehmen. Was die Analyse aber auch zeigt, ist, dass einzelne Branchen Krisenzeiten besser überstehen als andere. Energie- und Gesundheitssektor etwa schneiden in der historischen Analyse besser ab. Die Begründung: Sie können ihre Mehrkosten besser an die Kundschaft weitergeben.

Auch in der aktuellen Krise scheinen sich Aktien nicht dafür zu eignen, die Kaufkraftverluste durch Inflation abzufedern. Wie eine Analyse des Momentum-Instituts zeigt, verloren Personen, die ihr Geld in Aktien veranlagten, vergangenes Jahr kaufkraftbereinigt rund ein Viertel ihres Vermögens. Ein Blick auf den ATX, der die Kursentwicklung der größten 20 börsennotierten Unternehmen Österreichs abbildet, zeigt das Ausmaß der Entwicklungen am Kapitalmarkt: 30,8 Prozent betrug der reale Verlust. Auch länderübergreifende Indizes – etwa der MSCI World, Aktienindex der Industrieländer oder der Euro-Stoxx – schnitten ähnlich schwach ab.

Sparbuch: Zinserhöhungen machen Sparbuch attraktiver

Nach Jahren der Nullzinspolitik zwang die aktuelle Teuerungskrise die Europäische Zentralbank (EZB), den Leitzins seit Juli von null auf 2,50 Prozent anzuheben. Freunde des Sparbuchs dürfte das freuen – bestimmt der Leitzins doch indirekt auch die Sparzinsen. Einer Analyse der Arbeiterkammer zufolge schlug sich die Erhöhung auf die erhaltenen Zinsen am klassischen Sparbuch bis Ende vergangenen Jahres aber noch nicht durch. 2022 waren Anlegende aber dennoch mit dem Geld am Sparbuch am besten beraten, zeigt die Analyse des Momentum-Instituts. Der Grund: Im Gegensatz zu Aktien und anderen Wertpapieren büßte man mit Sparbüchern zumindest nicht mehr als die Kaufkraftverluste durch die Inflation ein.

Generell scheint durch die Beendigung der sechsjährigen Nullzinsphase das Pendel wieder in Richtung Sparbuch und anderer Zinsprodukte auszuschlagen. "Den klassischen Sparprodukten wird heute der Vorzug gegeben. Das wird sich in den nächsten Jahren noch weiter verstärken", sagt Enver Sirucic, Finanzvorstand der Bawag. Wie sehr, wird auch von der Zinsentwicklung abhängen, bei der die EZB die Richtung vorgibt und die Bankinstitute früher oder später nachziehen. Für die nächste Zinssitzung am 2. Februar dürfte die Notenbank den Leitzins voraussichtlich wieder um einen halben Prozentpunkt auf das neue Niveau von drei Prozent anheben.

Edelmetalle: Gold gilt traditionell als Inflationsschutz

Gold, Silber und Platin gelten bei vielen Börsenprofis als wirksamer Schutz gegen die Inflation. Glaubt man einer Studie der Bank von Spanien, ist das allerdings nicht ganz so eindeutig. Untersuchungen würden darauf hindeuten, dass das unverzinste Gold eigentlich kein geeigneter Inflationsschutz sei. Zu beachten ist dem Studienautor zufolge jedoch, dass dies für typische Anlagehorizonte gelte. Sehr langfristig betrachtet könne Gold sehr wohl als inflationsschützende Anlageform nützlich sein. Auch in einer Studie des britischen Investmentunternehmens Man Group in Kooperation mit der US-amerikanischen Duke University wird das beliebte Edelmetall kritisch betrachtet. Die Schlussfolgerung, Gold sei ein geeigneter Schutz vor Wertverlusten, basiere auf einer einzigen Beobachtung im Jahr 1979. Vor allem kurzfristig sei der Goldkurs zu volatil, um eine verlässliche Anlageform in Krisenzeiten zu sein.

Zu einem anderen Schluss kommt die Analyse des gewerkschaftsnahen Momentum-Instituts: Während Anlegerinnen und Anleger mit Aktien und Anleihen im krisengebeutelten 2022 bis zu 30 Prozent im Minus lagen, hätte Gold vergleichsweise gut abgeschnitten. Zwar konnte selbst mit Gold kein realer Gewinn realisiert werden, mit einem nominellen Plus von knapp fünf Prozent federte die positive Kursentwicklung die Inflation aber zumindest teilweise ab.

Zinsprodukte: Aufwind für Bausparen und Lebensversicherungen

Nach einer jahrelangen Flaute scheinen sich Bausparverträge dank des Comebacks der Zinsen wieder im Aufwind zu befinden. Schon im Schlussquartal des Vorjahres habe es einen deutlichen Aufwärtstrend gegeben, sagt Christian Reingruber, Chef der S-Bausparkasse und derzeit Vorsitzender des österreichischen Bausparkassenverbands. Zu der eher bescheidenen staatlichen Prämie können Bausparende nach der sechsjährigen Ansparphase auch von den vergleichsweise attraktiven Finanzierungen über Bauspardarlehen profitieren. Diese werden sowohl zu fixer als auch zu variabler Verzinsung angeboten.

Ähnlich sieht es bei Lebensversicherungen aus, bei denen die klassische Variante unter der Nullzinsphase zu leiden hatte und die Kundschaft vor allem auf Fondsgebundene setze. "Die Zinswende ist ein Schritt in Richtung geldpolitischer Normalität", sagt Manfred Bartalszky, Vorstand der Wiener Städtischen Versicherung. Dadurch werde der Vermögensaufbau gerade für jüngere Menschen wieder interessanter. "Die steigenden Zinsen machen die Lebensversicherung attraktiver und ermöglichen es uns, die Gesamtverzinsung für unsere Kunden zu erhöhen", ergänzt er. Im Jahr 2021 habe die Gesamtverzinsung in der klassischen Lebensversicherung bei der Städtischen 1,75 Prozent betragen und sei im Vorjahr auf zwei Prozent erhöht worden. (Nicolas Dworak, Alexander Hahn, 29.1.2023)