Der Tatort in Jerusalem.

Foto: APA/AFP/AHMAD GHARABLI

Bei einem Terroranschlag auf Besucher einer Synagoge in einer israelischen Siedlung in Ost-Jerusalem sind nach neuesten Angaben der Polizei sieben Menschen erschossen worden. Mehrere weitere seien verletzt, teilte die Polizei am Freitagabend auf Twitter mit. Eine Polizeisprecherin hatte die Zahl der Getöteten zuvor mit acht angegeben. Der Angreifer wurde demnach "neutralisiert". Unklar war zunächst, ob er getötet wurde.

Medienberichten zufolge eröffnete der Angreifer das Feuer gegen 20.30 Uhr (Ortszeit) auf Besucher einer Synagoge. Nach Angaben des israelischen Rettungsdienstes Magen David Adom wurden mehrere Verletzte in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht. Mehrere Menschen seien in kritischem Zustand. Der Angriff ereignete sich im von jüdischen Siedlern bewohnten Viertel Neve Yaakov im seit 1967 israelisch besetzten Osten Jerusalems während des Shabbat-Gebets

Der israelische Polizeipräsident Kobi Shabtai traf kurz nach der Schießerei am Ort des Geschehens ein. Er sprach von einem "schweren und komplexen Anschlag". Der Minister für nationale Sicherheit Itamar Ben-Gvir traf laut "The Jerusalem Post" ebenfalls am Tatort ein. Premierminister Benjamin Netanjahu wird im Laufe des Abends eine Lagebeurteilung vornehmen.

Ein Sprecher der im Gazastreifen herrschenden Hamas teilte mit, bei dem Anschlag handele es sich um eine Vergeltung für den Überfall der israelischen Armee auf das Flüchtlingslager Jenin am Donnerstag. Bei Zusammenstößen mit israelischen Soldaten wurden neun Palästinenser getötet und 20 weitere verletzt. In der Nacht auf Freitag feuerten daraufhin verbündete militante Gruppen aus dem Gazastreifen mindestens sieben Raketen auf Israel ab. Israelische Kampfflugzeuge zerstörten danach in der Küstenenklave unter anderem eine unterirdische Raketen-Produktionsstätte.

USA verurteilen Anschlag

Die Vereinigten Staaten verurteilten den "mutmaßlichen Terroranschlag aufs Schärfste". Der stellvertretende Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel, sagte, dass er keine Änderungen am Besuch von Außenminister Antony Blinken in Israel nächste Woche erwarte. "Dies ist absolut entsetzlich. Unsere Gedanken, Gebete und unser Beileid gelten jenen, die bei diesem abscheulichen Akt der Gewalt getötet wurden", so Patel. Das Engagement für die Sicherheit Israels bleibe unumstößlich, fügte er hinzu.

Auch das österreichische Außenministerium verurteilte den Anschlag "aufs Schärfste". "Es gibt keine Entschuldigung dafür, Gotteshäuser anzugreifen", schrieb das Außenamt auf Twitter. Die Sicherheitslage in Israel und den palästinensischen Gebieten hatte sich in den vergangenen Tagen deutlich zugespitzt. Im Westjordanland und Ost-Jerusalem leben heute mehr als 600.000 israelische Siedler. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen unabhängigen Staat Palästina mit dem arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als Hauptstadt.

Die Gewaltspirale schürt Befürchtungen vor einer weiteren Eskalation der ohnehin schon angespannten Sicherheitslage. "Wir bewegen uns auf einem ganz schmalen Grat", sagte Michael Kobi vom israelischen Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) der Deutschen Presse-Agentur. Die Dynamik könne nicht mehr vollständig kontrolliert werden und jederzeit kippen. Bedenklich sei vor allem, dass sich immer mehr junge Palästinenser dem Aufstand anschließen und bereit seien, zu kämpfen – und zu sterben. "Sie sind frustriert und bereit, alles zu tun, um ihre aktuelle Situation zu verändern." Seit fast einem Jahr kommt es im Westjordanland beinahe täglich zu tödlichen Konfrontationen zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern. (APA, red, 27.1.2023)