Im Rennen befinden sich der frühere Nato-General Petr Pavel und der populistische Ex-Ministerpräsidenten Andrej Babiš.

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Prag – In der Stichwahl der Präsidentschaftswahl in Tschechien zeichnet sich ein klarer Sieg für den ehemaligen Generalstabschef Petr Pavel und ein Debakel für den Ex-Premier und Milliardär Andrej Babiš ab. Nach Auszählung von 15 Prozent der Wahllokale lag Pavel mit 53,5 Prozent vorne, während Babiš mit 46,5 Prozent zurückblieb. Die Wahlbeteiligung könnte bei 70 Prozent liegen.

Angesichts der erwarteten Projektionen der Stimmenauszählung kann man außerdem damit rechnen, dass die Zahl der Stimmen für Pavel schneller zunehmen wird als jene für Babiš. Als erstes ausgezählt werden nämlich immer die kleineren Wahllokale in den Regionen, wo Babiš und seine Bewegung ANO bessere Zustimmungswerte hat. Erst später kommen die Wahllokale in größeren Städten und vor allem in der Hauptstadt Prag an die Reihe, wo man traditional eher gegen Babiš votiert.

Mit einem aussagekräftigen Ergebnis wird im Laufe des Nachmittags gerechnet. Hochrechnungen oder Prognosen werden keine veröffentlicht.

Hohe Wahlbeteiligung

In der ersten Runde vor zwei Wochen machte die Wahlbeteiligung 68,2 Prozent aus. Der pensionierte Armeegeneral Pavel setzte sich dabei mit 35,40 Prozent knapp vor Babiš, dem Vorsitzenden der oppositionellen Bewegung ANO, mit 34,99 Prozent durch. Die jüngsten Umfragen deuten auf einen klaren Sieg Pavels hin. So geht beispielsweise die Befragung des Meinungsforschungsinstituts Ipsos davon aus, dass Pavel 58,8 Prozent der Stimmen erhalten könnte, Babiš 41,2 Prozent. Auch die Umfrage der Agentur STEM prognostiziert einen großen Vorsprung Pavels – 57,6 Prozent gegenüber 42,4 Prozent für Babiš. Laut Analysten, Medienkommentaren und Wettbüros ist nicht die Frage, ob Pavel gewinnt, sondern mit welcher Differenz.

Pavel will "keine Schande machen"

Beide Rivalen gaben bereits am Freitag die Stimmen ab. Petr Pavel erklärte auf einer Pressekonferenz vor dem Wahllokal im nordböhmischen Cernoucek (Tschernoutschek), es gebe einen "abgrundtiefen Unterschied" zwischen ihm und Babiš. "Wir wissen alle, was Andrej Babiš repräsentiert. Ich suche immer eine Lösung und gehe niemandem an die Kehle", so Pavel, der sich auch über "viele Lügen" im Wahlkampf beschwerte. In offensichtlicher Anspielung auf den amtierenden Staatschef Miloš Zeman sagte Pavel weiter, er (Pavel) wolle das Präsidentenamt "würdevoll" ausüben. "Ich werde keine Schande machen", fügte Pavel hinzu.

Babiš sagte vor dem Wahllokal im mittelböhmischen Pruhonice (Pruhonitz), sollte er gewinnen, wäre er ein "guter Präsident". Er wolle den Menschen helfen. Allerdings seien die jetzigen Wahlen ein "Referendum über Babiš". Seinem Rivalen warf Babiš vor, er verstehe zwar die Armee, nicht aber die Wirtschaft.

Zeman für Babiš

Zeman, der nach zwei fünfjährigen Amtsperioden nicht mehr kandidiert, gab die Stimme im mittelböhmischen Lány ab. Gegenüber den Medien deutete er an, wie schon in der ersten Runde Babiš gewählt zu haben, und forderte dazu auch die Wähler auf. Zemans Amtszeit geht am 8. März zu Ende.

Das Staatsoberhaupt hat überwiegend repräsentative Aufgaben, gilt aber in Tschechien als wichtiger Meinungsbildner. Zudem ernennt es die Verfassungsrichter, kann Gesetze einmalig an das Parlament zurückverweisen und ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte. (APA, 28.1.2023)