Die Person der Landeshauptfrau hat nicht so gezogen wie von der ÖVP erhofft

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St. Pölten / Wien – Das Image der ÖVP als eine Partei der Korruption hat deutlichen Niederschlag in der Wahltagsbefragung gefunden, die der Wahlforscher Peter Hajek für ATV und Puls 24 gemacht hat. Für 19 Prozent der freiheitlichen Wählerschaft und für jeweils 22 Prozent jener der SPÖ und der Neos spielte dieses Wahlmotiv am Sonntag entscheidend mit – und auch von den Nichtwählern zeigte sich jeder Fünfte verärgert über Skandale und gab dies als Grund an, der Wahl fernzubleiben.

Hajek sagt daher über die Ausgangslage der Volkspartei: "Aufgrund der personellen Verbindungen zwischen der Bundes- und der Landespartei war eine Distanzierung von der Lichtenfelsgasse und der türkisen Vergangenheit nicht möglich."

Deren verbliebene Wähler haben in hohem Maße aus Treue und Gewohnheit die Landeshauptfrau-Partei gewählt: 32 Prozent bekundeten Zufriedenheit mit der bisherigen Arbeit, 26 Prozent sehen die ÖVP als immerhin besser als die Mitbewerber, und 18 Prozent sind erklärte Stammwähler – ein heutzutage selten gewordenes Statement, das übrigens auch für einen etwa gleich hohen Anteil der SPÖ-Wählerschaft gilt.

Kaum Persönlichkeitswahl

Die Person der Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hat demnach nur eine untergeordnete Rolle gespielt: Gerade 14 Prozent der ÖVP-Wählerschaft nannten die Spitzenkandidatin als Wahlmotiv – genauso viele glaubten, bei der ÖVP die richtigen Themen zu erkennen. Die Partei, die seit Jahrzehnten versucht, ihre Interessen mit jenen des Landes und den Spitzenrepräsentanten mit dem Land selbst gleichzusetzen, hat diesmal wenig Inhalte und viel Persönlichkeitswahlkampf geboten.

Zu Beginn des Wahlkampfs hatte sich allerdings gezeigt, dass in der ÖVP-Taktik, alles auf die Person der Landeshauptfrau zu setzen, auch ein Risiko steckt. Zwar hatte die Fokussierung auf den Spitzenplatz in den Wahlkämpfen von Andreas Maurer über Siegfried Ludwig und Erwin Pröll bis zum ersten Antreten von Mikl-Leitner stets gut funktioniert. Doch diesmal waren die persönlichen Werte von Mikl-Leitner in der Landeshauptmann-Direktwahlfrage des Linzer Market-Instituts schon im September 2022 auffallend niedrig, nämlich bei 34 Prozent. Bis zehn Tage vor der Wahl war der Wert in der vom STANDARD beauftragten Umfrage auf 28 Prozent gesunken.

Das war sehr deutlich (nämlich zehn Prozentpunkte) vor dem nächstliegenden Mitbewerber Udo Landbauer von der FPÖ. Aber es war eben auch zehn Prozentpunkte unter dem Wert, den die Amtsinhaberin kurz nach Übernahme ihrer Funktion und kurz vor der Wahl 2018 erzielt hatte. Und noch weiter unter den Werten von Pröll vor dessen erfolgreichen Wahlgängen vor zehn und mehr Jahren. Apropos Pröll: Der Alt-Landeshauptmann wird vor allem von der ÖVP-Wählerschaft vermisst – laut Hajek von 40 Prozent in dieser Gruppe.

FPÖ mit Themen erfolgreich

Mit einem themenfokussierten Wahlkampf konnte dagegen die FPÖ bei ihrer Wählerschaft punkten. Laut Hajek nannten 36 Prozent der FPÖ-Anhänger in der Wahltagsbefragung das Asylthema, 22 Prozent die Teuerung und deren Bekämpfung, und weitere 26 Prozent gaben andere inhaltliche Gründe für die Wahl der FPÖ an. Die Person des Spitzenmanns Udo Landbauer kommt nicht unter die Top-fünf-Wahlmotive der Freiheitlichen – aber auch die Spitzenkandidaten der SPÖ, der Grünen und der Neos dürften wenig dazu beigetragen haben, Stimmen für die jeweilige Partei zu sammeln.

Die wichtigsten Wahlmotive der SPÖ-Wähler waren Soziales (für Hajek quasi rotes "Pflichtprogramm", von 29 Prozent der sozialdemokratischen Wählerschaft genannt), das Thema Teuerung kommt nur allgemein unter den roten Inhalten vor.

Grünwählerinnen und -wähler waren am stärksten thematisch geprägt, für 60 Prozent von ihnen waren Klimawandel und Energiewende ausschlaggebend für die Wahlentscheidung. Bei der Neos-Wählerschaft dominierten ebenfalls Themen und Werte (32 Prozent) – immer noch 18 Prozent der Neos-Wähler begründen ihre Parteipräferenz damit, dass die Partei eben neu, frisch und modern wirke.

Die Koalitionspräferenzen

Und was soll nun im Land passieren? Hajek hat erhoben, dass 24 Prozent unbedingt und weitere 23 Prozent eher schon Mikl-Leitner als Landeshauptfrau haben wollen. Als bevorzugte Koalitionsform nennen 39 Prozent ÖVP/SPÖ – dies findet auch große Zustimmung in den jeweiligen Parteiwählerschaften. 17 Prozent wünschen die – im Wahlkampf von der ÖVP als Teufel an die Wand gemalte – rot-blaue Koalition. Jeder zweite FPÖ-Wähler wünscht sich eine solche, aber nur 22 Prozent der SPÖ-Wähler. Eine ÖVP-FPÖ-Koalition käme auf 15 Prozent – gewünscht wird sie von 31 Prozent der blauen und 19 Prozent der schwarzen Wählerschaft. (Conrad Seidl, 29.1.2023)