Das traditionell schwarz geprägte Niederösterreich hat diesen Status spätestens am gestrigen Wahlsonntag verloren, wie die Zahlen zeigen. Die absolute Mehrheit der ÖVP ist Geschichte, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner nannte den Umstand, dass ihre Volkspartei unter der 40-Prozent-Marke blieb, "schmerzlich". Die ÖVP verzeichnete damit ihr in Niederösterreich schlechtestes Wahlergebnis der Zweiten Republik. Auch die SPÖ hatte angesichts des Wahlausgangs wenig Grund zum Feiern. Als Wahlsieger, zu dem die Wählerinnen und Wähler Analysen zufolge vielfach überliefen, steht die FPÖ da.

Naturgemäß wenig zufrieden mit dem Wahlausgang in Niederösterreich: Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.
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Einbußen für die ÖVP: Mögliche Gründe

Wie es zu den massiven Einbußen der ÖVP in Niederösterreich kommen konnte, darüber wurde und wird viel spekuliert. Mikl-Leitner sieht die Schuld für das schlechte Abschneiden unter anderem beim politischen Gegner. Bei der Suche nach Gründen nannte sie eine "Protestwelle, die über Niederösterreich hinweggerollt" sei, eine Mischung aus "weltweiten Krisen und der Unzufriedenheit mit der Bundespolitik". Die teils kritisierte Parteilinie in der Asylthematik sah sie hingegen als bestätigt an: Kanzler Karl Nehammer und Innenminister Gerhard Karner hätten mit dem Hochziehen des Asylthemas keinen Fehler gemacht.

Ähnlich wie die Landeshauptfrau sucht auch SPÖ-Landeschef Franz Schnabl die Fehler für das Ergebnis seiner Partei nicht in den eigenen Reihen, sondern sieht die Themensetzung im Wahlkampf als Grund dafür.

Politikberater Thomas Hofer analysierte indessen die Wählerströme: Ihm zufolge konnten die Freiheitlichen "fast alles abstauben, was die ÖVP verloren hat", und andererseits auch Stimmen der SPÖ gewinnen. Letztere habe nicht einmal mit ihren Kernthemen überzeugen können, wie Meinungsforscher Peter Hajek ausführte. Weitere Analysen belegen: Themen statt Personen waren bei der Niederösterreich-Wahl entscheidend.

Eine weitere Frage, die sich nach diesem Wahlergebnis stellt, ist auch jene der künftigen Zusammenarbeit. In Niederösterreich gilt bekanntlich ein Proporzsystem, sodass keine Koalitionen vereinbart, sondern Arbeitsübereinkommen zwischen den Parteien geschlossen werden. Rot-Blau ist angesichts des Wahlergebnisses als Option bereits vom Tisch. Die ÖVP steht nun vor der Entscheidung, mit der SPÖ oder der FPÖ zusammenzuarbeiten – dahingehende Gespräche wurden von Mikl-Leitner angekündigt.

Ihre Meinung: Was steckt hinter den ÖVP-Einbußen?

Was sehen Sie persönlich als Gründe für den Wahlausgang an? Welche Partei haben Sie gewählt, und was stand hinter Ihrer Entscheidung? Haben Sie vor dieser Landtagswahl Ihr Kreuzerl bei der ÖVP gemacht – und warum haben Sie diesmal SPÖ oder FPÖ gewählt? Oder fanden Sie eine der anderen Parteien überzeugender als Mikl-Leitners Volkspartei – und warum? (Daniela Herger, 30.1.2023)