In Ruhe aufs Klo gehen? Ja genau.

Foto: istockphoto.com/Valeria Blanc

Das Mädchen muss aufs Klo. Na dann, gehen wir. Der Bub muss mit. Sowieso, er könnte ja etwas verpassen!

Das Mädchen kriegt einen Anfall, weil die Unterhose auf der falschen Seite vom Klo liegt. Und überhaupt ist es die falsche Unterhose. Sie wollte doch die mit den Einhörnern drauf und nicht die mit dem Regenbogen.

Der Bub kriegt einen Anfall, weil ich ihm nicht erlaube, den Klobesen abzulecken.

Ruhe und Empathie

Zen-mäßig beruhige ich das Mädchen. Ich spiegle ihre Traurigkeit und tröste nebenher den Buben. Mit ganz ruhiger Stimme sage ich ihm, dass es seinem Bäuchlein nicht guttäte, das Klobesen-Teil in den Mund zu nehmen. Ich erkläre ihm, dass der Drang danach in der oralen Phase, in der er sich gerade befindet, es schwierig für ihn macht, auf diese bestimmt unvergessliche Erfahrung zu verzichten.

Dann aber Schluss mit bedürfnisorientiert: Den Klobesen räume ich auf die andere Seite des Klos, sodass er ihn nicht mehr erwischt. Ganz offensichtlich habe ich es verabsäumt, am Häusl eine "Ja-Umgebung" für meine Kinder zu schaffen. Und nachdem sich alle wieder beruhigt haben, stolpere ich über den depperten Klobesen und stehe direkt in der grauslichen Suppe, die das Behältnis so angesammelt hat.

Kann es noch schlimmer werden? Ja, kann es. Mir fällt ein, dass heute das Wasser abgedreht ist und ich nicht einmal Feuchttücher zu Hause habe. Schließlich achte ich darauf, meinen CO2-Fußabdruck so gering wie möglich zu halten.

Und dann, ja dann habe ich einen Anfall!

Hallo Wut!

Meine zwei wundervollen Kinder, eine liebevolle Ja-Umgebung und mein geringer Fußabdruck sind mir plötzlich scheißegal, und ich möchte einfach nur schimpfen und meiner Wut freien Lauf lassen.

Noch während ich schreie, denke ich mir, dass ich dann gleich "Anna und die Wut" von der Nöstlinger mit ihnen lesen sollte, und am Ende rede ich natürlich auch mit meinen Kindern über meinen Ausraster und bespreche, was gut und eher weniger gut gelaufen ist. Darüber, dass alle Gefühle valide sind, auch Wut. Natürlich nicht vergessen: was wir das nächste Mal besser machen können.

Denn das ist moderne Elternschaft. Elternschaft, die kindgerecht und bedürfnisorientiert und authentisch ist. Elternschaft, die uns gemeinsam wachsen lässt, und Elternschaft, die mich, da bin ich mir sicher, früher oder später um meinen Verstand bringen wird. (Anja Buchta, 2.2.2023)