Nikola Staritz: "Ein solcher Fehltritt muss wehtun. Man muss sich ernsthaft überlegen, ob man sich so ein Verhalten leisten will."

Foto: Fairplay

Didi Kühbauer sorgte in Belek für Aufregung.

Foto: APA/EXPA/JOHANN GRODER

Didi Kühbauer roh und ungeschnitten: "Was is’ mit den Belämmerten? Sind die noch dicht? It’s a friendly game. Hey, we play a friendly game, du Shithead, du. Okay? Shithead. Shut the f*** up. Räudiges Volk. Drecksvolk."

So sprach der Trainer von Bundesligist LASK während eines Testspiels gegen den polnischen Erstligisten Wisla Krakau (3:1). Das Match in Belek wurde über Facebook übertragen, die Sager waren nicht zu überhören. Kühbauer entschuldigte sich später über die Webseite des Vereins. "Es war ein sehr hart geführtes Spiel, die Emotionen gingen hoch. Dabei sind auch Begriffe gefallen, die deplatziert und verletzend waren", wird der 51-Jährige zitiert.

Ist die Sache damit vom Tisch? Alles vergeben und vergessen? Nein, meint Nikola Staritz von der Initiative Fairplay im Gespräch mit dem STANDARD.

***

STANDARD: Wie schätzen Sie den Kühbauer-Sager vom "Drecksvolk" ein?

Staritz: So auszubrechen, das geht gar nicht. Die Entschuldigung ist wohl auch unter Druck erfolgt. So offensichtlicher Rassismus schickt sich bei Profivereinen schon lange nicht mehr. Ein großer Klub wie der LASK braucht ein sauberes Image. Schon allein deshalb kann er so einen Ausbruch nicht durchgehen lassen. Mal abgesehen davon, dass Diskriminierung nie einen Platz haben sollte.

STANDARD: Reicht eine Entschuldigung in so einem Fall aus?

Staritz: Mit einer Entschuldigung ist es bei weitem nicht getan. Es gibt Möglichkeiten der Sanktionierung. Eine Geldstrafe, eine Sperre. Ein solcher Fehltritt muss wehtun. Man muss sich ernsthaft überlegen, ob man sich so ein Verhalten leisten will.

STANDARD: Kann ein 51-Jähriger noch dazulernen?

Staritz: Das wäre zu hoffen. Allerdings kann sich der Verein nicht darauf verlassen, dass der nächste Emotionsausbruch nicht wieder von diskriminierenden, grenzüberschreitenden Sprüchen begleitet wird. Dahinter steckt die große Frage: Will man mit Trainern, die so denken und ihre Emotionen gar nicht unter Kontrolle haben, zusammenarbeiten?

STANDARD: Oft heißt es, der Fußball sei eben kein Ponyhof.

Staritz: Ich will auch keinen Ponyhof. Emotionen sind großartig, egal ob in der Kurve oder an der Seitenoutlinie. Es gibt ohnehin zu wenige Orte in der Gesellschaft, an denen man sich ausleben kann. Wir wollen Emotionen sehen. Aber Emotion ohne Diskriminierung ist möglich. Das sind zwei Paar Schuhe.

STANDARD: Kommt dem Trainer auch eine besondere Vorbildfunktion zu?

Staritz: Ein Trainer hat Verantwortung für sein Team. Er muss sich in jeder Situation im Griff haben, das Team unterstützen. Wir sprechen hier von erwachsenen, erfahrenen Menschen. Man will als Trainer oder Trainerin ja auch nicht, dass die Spieler am Feld derartig austicken. Sonst gibt es die rote Karte.

STANDARD: Im Forum meinen manche User, Kühbauers Wortwahl sei nicht rassistisch, sondern xenophob gewesen. Welche Bezeichnung ist korrekt?

Staritz: Es geht wohl weniger um die Polen an sich als um die Bevölkerung aus dem Osten. Auf der einen Seite der überlegene Westen und auf der anderen Seite der unterklassige Osten. In diesem Sinne ist der Begriff Rassismus passend. Man könnte auch von Nationalchauvinismus sprechen.

STANDARD: Angenommen, ein Top-Trainer in der Deutschen Bundesliga würde derartig entgleisen, was wäre die Konsequenz?

Staritz: Das würde sich im deutschen Profifußball nicht ausgehen. Dort ist auch nicht alles rosig, aber solche Offensichtlichkeiten leistet sich dort niemand mehr. Das ist auf diesem Niveau aus PR-Gründen nicht mehr denkbar. Ein Verein muss für seinen Trainer geradestehen. Und das wird bei solchen Ausbrüchen schwierig.

***

Und wie reagiert der LASK? Auf STANDARD-Anfrage lässt er wissen: "Die Aussagen entsprechen nicht unseren Werten. Daher haben wir sie intern in aller Deutlichkeit und entsprechenden Härte besprochen und sanktioniert. Mit der vorangegangenen Entschuldigung und Einsicht unseres Cheftrainers ist die Angelegenheit für uns erledigt."

Ende Jänner 2021, Kühbauer war damals Trainer von Rapid, wurde er vom STANDARD Folgendes gefragt: "Sie werden im April 50. Sind Sie ruhiger geworden, kein Häferl mehr?" Die Antwort lautete: "Ich bin weit weg von dem Menschen, der ich vor zehn Jahren war. Und das ist gut so. Emotionen sollen immer da sein, ich bezahlte Lehrgeld, jetzt mache ich vieles richtig. Ich will als gestandener Trainer und nicht als Häferl gesehen werden. Anhand der wenigen gelben Karten, die ich bekomme, sieht man, dass ich geläutert bin. Kleine Rückfälle kann man nie ausschließen. Es wird aber mehr über die Mannschaft als über mich geschrieben, das freut mich."

Zwei Jahre später kam es in Belek zum großen Rückfall. Über die Mannschaft des LASK wird relativ wenig geschrieben. Natürlich kann sich das wieder ändern. Es liegt vor allem an Kühbauer. (Philip Bauer, Christian Hackl, 30.1.2023)