Connie Britton spielt in "Dear Edward" eine reiche Witwe, die sich speziellen Herausforderungen stellen muss.

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Lang ist es her, dass Connie Britton Nikki Faber, die junge Bürokollegin auf Männersuche in Chaos City mit Michael J. Fox, spielte. Inzwischen ist sie längst schon ein, zwei neuen Generationen von Serien-Junkies bekannt – vor allem aus dem Country-Music-Epos Nashville. In Dear Edward führt ein Flugzeugabsturz mit nur einem Überlebenden die trauernden Hinterbliebenen in New York und Los Angeles zusammen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie alle plötzlich vor riesigen persönlichen Veränderungen stehen. Britton spielt Dee Dee, deren Sinn für die schöne Fassade nach dem plötzlichen Tod des Gatten inklusive Wohlstandsverlust ordentlich leidet. Dear Edward startet am 3. Februar bei Apple TV+.

STANDARD: Was für eine hinreißende, explosive Rolle – haben Sie das sehr genossen?

Britton: Ja, ich habe wirklich viel Spaß gehabt, ich liebe Dee Dee sehr. Mir war das auch im Kontext dieser Serie so wichtig, wo es so viele Figuren gibt, die mit einer großen Trauer umgehen müssen: Es gibt diese lustige Seite an ihr, auch wenn sie diesen unglaublichen Verlust im eigenen Leben durchmacht. Ein Sinn für Humor ist so wichtig, um durch Trauerphasen durchzukommen, zumindest meiner persönlichen Lebenserfahrung nach.

STANDARD: Es ist nach "Friday Night Lights" die zweite Serie, in der Sie mit Showrunner Jason Katims zusammenarbeiten …

Britton: Es war das richtige Timing. Ich bin Alleinerzieherin, mein Sohn ist meine absolute Priorität, doch ich liebe auch meine Arbeit. Im Moment will ich einfach am liebsten mit Leuten zusammenarbeiten, die ich mag. Jason Katims ist so ein Mensch. Wenn er bei mir anruft und sagt, das ist eine Rolle, die ich mit dir gemeinsam erarbeiten und ihr Leben einhauchen will, dann passt das genau zusammen, auf persönlicher wie kreativer Ebene.

STANDARD: Die kollektive Trauer bei einem Flugzeugabsturz ist schon etwas ganz Spezielles.

Britton: Das genau war es, was wir erzählen wollten, diese Verbundenheit. Ich meine, wir trauern derzeit doch weltweit, es gibt so viele Verluste zu verarbeiten. Das beginnt bei der Pandemie, aber es gibt auch noch die Klimakrise, die große Zerstörung auf der ganzen Welt verursacht. Ich hoffe, dass diese Serie dafür ein Ventil schafft, einen Sinn für die Gemeinschaft und eine Möglichkeit, ein Gespräch über diese kollektive Trauer zu führen. Dieses Gefühl von Verlust und Trauer ist fundamental und allen gemeinsam.

Trailer zu "Dear Edward".
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STANDARD: Die Serie zeigt, dass Trauer leichter auszuhalten ist, wenn man Menschen um sich hat. Wen haben Sie da?

Britton: Ich habe eine Art selbstgewählte Familie, die ist absolut unglaublich. Wir sind sehr eng miteinander, und wir haben während der Pandemie eine Art Kapsel um uns gebildet, ein System der gegenseitigen Unterstützung geschaffen. Ich denke, die Pandemie hat viele von uns gelehrt, wie wichtig es ist, solche Verbindungen zu haben, um durch solche Phasen durchzukommen.

STANDARD: Dee Dee explodiert nicht nur, sie ist auch kontrolliert. Wie war es, das darzustellen?

Britton: Ich habe das geliebt. Mir ist es wichtig, die weibliche Perspektive zu erkunden. Wenn man eine Frau ist, wird einem doch ununterbrochen gesagt, man soll sich zusammenreißen. Man muss in den engen Grenzen sehr spezifischer kultureller Normen leben. Dee Dee hat das verinnerlicht, sie glaubt, sie hat dieses wunderbare Leben, weil sie sich all diesen Idealen verschrieben hat. Wenn sie aufhört, ein braves Mädchen zu sein, und nicht mehr die Kontrolle behält, denkt sie, würde sie alles verlieren. Wir sehen, wie sie tatsächlich alles verliert, aber sie hat immer noch diese sehr tief verwurzelte Idee, die, glaube ich, viele Frauen gut nachvollziehen können, dass sie sich benehmen und alles zusammenhalten muss. Natürlich schafft sie das nicht, sie ist auch nur ein Mensch. Das ist eine komplexe Sache, und der wollte ich auf den Grund gehen. Es geht um Kontrolle. Und das war auch sehr lustig zu spielen. (Julia Pühringer, 31.1.2023)