Die verlassenen Schaukeln, Rutschen und Klettergerüste sind weiß angezuckert. Und obwohl die unangetastete Winterlandschaft mitten in Wien Kinder schnell zu wilden Schneeballschlachten einladen würde, beherrscht an diesem Montag Stille den Spielplatz am Alsergrund. Der Liechtensteinpark ist gesperrt, darauf weist ein Zettel am Eingang hin. Denn: Seit Montag ist im Gartenpalais und im dazugehörigen Grünraum Hollywood zu Gast. Eine Woche lang wird hier gedreht. Die Anrainerinnen und Nachbarn wurden bereits vergangene Woche über den hochkarätigen Besuch informiert sowie darüber, dass ihr Alltag eventuell ein wenig beeinflusst werden könnte. Doch zumindest am ersten Drehvormittag blieben Schaulustige aus.

Vor dem Gartenpalais Liechtenstein parken die Laster und schießen die Kräne in die Höhe.

Dabei haben sich für die HBO-Serie The Palace richtige Stars in der Bundeshauptstadt angekündigt: So stehen für die internationale Großproduktion sogar Kate Winslet und Hugh Grant vor der Kamera. In weiteren Hauptrollen spielen Matthias Schoenaerts und Andrea Riseborough. Neben den großen Stars sind zudem dieser Tage allerhand Mitarbeitende am Areal des Gartenpalais zugange. Die Filmcrew umfasst rund 200 Personen, die an der Produktion in Wien beteiligt sind. Und etwa 80 davon kommen aus Großbritannien. Sie alle brauchen Hotelzimmer, gehen hier einkaufen oder essen. "Wien profitiert von internationalen Großproduktionen sehr", sagt Marijana Stoisits von der Vienna Film Commission. Denn während der Drehs würden die Crews auf die unterschiedlichsten lokalen Gewerbe zurückgreifen: von der Autovermittlung angefangen bis zu Ausstatterinnen und Co.

Im Inneren des Palais Liechtenstein finden sich beeindruckende Prunkräume.
Foto: Palais Liechtenstein Gmbh / Fotomanufaktur Gruenwald

Das geschäftige Treiben hinter den Kulissen kann man auch hinter den hohen Eisentoren des Gartenpalais erahnen. Zig Lastwägen parken vor dem Prunkbau, Mitarbeitende schleppen Kisten, Leitern und Co geschäftig von A nach B. Vor den Fenstern strecken sich grüne Krane mit Scheinwerfern in die Höhe. Für Neugierige ist die Reise auf den Alsergrund allerdings ein wenig ernüchternd. Das Spektakel kann man lediglich erahnen. Konnte man bei den letzten großen Dreharbeiten in Wien, jenen für die Netflix-Produktion Tyler Rake: Extraction 2 mit Chris Hemsworth auf der Donauplatte, sogar ein wenig durch das Set spazieren, wird man an den Eisentoren des Liechtensteinparks hingegen gestoppt.

Wieso gerade Wien?

Bis 2. Februar ist die Produktion vor Ort, dann wird alles abgebaut und eingepackt. Abgedreht ist die Serie dann noch nicht. Zusätzliche Locations gibt es auch noch in Wien. Wo sich diese befinden, will man allerdings auch bei der Film Commission nicht verraten. Nur so viel: Ein großer Teil der Serie werde in der Bundeshauptstadt gefilmt. Zwar fanden in der Vergangenheit immer wieder internationale Dreharbeiten in Wien statt. Doch so große und langwierige Produktionen waren bisher eher die Ausnahme. Bei der Vienna Film Commission hofft man darauf, dass sich das nun ändert.

Für Netflix wurde 2022 auch der Opernring zur Kulisse: The Recruit streifte durch die Stadt.
Foto: Vienna Film Commission

Der Grund: Mit 1. Jänner ist ein neues Fördersystem in Kraft getreten, bei dem bis zu 35 Prozent der in Österreich investierten Mittel refundiert werden – das Geld zurückholen kann man sich für internationale Filme, Fernseh- und Streamingprojekte ebenso wie für heimische Produktionen oder Koproduktionen. Konkret: Produktionen können einen nichtrückzahlbaren Zuschuss von 30 Prozent für in Österreich realisierte Projekte erhalten. Werden zusätzlich ökologische Kriterien erfüllt, steigt die Förderung noch einmal um fünf Prozent. Einen weiteren Bonus gibt es zudem für Projekte mit einem hohen Frauenanteil – dafür können 25.000 Euro abgeholt werden. "Das Neue an der Förderung ist auch, dass sie nicht gedeckelt ist", sagt Stoisits. Sprich: Der Fördertopf kann nicht leer werden.

Laut Stoisits ist das eine große Chance für den Standort: "Rund um Österreich hat man gesehen, dass solche Förderungen funktionieren. Daher hat sich auch die ganze Branche gemeinsam für das Incentive starkgemacht", sagt sie. Und das österreichische sei ein einfaches System, während andere Länder in Europa komplexere Rückerstattungsvorgaben hätten.

Werbewert nicht zu messen

Aber was bringt das eigentlich? "Den filmtouristischen Werbewert kann man kaum bemessen", betont Stoisits. Denn: "So viel Geld für Werbung, wie es etwa der Netflix-Film Tyler Rake: Extraction 2 bringt, in dem Wien auch Wien ist, kann man gar nicht in die Hand nehmen." Seit dessen Dreh vor einem Jahr gibt es nicht nur die neue Bundesförderung, auch das Vienna Film Incentive des Wien-Tourismus kann man sich holen. Zudem soll Wien künftig zwei Filmstudios beheimaten. "Das ist ein ganzes Bündel an Maßnahmen", sagt Stoisits, und: "Das kann sich sehen lassen."

Wie lange Kate Winslet in Wien die HBO-Serie dreht, ist noch geheim.
Foto: REUTERS/Toby Melville

Wann "The Palace" erscheint, ist noch nicht bekannt. Im Zentrum der Handlung soll ein autoritäres Regime stehen und wie sich dieses innerhalb eines Jahres aufzulösen beginnt. (Oona Kroisleitner, 30.1.2023)