Katharina Liensberger war bei der WM 2021 in Cortina d'Ampezzo zur Doppelweltmeisterin avanciert und holte überdies Bronze im Riesentorlauf. Vor der anstehenden WM hat sie noch allerhand abzuarbeiten, um wieder in Schwung zu kommen.

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Rennsportleiter Herbert Mandl kam nicht in die Verlegenheit, einen Leistungsträger oder eine Leistungsträgerin nicht in den Kader aufnehmen zu können. Bei der WM erwartet er zumindest vier bis fünf Medaillen.

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Für den österreichischen Skiverband war es kaum einmal einfacher, den WM-Kader zu ermitteln. Podestplatzierungen (17 von 165) oder gar Siege (drei von 55, allesamt von Vincent Kriechmayr) sind in der aktuellen Weltcupsaison bisher Mangelware geblieben, während die Schweiz mit 16 Erfolgen, Norwegen mit 13 und die USA mit elf (allesamt von Mikaela Shiffrin) abgeräumt haben. Hätte der ÖSV Podestplatzierungen für eine Nominierung für die WM ab Montag in Courchevel/Méribel vorausgesetzt, hätte ein Drittel des 24 Tickets umfassenden Kontingents genügt, zumal auch nach dem Rücktritt von Matthias Mayer ein Platz vakant wurde.

Spekuliert wurde im ÖSV aber sogar mit drei zusätzlichen Kaderplätzen für die Weltmeister von Cortina d'Ampezzo: Vincent Kriechmayr (Abfahrt und Super-G), Katharina Liensberger (Slalom und Parallel) und Marco Schwarz (Kombination), der zuletzt im Riesentorlauf in Schladming Dritter war.

Auf zusätzliche Tickets, sofern sie überhaupt benötigt worden wären, musste der ÖSV letztlich verzichten, weil die nach einem überarbeiteten Reglement der Fis nur mehr an jene vergebenen werden, die nur in ihrer Gold-Disziplin an den Start gehen. Und das trifft für alle drei nicht zu. Kriechmayr etwa nimmt die Kombination als Training für den Super-G mit. "Wir haben in jeder Disziplin gerade genug", sagt Rennsportleiter Herbert Mandl. "Für die Abfahrt der Männer bringen wir fünf zusammen, haben gute Läufer am Start, aber es hat sich auch sonst keiner durch halbwegs gute Ergebnisse aufgedrängt."

Feilen mit Liensberger

Mandl verfolgte am Dienstag ein Spezialprojekt, bei einem Solotraining in Zürs am Arlberg wurde am Schwung von Liensberger gearbeitet. Die Vorarlbergerin war im Flachau-Slalom Sechste, zuletzt in Spindlermühle/Tschechien aber nur 22. und 26. "Das ist eigentlich ein Wahnsinn, weil es nicht zu ihrem Niveau passt. Da sieht man, was passiert, wenn es vom Kopf her nicht passt. Es fehlt das Vertrauen", sagt der 61-Jährige. Liensberger und ihr zurückgetretener Trainer Livio Magoni seien "nicht hundertprozentig zusammengekommen, sonst hätte er nicht hingeschmissen."

Geschlechterparität erzielt

Sei‘s drum, der ÖSV hat je zwölf Frauen und Männer für die WM nominiert und dabei Geschlechterparität erzielt. Nicht etwa, weil Präsidentin Roswitha Stadlober darauf gepocht hätte. "Das war meine Entscheidung", sagt Mandl, "weil sich nicht mehr aufgedrängt haben." Michael Matt sei "zu weit weg", Roland Leitinger wie auch Stephanie Brunner "nicht wirklich fit" und Nicole Schmidhofer habe "keine durchschlagenden Ergebnisse" erbracht.

Weil die Resultate top waren, wurden Manuel Feller (dreimal am Podest), Cornelia Hütter (ebenso dreimal), Daniel Hemetsberger (zweimal), Nina Ortlieb und Katharina Truppe (je einmal) nominiert.

Viele Wackelkandidaten dabei

Die Koffer packen können aber auch die Speedfahrer Raphael Haaser, Otmar Striedinger und Stefan Babinsky, sowie die Techniker Stefan Brennsteiner, Johannes Strolz, Adrian Pertl, Fabio Gstrein und Dominik Raschner, obwohl hinter so manchem wegen durchwachsener Ergebnisse lange ein Fragezeichen stand.

Bei den Frauen sind neben Mirjam Puchner und Ricarda Haaser auch Tamara Tippler, Stephanie Venier und Allrounderin Ramona Siebenhofer etwas überraschend ebenso allesamt mit dabei wie die Technikerinnen Franziska Gritsch und Katharina Huber, sowie die zuletzt aufstrebende Julia Scheib.

Für Tippler und Siebenhofer gaben letztlich fünfte Plätze in den Super-Gs von St. Anton den Ausschlag. Mandl: "Sie sind klar dabei und könnten auch in der Abfahrt starten, werden aber zunächst in eine Qualifikation gehen. Für Venier sprach der Aufwärtstrend mit den Plätzen zehn und acht in den Abfahrten von Cortina d'Ampezzo.

Insbesondere im technischen Bereich waren Tickets einfach abzustauben, weil in 17 Rennen lediglich Truppe einen Podestplatz holte. Änderungen im Kader sind jedoch nicht ausgeschlossen und bis nach dem Männerslalom am Samstag in Chamonix möglich.

Das Kontingent nicht voll auszuschöpfen, um zu vermeiden, dass ein etwaiges Hinterherfahren im Rampenlicht kein besonders gutes Bild abliefern würde, war für Mandl letztlich kein Thema. "Bei Katharina Huber zum Beispiel hat es lange so ausgesehen, dass sie zu wenig bringt. Aber sie hat aufsteigende Tendenz gezeigt und war zuletzt Elfte. Sie ist jetzt unsere Vierte im Slalom. Und das ist durchaus legitim, wenn man überlegt, dass die Deutschen auch ein WM-Limit von zweimal zwölf haben."

Die vier bis sechs von Stadlober als Ziel ausgerufenen Medaillen hält Mandl für eine "realistische Zielsetzung und auch Erwartungshaltung. Ich sage vier bis fünf, aber das ist eigentlich schon ein Minimalziel, das wir anstreben sollten. Wir haben so viele Entscheidungen und bei den Männern in jeder Disziplin eine Medaillenchance und nicht nur mit Einem sondern mit Mehreren. " (Thomas Hirner, 1.2.2023)