Längsschnitt durch einen Eichenstamm. Das in verholzenden Pflanzenzellen gebildete Lignin kann in vielfacher Hinsicht genutzt werden.

Foto: Berkshire Community College

Lignin ist ein Makromolekül, das Pflanzen in ihren Zellen produzieren und das mit bis zu einem Drittel neben Zellulose und Hemizellulose eine der wichtigsten Holzzellwandsubstanzen ist. Bei der Papierherstellung fällt das Biopolymer als Abfallstoff ab, dabei kann man damit eine Menge schöner Dinge anstellen. So haben beispielsweise Forschende der Uni Graz aus Lignin ganz passable Kunststoffe hergestellt. An der TU Wien wiederum wurde aus Lignin die Grundlage für Sonnencremen und Kosmetika geschaffen.

Transistoren für kleine Geräte

Nun präsentieren Forschende aus Linz und Italien einen Weg, auf dem man zu neuartigen Elektronikbauteilen aus Lignin gelangt. In einer im Fachblatt "Advanced Sustainable Systems" erschienenen Studie zeigen die Wissenschafter, dass sich das Überbleibsel aus der Papierindustrie zur Herstellung von Transistoren "in leichten, flexiblen und transportablen Geräten wie Tablets oder Handys" eignet, hieß es am Dienstag seitens der Universität Linz.

Die Forscher vom Institut für Physikalische Chemie der Uni Linz arbeiten seit rund zehn Jahren an der Idee, "Materialien, die mehr oder weniger direkt aus der Natur gewonnen werden", in die Elektronik zu bringen, erklärte Mihai Irimia-Vladu, einer der Hauptautoren der Studie. Das können Trägermaterialien etwa für Computerchips, schwach oder nicht leitende Materialien (Dielektrika) oder andere benötigte Verbindungen sein.

Dielektrika aus natürlichen Quellen

Lignin gehört zu der Gruppe der vielversprechenden Dielektrika aus natürlichen Quellen. Es fällt zuhauf bei der Aufspaltung von Holz in der Papierindustrie an. Der Stoff, der in pflanzlichen Zellwänden die Strukturen verholzen lässt, macht rund 20 bis 30 Prozent des Holzes aus. Ohne Lignin wäre die Zellulose sehr weich. In der Industrie fallen weltweit jährlich um die 80 Millionen Tonnen Lignin als Abfall an.

Zur Schonung von Umwelt und Ressourcen rückt dieser bisher meist aus Mangel an Alternativen verbrannte Holzbestandteil momentan in der Fokus der Wissenschafter. So sollen Lignin-basierte Materialien künftig Bestandteile aus fossilen Rohstoffen wie etwa Erdöl ersetzen. Dass es ein reichlich vorhandenes Abfallprodukt ist, mache Lignin auch für die Elektronikindustrie besonders interessant, betonte Irimia-Vladu.

Auf dem Weg zur High-Perfomance-Elektronik

Das Team, an dem auch Wissenschafter der Universitäten Parma und Bari (beide Italien) um Alessandra Operamolla beteiligt waren, hat im Rahmen seiner Untersuchungen das Rohmaterial einfach bei einem Chemielieferanten bestellt. Damit fertigte man zwei "Lignin-Versionen" – L1 und L2 – an. Dann analysierten die Forscher die Verbindungen mit modernen Untersuchungsmethoden, wobei sich L1 als vielversprechender präsentierte.

Zwar konnte man im Rahmen des Projekts noch nicht den "perfekten Fabrikationsweg" entwickeln, der den Einsatz des Materials in der High-Performance-Elektronik ebnet, ein erster, wichtiger Schritt sei aber getan. Die Forscher konnten nämlich zeigen, dass ihre Lignin-Formulierungen in Transistoren einsetzbar sind, erklärte Irimia-Vladu: "Im nächsten Schritt werden wir das Material durch sehr einfache chemische Abläufe aufreinigen, um es für echte High-Perfomance-Elektronik verwenden zu können. Das ist unsere Vision."

Lignin als Isolator

In den Transistoren wird Lignin als Isolator fungieren. Dieser Teil des Aufbaus "produziert elektrische Ladungen für den Halbleiter", erklärte der Linzer Forscher. Nun gehe es darum, die Lignin-Komponenten zu verkleinern und Elektronikbauteile zu produzieren, die bei sehr niedrigen elektrischen Spannungen funktionieren. Es gehe also um möglichst energieeffiziente Elektronik aus wiederum möglichst nachhaltigen Rohstoffen – "also ein wirklich 'grüner Ansatz'", sagte Irimia-Vladu. (APA, red, 1.2.2023)