Kinder in der Kleinkindergruppe. Sieht doch ganz lustig aus.

Foto: Ap / Matthias Rietschel

Es ist nicht das fehlende Kinderbetreuungsangebot, ebenso wenig die mangelnde Kompatibilität von Job und Öffnungszeiten von Kindergärten und Krippen. Nein, Mütter von kleinen Kindern wollen das Kind daheim betreuen, statt es für eine bestimmte Stundenanzahl pro Tag in die Krippe zu bringen. Aus freien Stücken.

Das ergab eine Umfrage des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF). Für eine Auswertung des Mikrozensus wurden Menschen befragt, die wegen Kinderbetreuung oder pflegebedürftigen Erwachsenen nicht arbeiten gehen. Das Ergebnis: Je kleiner die Kinder, desto eher geben nicht erwerbstätige Frauen als Motiv an, das Kind "selbst" betreuen zu wollen.

Achtung! Haltet den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze für unter Dreijährige an! Schluss mit den Versuchen, mehr Väter in die Karenz zu bringen. Denn: Mama will selbst für das Kind da sein.

Nicht ganz so frei

Das ist freilich nicht die Aussage der Forscher:innen, denn sie machen auch klar, dass bei den geäußerten Motivlagen traditionelle Familien- und Rollenbilder für Mütter und Väter eine große Rolle spielen. Trotzdem ist "Freiwilligkeit" und "Wahlfreiheit" ein zentrales Argument konservativer Familienpolitiker:innen. Gerade so, als ob Eltern durch finanzielle Anreize für eine faire Verteilung von Karenzzeiten in ein völlig verrücktes Familienmodell gedrängt würden. Alltag ist nämlich genau das Gegenteil: die Vorstellung, dass Kinder bei der Mama um Längen besser aufgehoben seien als bei Papa oder in der "Fremdbetreuung", wie es so unschön heißt. Die so ganz freien Stücke sind es also nicht.

Allein schon Begriffe wie diese zeigen, wie viel Bewertung im Diskurs über Mutterschaft steckt. Wenn Väter ihre Kinder morgens in die Krippe bringen, sind sie engagierte Väter. Wenn Frauen sie hinbringen, Mütter, die ihre Kinder schon so früh "weggeben".

Noch eine interessante Formulierung, die auch im Bericht des ÖIF vorkommt, ist, es "selber machen" zu wollen. Selbst etwas in die Hand nehmen heißt im üblichen Sprachgebrauch so viel wie: es "richtig machen", tun, "wofür man letztlich allein verantwortlich ist". Es ist eine kleine, unauffällige, aber verräterische Formulierung. Sie zeugt von den herrschenden Vorstellungen von elterlichen Kompetenzen. Kompetenzen, von denen auch Mütter lernen müssen, sie nicht nur bei sich zu sehen. Was natürlich nicht einfach ist, denn der Umgang mit Kindern wird bei ihnen deutlich strenger beäugt.

Kein schlechter Kompromiss

Ebenso sollten wir aufhören, Kinderbetreuungseinrichtungen als den schlechten Kompromiss hinzustellen. Vor allem weil es immer weniger Mehrkindfamilien gibt. Hat eine Zweijährige wirklich so viel mehr Spaß und Spielmöglichkeiten daheim mit einem erwachsenen Elternteil als mit vielen gleichaltrigen Kindern? Das ist doch bitte nicht nur für Mamas und Papas fad, sondern sicher auf für viele Kinder.

Dieser Gedanke würde schon gegen die Vorstellung helfen, dass Mama es am besten "selbst" macht und maximal viel Zeit mit ihrem Kind das einzig Wahre ist. Wenn es eine anders macht, ist sie schnell einmal die zu wenig liebende Mama.

Besonders gut zeigte das kürzlich eine Aussage einer zweifachen Mutter in einem TV-Beitrag über den "Problemfall Kinderbetreuung" in Österreich. Eine Aussage, die im Grunde nicht besonders kühn ist, in ihrer Art aber so selten – erst recht in der Öffentlichkeit –, dass sie bestens die 1950er-Jahre-Ansprüche an Mütter aufzeigt. "Ich bin vielleicht nicht so die Mutter, die gern die ganze Zeit bei den Kindern ist – aber eine Mischung aus beiden." Eine Mischung aus Job und Kindern wäre gut, war konkret in dem "Thema"-Beitrag gemeint. "Na, warum wollte sie dann Kinder!?", lautet eine beliebte rhetorische Frage, selbst auf vorsichtigere Aussagen als diese. Eine Frage, die Väter, die selbstverständlich ab Tag drei nach der Geburt ihres Kindes Vollzeit weiterarbeiten und maximal zwei Monate in Karenz gehen, nie gestellt wird. Wäre zum Beispiel nur das anders, fühlten sich Mütter wohl weniger bemüßigt, es "selbst zu machen". Völlig freiwillig natürlich. (Beate Hausbichler, 6.2.2023)