Der Klimawandel wird künftig große Auswirkungen auf die Wasserkreisläufe der Erde haben. Schmelzende Gletscher und Polkappen sorgen für einen Anstieg des Meeresspiegels, Windsysteme verändern sich und tragen Regen in neue Regionen. Und insgesamt werden Extremwetterereignisse inklusive Starkregen zunehmen.

Flüsse werden künftig weniger Wasser führen. In Afrika, Australien und Nordamerika wird der Effekt noch stärker sein als bisher vermutet.
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All das ist bekannt. Doch wie stark diese Effekte sein werden, ist derzeit Gegenstand intensiver Forschungen. Nun hat eine Forschungsgruppe um den Hydrologen Günter Blöschl von der Technischen Universität Wien herausgefunden, dass die globalen Folgen bislang unterschätzt wurden. In Afrika, Australien und Nordamerika werden die Folgen bereits im Jahr 2050 drastischer sein als bislang angenommen. Das berichtet das Team um Blöschl und Yongqiang Zhang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften nun in einer im Fachjournal "Nature Water" erschienenen Studie.

Messdaten aus aller Welt

Dazu stützte man sich nicht wie bisherige Arbeiten hauptsächlich auf Simulationen, sondern zusätzlich auf die Daten von Messdaten aus 9.500 Regionen in aller Welt. Blöschl betont, dass Daten über Niederschlagsmengen nicht genügten. "Die Neuerung ist, dass man nicht einfach aus dem Niederschlag mit einem vorgegebenen Modell ausrechnet, wie viel Abfluss es dann am Ende dieses Jahrhunderts geben wird. Wir befragen die Messungen selbst", sagt Blöschl. Damit seien diese Ergebnisse genauer als etwa die Abschätzungen des Weltklimarats IPCC. Der Forscher und sein Team nutzen dazu außerdem Ergebnisse aus seinem Labor in Petzenkirchen in Niederösterreich, wo er auf einer Fläche von 60 Hektar den Einfluss von Wasser auf den Boden untersucht. Doch auch Daten aus China, Australien, den USA und Saudi-Arabien flossen in die Untersuchung mit ein.

Veränderte Wettersysteme bergen die Gefahr von mehr Bodenerosion und den Verlust landwirtschaftlicher Flächen.
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Die Abweichungen zu den bisherigen Prognosen betragen im Schnitt rund zehn Prozentpunkte. Prognostiziert der IPCC also für eine Region ein Minus von um die zehn Prozent bei den Abflussmengen, so kommt die neue Abschätzung nun, etwas vereinfacht gesagt, auf minus 20 Prozent.

Flüsse mit weniger Wasser

Im Schnitt zeigt die neue Studie, dass mit weniger verfügbarem Wasser in Flüssen zu rechnen ist, als es die bisherigen Klimamodelle vorhersagen. Konkret soll es dadurch zu mehr lokalen Wasserkrisen kommen, berichtet das Team. Doch auch die Stromversorgung ist vielerorts auf Wasser in Flüssen angewiesen.

Für Europa gab es keine Änderung der Prognosen. Hier sind die neuen Ergebnisse im Rahmen der Vorhersagen des Weltklimarats IPCC. Diese sprechen vor allem von Wasserknappheit in Südeuropa. "Der Mittelmeerraum ist generell ein Hotspot", sagte Blöschl.

In früheren Arbeiten hat Blöschl bereits die Zunahme von Hochwassern untersucht. Diese sei real, auch wenn es in der Vergangenheit immer wieder Phasen mit mehr und weniger Extremereignissen gegeben habe. Verantwortlich für den derzeitigen Anstieg sind nicht direkt die Aufheizung der Atmosphäre und die Tatsache, dass warme Luft mehr Wasser transportieren kann. Der Grund liegt in der Veränderung von Wettersystemen.

Starkregenereignisse werden häufiger, auch im trockener werdenden Italien.
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In Österreich wird sich die Niederschlagsmenge in der Jahresgesamtbilanz voraussichtlich weniger stark verändern. Blöschl rechnet allerdings mit Verschiebungen über die Jahreszeiten hinweg. Im Sommer wird mit etwas weniger Regen zu rechnen sein. Erwartet wird außerdem eine weitere Zunahme der Verdunstung vor allem in den flachen Regionen im Osten und Südosten von Österreich durch Temperaturanstiege und mehr Sonneneinstrahlung, was für den Neusiedler See eine schlechte Nachricht sein dürfte.

Die Dramatik der Veränderung zeigt sich in einem Vergleich Blöschls: Allein in den vergangenen 50 Jahren stieg die gemessene Verdunstung in Österreich um 17 Prozent an. Diese jährlich fehlende Menge entspreche dem gesamten Wasser, das weltweit pro Jahr von Menschen getrunken wird, sagt Blöschl. (rkl, APA, 2.2.2023)