Erstmalig haben die Steuereinnahmen die 100-Milliarden-Euro-Marke durchbrochen.

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Wien – Im Finanzministerium (BMF) besteht durchaus Grund zur Freude, denn die Einnahmen sprudeln wie nie zuvor. In Summe flossen im vergangenen Jahr 105,2 Milliarden Euro an Steuergeld in die Staatskasse, wie eine Erhebung des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria auf Basis von Daten des BMF zeigt. Somit wurde der Einnahmenrekord aus dem Jahr 2021, damals waren es 95,7 Milliarden Euro, noch einmal übertroffen.

"Dieses Hoch hat sich abgezeichnet, und Grund dafür sind vor allem der Wirtschaftsaufschwung und die hohe Inflation im zweiten Halbjahr", sagt Agenda-Ökonom Marcell Göttert im Gespräch mit dem STANDARD. Auf das ganze Jahr gerechnet lag die Inflationsrate bei 8,6 Prozent, im Spätherbst teilweise über zehn Prozent. Das befeuert die Staatseinnahmen aus der Umsatzsteuer, die etwa auf Dienstleistungen und Güter anfällt.

Werden Waren teurer, erhöht sich dadurch entsprechend auch die Steuer, die auf den Warenpreis draufgeschlagen wird. Mit 35,4 Milliarden Euro stammt ein Drittel der Einnahmen aus diesem Block. Gegenüber 2019 bedeutet das ein Plus von 17,8 Prozent. Die Agenda Austria setzt die Zahlen in Relation zum Vorkrisenjahr 2019, da es das letzte "normale" Wirtschaftsjahr vor Ausbruch der Pandemie und ohne grobe volkswirtschaftliche Verwerfungen war.

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Einnahmen aus Lohnsteuer

Weniger eindeutig ist die Situation beim zweiten großen Brocken, der Lohnsteuer. Dort gab es ebenfalls einen Zuwachs von mehr als zehn Prozent auf 31,4 Mrd. Euro. "Die neuen Lohnabschlüsse sind wegen der KV-Abschlüsse im Herbst noch nicht sehr lange in Kraft, das höhere Niveau wird sich erst heuer so richtig bemerkbar machen", sagt Göttert. Eine wesentliche Rolle spielten demnach weniger die gestiegenen Löhne, sondern sehr stark der Post-Corona-Boom. Mehr Beschäftigung führt zu mehr Lohnsteuern.

Bei anderen Steuern fielen die Zuwächse noch viel deutlicher aus, wenngleich sie im Verhältnis weniger einbringen. Das zeigt sich vor allem an der Körperschaftssteuer (plus 45,2 Prozent), der veranlagten Einkommenssteuer (plus 19,1 Prozent) und Kapitalertragssteuern (plus 45 Prozent). Der Thinktank geht davon aus, dass der Steuereinnahmenrekord heuer noch einmal gebrochen wird.

Verantwortungsvoller Umgang

Der Staat profitiert von der hohen Inflation, viele Menschen haben mittlerweile aber große Probleme, sich den Alltag noch finanzieren zu können. Zwar will die Bundesregierung mit Entlastungsmaßnahmen gegensteuern, doch wenn Geld mit der Gießkanne verteilt wird, behebt das das Problem nicht – DER STANDARD hat berichtet. Im Gegenteil, die zahlreichen Hilfen könnten sogar das Gegenteil bewirken. Während im Euroraum die Inflation im Jänner etwas zurückging, stieg sie hierzulande auf 11,1 Prozent. Grund seien die Strompreise, trotz Strompreisbremse, da die Maßnahmen zur Eindämmung der Netzkosten erst ab März greifen.

"Einerseits hat der Staat natürlich viel Geld zum Ausgeben, andererseits darf man nicht vergessen, wo das Geld herkommt. Es kommt von der Bevölkerung – und dementsprechend verantwortungsvoll sollte der Staat damit umgehen", sagt Göttert. Man müsse wegkommen von diesen Gießkannenmaßnahmen, sonst würden Unterstützungsmaßnahmen noch teurer als ohnehin schon.

Teuer ist es aber bereits jetzt. Zur Erinnerung: Im Haushaltsentwurf für das Jahr 2023 geht Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) von einem Budgetdefizit von 17 Milliarden Euro aus. Zudem wird Schuldenmachen in den kommenden Jahren immer teurer, da die Leitzinssätze steigen. (Andreas Danzer, 2.2.2023)