Insekten sollen den fleischfressenden Pflanzen dringend benötigte Nährstoffe liefern, die ihnen der Boden nicht geben kann. Doch auch Kot eignet sich als ergiebige Stickstoff- und Kaliumquelle.

Foto: Universität Bayreuth/Antony van der Ent

Fleischfressende Pflanzen wie die berühmte Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula) leben an extrem nährstoffarmen Standorten. Damit sie in Mooren oder an steinigen Plätzen ohne nennenswerten Erdboden gedeihen können und an ihre Mineralstoffe kommen, haben sie eine Vorliebe für tierische Kost entwickelt. Je nach Art und Lebensraum reicht der Menüplan von winzigen Wasserflöhen bis hin zu ausgewachsenen Wirbeltieren.

In tropischen Gebirgen nimmt die Zahl der Insekten mit zunehmender Höhe ab. In Hochlagen stehen unterschiedliche fleischfressende Pflanzenarten daher in harter Konkurrenz zueinander. Einige haben zur Sicherung ihres Nährstoffbedarfs durchaus kreative Lösungen entwickelt, wie ein internationales Team um Gerhard Gebauer von der Universität Bayreuth nun berichtet: Vertreter der Kannenpflanzengattung Nepenthes haben auf der südostasiatischen Insel Borneo einfach ihre Ernährung umgestellt: Mit ihren Fallen, die ursprünglich dem Fangen von Insekten dienten, nehmen sie nun den Kot von Säugetieren auf, was ihnen eine deutlich bessere Nährstoffversorgung ermöglicht.

Verräterische Isotope

Die in den "Annals of Botany" vorgestellten Daten sind das Ergebnis von Analysen im Labor für Isotopen-Biogeochemie der Uni Bayreuth. Aus früheren Studien war bereits bekannt, dass Pflanzen, die sich entweder von erbeuteten Insekten oder von tierischen Exkrementen ernähren, im Vergleich zu "vegetarisch" lebenden Pflanzen deutlich höhere Anteile des Stickstoff-Isotops 15N enthalten. Unklar war allerdings bisher, welche der beiden Ernährungsalternativen vorteilhafter ist.

Die Untersuchung des Stickstoffs in verschiedenen Kannenpflanzen-Arten, die aus Gebirgshochlagen im malaysischen Teil Borneos stammten, lieferte wertvolle Hinweise: Von einer Ausnahme abgesehen, enthielten alle untersuchten Arten in ihrem Gewebe mehr 15N als die in direkter Nachbarschaft lebenden "vegetarischen" Pflanzenarten. Im Gewebe von Kannenpflanzen, die ihre Ernährung auf tierische Exkremente umgestellt hatten, war der 15N-Anteil sogar mehr als doppelt so hoch wie bei den Kannenpflanzen, die am Insektenfang festhielten.

Kannenpflanzen der Gattung Nepenthes auf der Insel Borneo. Einige Spezies haben ihre Ernährung von Insekten auf Exkremente umgestellt.
Fotos: Universität Bayreuth/Alastair Robinson

Umstieg auf Kot lohnt sich

"Ein hoher Anteil des Stickstoff-Isotops 15N im pflanzlichen Gewebe ist ein eindeutiger Indikator für eine verbesserte Versorgung mit Stickstoff und anderen wichtigen Nährstoffen", sagt Gebauer. "Unsere Untersuchungen zeigen deshalb klar, dass sich der Umstieg auf Kot als neue Nahrungsquelle gelohnt hat."

Um ihre Ernährung umzustellen, mussten die Kannenpflanzen allerdings ihre Fangfallen umfunktionieren. Während sie früher dazu dienten, die Beuteinsekten mit Farben und Dürften anzulocken und einzufangen, laden sie heute Kleinsäugetiere mit ihren zuckerabsondernden Nektarien dazu ein, ihre Exkremente darin zu platzieren – aus Fangfallen sind schließlich Kloschüsseln geworden.

Gefährdete Kannenpflanzen

"Diese Veränderung ist ein überraschendes Beispiel dafür, dass Pflanzen in der Lage sind, ihre Ernährung kreativ anzupassen", sagt Gebauer. "Die gewonnenen Erkenntnisse werden dazu beitragen, Pflanzen unter veränderten klimatischen und ökologischen Lebensbedingungen besser zu schützen." Solche Schutzmaßnahmen sind auch dringen erforderlich: 40 Prozent aller Kannenpflanzenarten werden zurzeit als stark gefährdet, gefährdet oder bedroht eingestuft. (tberg, red, 5.2.2023)