Für viele junge Content-Schaffende reichen 15 Sekunden, um ihrer Zuseherschaft den Weg zu schnellem Reichtum zu erklären.

Foto: Tiktok

"Erfolgreich Geld verdienen mit ChatGPT" ist ein geflügelter Satz in den sozialen Netzwerken geworden. Egal ob Instagram, Youtube oder Tiktok, diverse Finanzinfluencer haben erkannt, dass sie auf der KI-Welle gut mitschwimmen können. Zugriffe dank wilder Versprechungen, sehr leicht reich werden zu können, sind kein neuer Trend, erleben mit ChatGPT aber eine neue Hochkonjunktur.

Hashtag Reichtum

Unter den Hashtags #InvestInYourself, #6FigureHustle und ähnlichen Trendbegriffen findet man derzeit in den sozialen Netzwerken den schnellen Reichtum – wenn es nach den Männern und Frauen geht, die sich derzeit mit solchen Versprechungen zumindest schnelle Klicks erhoffen.

Da spielt es gar keine Rolle, dass die Technologie hinter der Chat-KI gar nicht so revolutionär ist – die einfache Zugänglichkeit hat die Anwendung in nur zwei Monaten zu einem Massenphänomen gemacht. Somit ist die Zielgruppe, die sich für künstliche Intelligenz (KI) interessiert, schnell gewachsen. Mit guten Tipps, wie man die KI zu seinem Vorteil nutzen kann, erreicht man deshalb schnell gute Zugriffszahlen.

An Ideen mangelt es den weiblichen und männlichen Ratgebern nicht. Man solle sich auf diversen Freelancer-Marktplätzen anmelden, etwa Fiverr oder Upwork, und dort die eigenen Fähigkeiten bewerben. Egal welcher Auftrag dann in den Briefkasten hereingeflattert kommt, er wird umgehend in ChatGTP eingespeist. Ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend, wird der Auftraggeber nach genaueren Anforderungen gefragt, die dann wieder den Weg in die Chat-KI finden.

Aber auch das Erstellen eines eigenen Youtube-Kanals wird beworben. Einfach die KI nach den besten Urlaubsorten fragen oder auch nach den schönsten Städten der Welt. Die Infos verpackt man dann in ein Tippsvideo. Manche Youtuber erklären sogar in ihren Videos, dass sie den Ablauf ihrer Produktion von ChatGPT vorschreiben lassen. Natürlich gibt es auch die Ersten, die passende Formulierungen in die Chat-KI eingeben, um etwa nach den besten Kryptoinvestitionen zu fragen.

Ähnliche Videos oder auch Texte kann man laut Influencern auch zu Themen wie Fitness zusammenstellen lassen, oder aber man verkauft von der KI generierte Erklärtexte an E-Learning-Plattformen wie Udemy.

OpenAI, die Firma hinter ChatGPT, war Ende 2022 hauptverantwortlich für den KI-Hype.
Foto: Richard Drew/AP

Unkritisch

Auf die Qualität der von der KI geschriebenen Texte wird nur selten eingegangen. Nur manchmal wird darauf hingewiesen, dass die Beschreibung konkret formuliert sein muss, damit die Antworten nicht völlig inhaltslos sind. In den Kommentaren der betreffenden Content-Schaffenden liest man allerdings auch viel Kritik an der angepriesenen Simplifizierung des Prozesses. Oft wird auch die Frage gestellt, warum der Influencer nicht selbst diese Methoden anwendet und damit reich wird, anstatt sie als Idee an andere zu vermarkten. Diese Frage wird natürlich nicht beantwortet – genau wie bei allen derartigen Trends in der Vergangenheit.

Wer sich nämlich die aktuellen Influencerinnen und Influencer genauer ansieht, der wird vielleicht bemerken, dass manche davon in den Monaten vor dem KI-Hype schon bei anderen Themen mit guten Ratschlägen zur Stelle waren. Auch damals wurde schneller Reichtum versprochen, allerdings noch mit der Investition in Kryptowährungen oder NFTs.

Blick in die Zukunft

Was die Videos allerdings schon vermitteln ist die Idee, wie Chat-KIs wie ChatGPT künftig von vielen genutzt werden wollen. Die große Gefahr dabei ist eine vielzitierte Angst: nämlich dass KI-generierter Müll zahlreiche Onlineplattformen wie eine Flutwelle überschwemmt und sinnvolle Inhalte damit unsichtbar werden lässt. Schwarzmalerei? Schon jetzt gibt es Beispiele dafür. Wie "The Verge" berichtet, lässt die Tech-Seite "Cnet" bereits zahlreiche Texte von einer KI schreiben. Im Jänner 2023 musste "Cnet" allerdings zugeben, dass man in mehr als der Hälfte aller von der künstlichen Intelligenz geschriebenen Artikel inhaltliche Fehler bemerken musste und deshalb die KI vorerst "ruhend" stelle.

Auch deshalb gibt es gerade in den sozialen Netzwerken schon wieder einen Gegentrend. Zahlreiche Content-Schaffende erklären, warum man ChatGPT nicht nutzen soll. Auch dieser Ansatz bringt aktuell viele Klicks. (aam, 3.2.2023)