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Eine Mentorin in der Hosentasche: Das verspricht die App Ada Growth. Nutzerinnen sollen damit Herausforderungen im Berufsalltag besser bewältigen können.
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Schwierigkeiten, im Job Grenzen zu ziehen, oder das Gefühl, die eigene Expertise wird am Arbeitsplatz übersehen: Situationen wie diese dürften der einen oder anderen aus dem Berufsalltag bekannt vorkommen. Abhilfe will hier das österreichische Start-up Ada schaffen. Via App werden Frauen dafür mit zweiminütigem Videocontent versorgt, der sie dabei unterstützen soll, ihre Sichtbarkeit – unabhängig von beruflicher Position oder Branche – zu erhöhen.

Gegründet wurde Ada im März 2021 von Kosima Kovar (CEO) und Matthew Ziebarth (CTO). Anfang 2022 erhielt das Start-up laut eigenen Angaben eine "hohe sechsstellige Summe" in der ersten Pre-Seed-Finanzierungsrunde. Die App ist als Abo-Dienst im B2B-Bereich angesiedelt. Zielgruppe seien daher vor allem Unternehmen und Personalabteilungen, die für weibliche Beschäftigte attraktiver werden wollen. Preislich liegt die App bei 17 bis 20 Euro pro Monat und Nutzerin für kleine Unternehmen und Teams. Ab 50 Beschäftigten ist ein individuelles Angebot möglich. Zu bekannten Kunden gehören derzeit die Erste Group, EY oder die Voestalpine.

Kurze Lerneinheiten

DER STANDARD wurde dazu eingeladen, die App für zwei Wochen kostenlos zu testen. Wie funktioniert das Lernmodell? Female Empowerment wird mit Lifelong Learning im Microlearning-Ansatz verknüpft, heißt es auf der Unternehmenswebsite. Konkret bedeutet das: Für den Einstieg muss die Nutzerin sich für eine von vier Challenges (siehe unten) entscheiden und dafür, wie oft pro Woche – ein- bis fünfmal – sie Tipps erhalten möchte. Danach beginnt die persönliche Journey.

Je nach Einstellung können bis zu fünf Expertinnenvideos pro Woche geschaut werden.
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Ein Expertinnenvideo dauert rund zwei Minuten und beinhaltet Informationen zu Körpersprache, Rhetorik und Networking sowie praktische Tipps für die Umsetzung. Anschließend wird das neu erlernte Wissen mit Quizfragen überprüft. Eine tägliche Lerneinheit dauert somit nicht länger als fünf Minuten. Als abgeschlossen gilt eine Übung, wenn das Gelernte im Alltag erprobt wurde. Die App bietet zudem die Möglichkeit, Videos zu den Favoriten hinzuzufügen und später noch einmal anzusehen.

Bislang stehen die Videos und Untertitel nur in deutscher Sprache zur Verfügung. Bei fünf Lerneinheiten pro Woche reichen die Inhalte für etwa ein halbes Jahr. Künftig soll sich das aber ändern, wie Gründerin Kosima Kovar im Gespräch mit dem STANDARD erzählt: "Aktuell arbeiten wir an einer englischen Version. Künftig sollen außerdem individuelle Inhalte KI-gestützt generiert werden." Ziel sei es, nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern global eine Mentorin in der Hosentasche jeder Frau zu werden.

Challenge 1: Nimm dir deinen Platz

Bei Meetings neigen Frauen dazu, sich in die zweite Reihe zu setzen oder im Hintergrund zu verschwinden. In der Fußgängerzone weichen sie eher aus, wenn ihnen jemand entgegenkommt. Warum eigentlich? Sich Platz zu nehmen wird in dieser Übung sehr wörtlich genommen. Konkret geht es darum, sich selbst in den Vordergrund zu rücken, sich physisch sichtbar zu machen – und dann aus dieser Position heraus auch die eigene Expertise. Neben Körpersprache und Stimme soll auch die innere Haltung trainiert werden. (dang)

Nach jedem Video sollen Fragen zu den gesehenen Inhalten beantwortet werden.
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Challenge 2: Selbstbewusst auftreten

Wer selbstbewusst wirkt, strahlt Positives aus – vor allem im Job ist das von Bedeutung. In der App werden viele Übungen gezeigt, die ein selbstsicheres Auftreten vermitteln sollen. Etwa üben, mit einem Korken zwischen den Zähnen deutlich zu sprechen, oder lernen, wie lang Blickkontakt gehalten wird, um souverän zu wirken. Interessant sind vor allem die Inhalte, die das Selbstbewusstsein von innen stärken. Man soll Glück im Alltag erkennen oder sich seine Stärken visualisieren. So kann Selbstvertrauen authentisch entstehen. (mera)

Challenge 3: Lerne, Nein zu sagen

Wie unterbricht man jemanden, ohne unhöflich zu sein? Zum Beispiel indem man etwas länger die Augen beim Blinzeln geschlossen hält – nur einen Bruchteil einer Sekunde. Diesen und viele weitere Tipps und Tricks können ausprobiert und übernommen werden. Sie helfen auch, das Verhalten des Gegenübers zu decodieren. Wann verhält sich jemand Ihnen gegenüber dominant, wann wird Ihre Grenze überschritten, wann ist es Zeit, Nein zu sagen, und wie? Für Ungeduldige ist die App nichts. Aber gut Ding braucht Weile. (nick)

Fazit

Hält die App, was sie verspricht? Die Antwort hängt wohl von der Person ab, die sie nutzt. Die Lerneinheiten sind abwechslungsreich und können leicht in den Alltag integriert werden. Aber ob die Arbeitswelt wirklich eine gerechtere wird, wenn wir alle versuchen, einen Platz vorne im Meeting zu ergattern, oder anderen auf dem Gehweg signalisieren, sie sollen uns ausweichen und nicht wir ihnen?

Denn während manche Übungen helfen sollen, Grenzen zu setzen oder die eigenen Stärken in den Vordergrund zu rücken, zielen andere darauf ab, sich Verhaltensweisen anzutrainieren, um sich gegen dominante Männer (und Frauen) durchzusetzen. Und sind damit eine Form der Selbstoptimierung, die Frauen vermittelt: Nicht das System ist falsch, sondern ihr. (Test: Anika Dang, Natascha Ickert, Melanie Raidl 7.2.2023)