Sony begibt sich in Kampfhaltung gegenüber der Konkurrenz.

Foto: Sony

Pro:

von Alexander Amon

Am 22. Februar geht es los. Sony Playstation geht nach 2016 in die zweite Runde mit VR-Hardware. Damit ist das Unternehmen am Konsolenmarkt ein Unikat. Während Microsoft zwar in anderen Bereichen seines Unternehmens Virtual Reality (VR) sehr wohl als Markt erkannt hat, sind die Ambitionen mit der Xbox zumindest nicht an die Öffentlichkeit kommuniziert und Nintendo – ist und bleibt Nintendo.

Aber wie wichtig ist VR, um sich im Konsolenmarkt weiterhin durchsetzen zu können? Warten wirklich Millionen von Gamern auf ein neues Headset um rund 600 Euro? Der Reihe nach.

Während Nintendo in diesem Jahr mit einem neuen "Zelda" einen heißen Anwärter auf das Spiel des Jahres veröffentlichen und wohl weiterhin mehr "Mario Kart"-Spiele verkaufen wird als 99 Prozent der Konkurrenztitel, versucht Microsoft weiterhin mit seinem Spiele-Abo Gamepass und den damit verbundenen Versprechungen die Abozahlen hochzuhalten. Und ja, irgendwann wird "Starfield" erscheinen und vielleicht sogar der Activision-Blizzard-Kauf über die Bühne gehen – dann kann der US-Konzern mit Sicherheit den im Jahr 2022 verlorenen Boden wieder einigermaßen gutmachen.

Das sind alles dunkle Wolken über dem japanischen Hardware- und Spielehersteller Sony. Warum will man da gerade mit einer Nische wie VR Punkte sammeln? Ganz einfach: Sony hat viele Teile dieser Technik ohnehin im Haus – man besteht ja nicht nur aus der Games-Sparte. Der Zukauf von teurer Hardware kann damit auf ein Minimum reduziert werden, und der kommunizierte Preis sieht auch so aus, als würde Sony mit der Hardware von Tag eins weg schwarze Zahlen schreiben wollen.

Der Inflation zum Trotz gibt es Millionen VR-Fans unter den Spielern, die mit den Gehversuchen der ersten Playstation-Brille ihre Liebe zu der Materie gefunden haben. Mit rund 20 Starttiteln, konkurrenzfähiger Technik und einer am Markt gut etablierten Konsole stehen die Vorzeichen gut, dass der Start von PSVR 2 rund laufen wird. Es gibt bisher fast ausschließlich positives Feedback aus der Fachpresse, und auch in den passenden Foren ist die Stimmung durchaus optimistisch und zeugt von Kauflaune.

Mit VR positioniert sich Sony in einer Ecke, die von der direkten Konkurrenz aktuell nicht beackert wird. Das kann durchaus Interessierte in das Playstation-Lager holen, aber vor allem die bestehende, ohnehin von der Marke überzeugte Fanbase stärker an das Produkt Playstation binden, als es sonst vor allem die exklusiven Blockbuster-Games wie "God of War" oder "The Last of Us" schaffen.

Und was das Kabel betrifft: Ja, ganz ohne Kabel wäre das Erlebnis vielleicht noch immersiver, aber dafür muss der Akku nicht ständig geladen und die Prozessorleistung der Playstation darf ebenfalls angezapft werden. Jeder Vorteil kommt mit einem Nachteil. Dessen ist sich Sony auch mit der PSVR 2 mit Sicherheit bewusst.

Kontra:

von Benjamin Brandtner

Groß war die Vorfreude, als klar wurde, dass Sonys Playstation-Sparte dem Thema Virtual Reality (VR) treu bleiben und einen Nachfolger für PSVR veröffentlichen wird. Das ist nicht selbstverständlich, denn gemessen an der Zahl im Umlauf befindlicher PS4-Konsolen deuten die kolportierten Verkaufszahlen des PSVR-Headsets darauf hin, dass Virtual Reality für die Spielkonsole allenfalls als anerkannte Nische bezeichnet werden kann. Der Weg vom Exklusiv- zum Massenmarkt ist also noch ein weiter.

Umso größer war die Enttäuschung, als sich nach und nach die Spezifikationen von PSVR 2 herauskristallisierten. Nicht dass sie schlecht wären: Dadurch dürfte insbesondere die Bildqualität hinsichtlich Auflösung und Bildwiederholrate dramatische Fortschritte gemacht haben, und Features wie Eyetracking und Passthrough sind im Alltag eines jeden VR-Gamers herzlichst willkommen. Es ist nur so, dass das nicht die entscheidenden Faktoren sind, um Virtual Reality für weitere Konsolenkäufer interessanter zu gestalten und somit zu einem wettbewerbsrelevanten Argument zu machen.

Ein wesentliches Problem besteht bei PSVR 2 darin, dass das Headset immer noch kabelgebunden ist. Die Verkabelung von VR-Headsets an sich kann schon bei PC-Systemen nerven, aber bei Konsolen wird sie zu einem größeren Störfaktor, weil die Distanz zwischen Gerät und Headset in der Regel größer ausfällt. Reichen 4,5 Meter Kabellänge nicht komfortabel aus, weil man beim ersten virtuellen Schwerthieb die halbe (Wohn-)Zimmereinrichtung abräumt, fängt der Pfusch in den eigenen vier Wänden an: Verlängerung kaufen, sofern überhaupt schon vorhanden, Konsole näher ranziehen, Couch verschieben oder Ähnliches. Das wollen die wenigsten Interessenten – und schon gar nicht deren Eltern oder bessere Hälften. Noch schlimmer: Die Konkurrenz zeigt mit Meta Quest 2 schon seit langem, wie wunderbar befreiend VR ohne Kabel funktionieren kann. Nicht nur als autarkes System, sondern auch im Verbund mit einer anderen Gerätequelle.

Von der Problematik der Motion-Sickness einmal ganz abgesehen, die bei geschätzten zehn Prozent der Bevölkerung auftritt, wäre da dann noch die Preisfrage. Stolze 600 Euro Maut verlangt Sony, um das Reservat der virtuellen Glücksseligkeit betreten zu dürfen. Da sind aber Popcorn und Safari noch nicht inkludiert. Spielen will man ja auch etwas für 50 Euro pro Titel, vielleicht noch eine Ladestation für die Controller um weitere 50 Euro, und schnell ist man bei 800 Euro plus für ein gutes Starterpaket. Na ja, und die Playstation 5, die man logischerweise schon zu Hause stehen hat, versteht sich dabei ganz von selbst, nicht wahr?

So hoch es Sony anzurechnen ist, als einziger Konsolenhersteller ein qualitativ vielversprechendes VR-Erlebnis anzubieten, sprechen die vorliegenden Variablen meiner Ansicht nach nicht dafür, dass mit PSVR 2 ein Durchbruch für Virtual Reality auf Konsole in Reichweite scheint. Wieder nicht. Dass die vorhandene Fanbase groß genug bleibt, um VR für Playstation und somit auch als Angebot für Konsole am Leben zu erhalten, bleibt dennoch zu hoffen.

(3.2.2023)