ORF-Redaktionssprecher und "Eco"-Moderator Dieter Bornemann: Zieglers Rückzug ermöglicht einen Neustart im Landesstudio Niederösterreich.

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Wien – Der Rückzug von Robert Ziegler als Landesdirektor des ORF-Landesstudios Niederösterreich ist für ORF-Redaktionssprecher Dieter Bornemann ein wichtiges Signal. "Die Aufarbeitung hat aus Sicht der Redaktionsvertretung auch eine Signalwirkung für die gesamte Belegschaft des ORF. Sie stärkt das Selbstbewusstsein der Redaktionen, dass sie sich gegen politische Einflussnahme wehren können – auch wenn sie aus dem eigenen Haus kommt", sagt Bornemann zum STANDARD.

Bornemann: "Neustart im Landesstudio Niederösterreich"

Der ORF-Redaktionsrat hat schon im Dezember die Suspendierung Zieglers gefordert. "Der Rückzug von Robert Ziegler ist wichtig und ermöglicht einen Neustart im Landesstudio Niederösterreich", sagt Bornemann. Und: "Nach allem, was man bis jetzt über den Bericht der Kommission und über die Aussagen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehört hat, wäre eine Absetzung Zieglers durch ORF-Generaldirektor Weißmann und den Stiftungsrat wohl die Konsequenz gewesen."

Ziegler hat am Freitag die Notbremse gezogen, nachdem sich die Vorwürfe erhärtet hatten, er habe in seiner Zeit als Chefredakteur des Landesstudios Niederösterreich (2015 bis 2021) die Berichterstattung zugunsten der ÖVP Niederösterreich und insbesondere von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner beeinflusst. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann hat nach den Recherchen von DER STANDARD, DER SPIEGEL und "Die Presse" eine interne Untersuchungskommission eingesetzt und mit der Aufarbeitung betraut. Der Bericht soll am Montag an Weißmann übergeben werden.

FPÖ will Überprüfung von Ex-ORF-NÖ-Chefredakteurin Teschl-Hofmeister

Die FPÖ bezeichnete den Rücktritt Zieglers in einer Aussendung als "längst überfällig". "Jetzt gilt es, diesen Skandal lückenlos aufzuarbeiten und die Verflechtungen zwischen ÖVP NÖ und dem Landesstudio in St. Pölten endgültig zu kappen", wurde FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker zitiert.

Die Causa Ziegler sei jedoch nur ein "Mosaikstein eines riesigen schwarzen Sittenbildes, da der totale Zugriff auf den ORF NÖ schon zuvor begonnen hat", mutmaßte Hafenecker und hofft, dass sich die Evaluierungskommission auch mit der Tätigkeit von ÖVP-Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister befasst. Sie war bis 2015 ORF-NÖ-Chefredakteurin und damit Zieglers Vorgängerin. 2018 wechselte sie direkt vom ORF in die niederösterreichische Landesregierung unter Johanna Mikl-Leitner. "Diese Optik ist verheerend", meinte Hafenecker.

ÖVP wirft FPÖ "Hass" vor

Auf Hafeneckers Aussagen reagierte Bernhard Ebner, Landesgeschäftsführer der ÖVP Niederösterreich. "Leider haben sich manche von Berufspolitikern zu Berufsdenunzianten fehlentwickelt – unter anderem ein Herr Hafenecker, der noch nie einen Finger für unser Land gerührt hat, aber fest auf andere zeigt und schimpft", konterte der Parteimanager in einer schriftlichen Stellungnahme. Die FPÖ kündige mit ihren jüngsten Aussagen an, "mit welchem schlechten Stil wir die nächsten Jahre rechnen müssen". Es zeige sich, "mit welchem Hass sie weiter mit Dreck werfen in der Hoffnung, irgendetwas bleibt schon hängen".

Auch Udo Landbauer, FPÖ-Landesparteichef und Klubobmann im Landtag, bezeichnete den Rückzug Zieglers als "längst überfällig". "Auch der Bericht hätte schon vor der Wahl veröffentlicht werden müssen. Die übliche ÖVP-Taktik, die Schuld bei allen anderen zu suchen, ist eine Verhöhnung." Der Rückzug des Landesdirektors kann laut Landbauer nur ein erster Schritt sein: "Die ÖVP Niederösterreich steckt in diesem parteipolitischen Medienskandal ganz tief drinnen. Schonungslose Transparenz ist das Gebot der Stunde." Der Freiheitliche forderte die vollumfängliche Veröffentlichung des Kommissionsberichts. "Es soll keiner auf die Idee kommen, den Bericht geheim zu halten oder nur geschwärzt zu veröffentlichen."

Update um 15.20 Uhr

Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell begrüßt den Rückzug Zieglers, gleichzeitig fordert er Konsequenzen, die über die reine Personalia hinausgehen. "Die Weigerung der Regierung, eine Gremienreform im ORF anzugehen, ist nicht mehr haltbar", sagt Hausjell zum STANDARD. Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) berufe sich auf das Regierungsübereinkommen, wonach eine Reform des Stiftungsrates nicht vorgesehen sei. Das sei aber kein Argument, kritisiert Hausjell. Er fordert Raab auf, Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft oder von Medien-NGOs einzuladen, um Reformideen für den ORF zu präsentieren. Die Gremien müssten danach die Vielfalt der Gesellschaft fair repräsentieren und eine höhere fachliche Kompetenz als bisher haben.

Hausjell, der auch Präsident von Reporter ohne Grenzen ist, plädiert dafür, Niederösterreichs ORF-Stiftungsrat auszutauschen. Zum Zug solle eine Person mit hoher fachlicher Kompetenz und ohne Nähe zur niederösterreichischen Landesregierung kommen. Bei der Nachbesetzung des Ziegler-Postens wären ORF-Generaldirektor Weißmann und der Stiftungsrat gut beraten, auf Fachleute zu hören. Sie sollten mehrheitlich aus dem Ausland kommen.

Update um 15.50 Uhr

Maßnahmen zur Entpolitisierung des ORF fordert auch der Presseclub Concordia. Daniela Kraus sagt: "Die Concordia fordert wie viele andere seit langem strukturelle Maßnahmen zur Entpolitisierung des ORF. Wir begrüßen die Arbeit der Untersuchungskommission und den Rückzug des Landesdirektors Ziegler. Das ist nach der Enthüllung der Missstände im Landesstudio Niederösterreich die richtige Konsequenz. Eine grundsätzliche gesetzliche und politische Änderung der Unkultur der politischen Verfilzung ist nötig, damit diese Art unzulässiger Einflussnahme ein Ende findet. "(omark, APA, 3.2.2023)