Kazuyoshi Miura (55) ist ein wenig ergraut, er bleibt aber aktiv.

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Vor langer, langer Zeit lebten in Japan ein Mann und eine Frau in der Stadt der ruhigen Hügel, die man noch heute Shizuoka nennt. Die Stadt liegt am mächtigen Fluss Abe, in dem gar schreckliche Ungeheuer hausten, und nahe dem Berg Aino, auf dem sich die Götter duellierten. Der Mann und die Frau hatten zwei Söhne. Beide übten sich früh in der schwierigen Kunst, einen Ball mit den Füßen zu treten. Der ältere, Yasutoshi, war talentiert und begabt. Der jüngere, Kazuyoshi, war tollpatschig.

Yasutoshi, dem großen, wurde eine rosige Zukunft vorausgesagt. Der kleinere Kazuyoshi war für viele zu ungeschickt. Einmal, als der Kleine versuchte, einen Ball aufs Tor zu schießen, fiel er auf den Boden. Sein Onkel, der Anführer des Teams, ließ den Buben zur Strafe immer und immer wieder um das Spielfeld laufen. Da wusste noch niemand, dass sie den kleinen Kazuyoshi einmal King Kazu nennen werden: König Kazu. Er regiert bis heute – und nicht nur in Japan.

Soeben wurde bekannt, dass Miura noch einmal ein großes Abenteuer wagt. Er wechselt leihweise zu Oliveirense in die zweite Liga Portugals, dort wird oft ansehnlich und jedenfalls professionell gekickt. King Kazu ist 55 Jahre alt, er gilt seit 2017 als ältester Profifußballer der Welt.

Zeitzeuge

Deren Licht hatte Miura am 26. Februar 1967 erblickt. Einen Tag danach brachte Elvis das achte seiner 25 Studio-Alben heraus. Bruno Kreisky war da schon nicht mehr Österreichs Außenminister, Neil Armstrong noch nicht auf dem Mond. Miuras Karriere startete holprig: In Brasilien schaffte er es nach Jahren als migrantischer Außenseiter zum Profivertrag beim FC Santos (1986), die Popularität in Japan stieg. Nach seiner Rückkehr zu Verdy Kawasaki wurde er zum Star, debütierte 1990 in der Nationalmannschaft. Für Japan traf er in 89 Partien 55 Mal, international spielte er für Vereine in Italien, Australien und Kroatien.

Alleine in Japans Ligen bringt er es auf 37.552 Minuten Nettospielzeit. Das sind mehr als 26 Tage. Miura ist in seiner Heimat ein Megastar, er fällt durch extravagante Anzüge auf, mit seiner Frau Risako, Schauspielerin und Model, hat er zwei Kinder.

Arbeitsnachweis.
J.LEAGUE International

Dass aber selbst Kazuyoshi Miura die Zeit nicht ganz überlisten kann, sieht man an den grauen Strähnen, die Haare und Bart mittlerweile dominieren. "Es gibt kein Geheimnis", sagt er. "Gesunde Ernährung, guter Schlaf, Leidenschaft, Hingabe und Herz." Er will "Fußball spielen, bis ich sterbe". Alsdann: Und wenn er nicht gestorben ist, dann spielt er auch noch heute. (Andreas Hagenauer, 4.2.2023)