Freund weiß, dass Fußball kein Selbstläufer ist.

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Es ist keine originelle Erkenntnis, aber an Red Bull Salzburg führt im österreichischen Fußball kein Weg vorbei. Es sei denn, man ist Sturm Graz und es ist Viertelfinale des Cups. Am Freitagabend wurde die Übermacht im Elfmeterschießen tatsächlich geschlagen. Somit ist eine Serie gerissen, den fünfte Titel hintereinander kann man sich aufzeichnen, die Konkurrenz atmet auf und durch, sie reagiert aber sicher nicht mit Häme.

Die zehnte Meisterschaft infolge scheint trotzdem nicht gefährdet zu sein. Das Plus auf Sturm beträgt nach 16 Runden sechs Punkte, auf den LASK sind es zwölf, auf Rapid und die WSG Tirol 15. Nach 22 Spieltagen werden die Zähler halbiert, das macht insofern Sinn, als der Langweile ein Aufschub gegönnt wird. Salzburg empfängt zum Frühjahrsauftakt am Samstag Austria Lustenau, es ist denkunmöglich, im Elferschießen zu verlieren.

Sportdirektor Christoph Freund sagt dem STANDARD, man sei sich bewusst, "dass es kein Selbstläufer ist. Anderseits haben wir auch keine Angst, dass das Projekt bröckelt, es ist gefestigt." Knapp drei Monate wurde nicht gekickt, Freund war um die Weihnachtszeit in England, hat sich einige Spiele ganz entspannt angeschaut. Er war ja bei Chelsea zumindest im Gespräch, der 45-Jährige, dem Bodenständigkeit nachgesagt wird, zog es aber vor zu bleiben, das Salzburger Schiff weiter auf Kurs zu halten. Seit 2015 ist er als Nachfolger von Ralf Rangnick Sportdirektor, davor war er Teammanager und Sportkoordinator. Bei der WM in Katar standen 13 ehemalige oder aktuelle Kicker der Bullen in den Aufgeboten. "Das war für uns etwas Besonderes, eine absolute Auszeichnung."

Das Tor zur Welt

Salzburg muss freilich auch Zugeständnisse machen. Der Transfer von Teamspieler Max Wöber zu Leeds United in die Premier League wurde nicht forciert, er war aber nicht zu verhindern, die kolportierte Ablöse betrug 20 Millionen Euro. Freund: "Max war auf dem Feld und auch abseits davon ein wichtiger Spieler. Wir wollen Träume erfüllen, hatten letztendlich keine Argumente für den Verbleib. Auch wir haben Grenzen."

Salzburg sei, sagt der Sportdirektor "für viele das Tor zur ganz großen Welt. Diesen Ruf haben wir uns erarbeitet. Den müssen wir erhalten, Manager und Vereine wissen, dass wir eine Topadresse sind." Förderlich sei, dass man regelmäßig in der Champions League engagiert ist und dort keine untergeordnete Rolle spielt.

Einnahmen und Investitionen

Seit Jahren versorgt Salzburg Europa mit Fußballern, Erling Haaland, Brenden Aaronson oder Karim Adeyemi sind nur drei Beispiele aus gar nicht so ferner Vergangenheit. Mittlerweile wird nicht nur Schwesterklub Leipzig beliefert, der ist fast schon die Ausnahme. Wer einnimmt (in dieser Spielzeit 105 Millionen Euro), kann auch investieren. Nun wurde um rund sieben Millionen Euro der 18-jährige Israeli Oscar Gloukh von Maccabi Tel Aviv verpflichtet. In seiner Heimat wird er "Wunderkind" genannt. Gloukh ist 1,70 Meter groß, im Mittelfeld einsetzbar. Freund sagt: "Ein Perspektivspieler mit extrem viel Potenzial. Israel ist eine andere Liga, eine andere Intensität. Er bekommt bei uns die Zeit, die er braucht."

Salzburgs Scouting zählt zu den besten in Europa. Freund: "Wir wissen genau, wo und wen wir suchen. Unser Radar ist fast kleiner, dafür treffsicherer geworden."

Zukunft

In der Europa League kommt am 16. Februar die AS Roma zu Besuch, das Rückspiel steigt am 23. in Italien. Freund: "Wir sind sicher nicht der Favorit." Man verspüre aber Lust, das Scheitern im österreichischen Cup wettzumachen. "Die Vorbereitung war gut, der Konkurrenzkampf ist enorm."

Die heimischen Mitbewerber geben sich keinerlei Illusionen hin. Sturms Sportdirektor Andreas Schicker: "Alle wollen hören, dass wir den Salzburgern den Kampf ansagen. Nur sage ich es nicht." Freund hält von dieser Zurückhaltung recht wenig. "Bei vielen anderen Vereinen wird sehr gut gearbeitet. Intern reden sie anders." Sturm hat am Freitag sogar extern anders gesprochen Freund weiß: "Wir müssen immer auf der Hut sein." (Christian Hackl, 8.2.2023)