Sommer wie Winter: Darauf zu hoffen, dass die Zahl der Lkws weniger wird, scheint illusorisch.

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Die Zahlen sind ernüchternd: Während der Schienengüterverkehr über die Alpenpässe von Mont Cenis in Frankreich über Simplon und Gotthard in der Schweiz bis zum Brenner in Tirol mehr oder weniger stagniert, war der Straßengütertransport im Jahr 2021 fast auf alter Höhe zurück.

71,2 Millionen Nettotonnen wurden im alpenquerenden Straßengüterverkehr insgesamt per Lkw auf den Nord- und Südrouten Europas transportiert. Das ist fast so viel wie 2018, beim höchsten je von den Schweizer Bundesämtern für Verkehr und Straßen gezählten beziehungsweise den Nachbarländern Frankreich und Österreich erhobenen Wert. Dagegen stinkt der Bahntransport geradezu ab. Er pendelt seit 2005 (und 2021) zwischen 37,4 und 45,9 Millionen Tonnen im Jahr, wobei 2009 tonnagemäßig das schwächste Jahr war. Wie viel davon Transitverkehr war, erhebt nur die Schweiz und das unregelmäßig.

Die Entwicklung an den östlichsten Ausläufern der Alpen wird vom österreichischen Verkehrsministerium nur alle fünf Jahre im Rahmen der Erhebung des Cross Alpine Freight Transport (Caft) für die drei Alpenländer Frankreich, Schweiz und Österreich erhoben. Die jüngste dieser Aufstellungen stammt aus dem Jahr 2019 und wurde im November 2022 veröffentlicht – diesfalls freilich nur für Österreich.

Zuwachs um elf Prozent

Stolz wird darin vermeldet, dass die über die österreichischen Alpenübergänge transportierte Menge an Gütern auf etwas mehr als 136 Millionen Tonnen gestiegen ist. Dies entspricht einem Zuwachs von elf Prozent gegenüber dem Jahr 2015.

Dramatisch ist die Entwicklung des Modal Split, also die Verteilung zwischen Straße und Schiene. Denn die Straße hängt die Bahn klar ab. Nur mehr ein Viertel (26 Prozent) der Fracht wird mit der Bahn transportiert, das ist deutlich weniger als 1999, wo der Modal Split, auf den Österreichs Verkehrspolitiker stets besonders stolz waren und sind, noch bei 32 Prozent lag.

Transitverkehr steigt

Fast drei Viertel der Fracht (74 Prozent) werden inzwischen per Lkw transportiert. Das liegt insbesondere am Transitverkehr, der inzwischen fast 60 Prozent aller Lkw-Fahrten ausmacht und somit gegenüber 2015 um 16 Prozent zugenommen hat und im Vergleich zu 1999 um 83 Prozent. Der mit Abstand größte Teil entfällt mit fast 40 Prozent auf den Brenner, über den 2019 knapp 55 Millionen Tonnen transportiert wurden, davon fast 90 Prozent im Wege des Transitverkehrs, also ohne Be- und Zuladung im Inland, sondern reine Durchfahrt.

Wiewohl der Brenner seine auch international wichtige Position als wichtigster Alpenübergang behauptet: Es gibt mit Reschen-, Felbertauern-, Tauern- und Schoberpass auch andere bedeutende Transportrouten durch Österreich. Mit 25,3 Millionen Tonnen hat die Tauernautobahn einen Anteil an der Tonnage von knapp 20 Prozent, gefolgt vom Schoberpass (knapp 21 Millionen Tonnen oder 15 Prozent), Wechsel (18,1 Millionen Tonnen oder 18 Prozent) und Semmering (16 Millionen Tonnen oder zwölf Prozent).

Teuer erkauft

Was den Modal Split betrifft, ist der Bahnanteil von Semmering, Tauern- und Schoberpass teuer erkauft. Denn von den 8,5 Millionen Tonnen, die über die Ghega-Strecke geführt werden, ist mit 5,6 Millionen Tonnen (entspricht 35 Prozent des Gesamtgüteraufkommens auf der Semmeringstrecke) mehr als die Hälfte Wagenladungsverkehr, also staatlich geförderte Schienentransporte sowie Baustoff- und Aushubtransporte für den in Bau befindlichen Semmeringbasistunnel. Gemessen an den 2013 vor Baubeginn gemachten Vorhersagen für die strahlende Zukunft des Frachtverkehrs auf der Semmeringstrecke, sind die 8,5 Millionen Tonnen Bahnfracht eine Niederlage: Damals war das öffentliche Interesse in Verkehrsgutachten mit einer Steigerung des Verkehrsaufkommens bis 2055 um 177 Prozent auf 28,57 Millionen Tonnen geworben worden. Von Werten wie diesen ist man nun weiter entfernt denn je. 2016 waren auf der Bahn noch 10,6 Millionen Tonnen angegeben worden.

Düstere Aussichten

Auf der Tauernachse macht der staatlich subventionierte Wagenladungsverkehr übrigens 23 Prozent aus, auf dem Schober 13 Prozent. Fällt diese Förderung einmal einer Kürzung zum Opfer oder ganz weg (beläuft sich pro Jahr auf gut 100 Millionen Euro), sieht es düster aus für den Bahngüterverkehr und den Modal Split – nicht nur zwischen Niederösterreich und der Steiermark. Dies vor dem Hintergrund, dass der Wagenladungsverkehr seit 1999 insgesamt um elf Prozent eingebüßt hat, die Rollende Landstraße blieb konstant. (Luise Ungerboeck, 7.2.2023)