Auch Google-Gründer Larry Page soll derzeit wieder aktiv mithelfen, um die richtige KI-Strategie für das Unternehmen zu finden.

Grafik: Google

Die Vorstellung von ChatGPT hat in den vergangenen Wochen einen regelrechten Hype rund um das Thema "künstliche Intelligenz" entstehen lassen. Noch nie zuvor hat eine Anwendung dermaßen viele Nutzer innerhalb kürzester Zeit gewinnen können, das hat auch die Fantasie so mancher Beobachter befeuert, die darin gar einen "Google-Killer" ausgemacht haben wollten.

Was dabei nur allzu gerne vergessen wird: Google selbst gehört seit Jahren zu den aktivsten Unternehmen im Bereich Maschinenlernen, setzt entsprechende Techniken etwa in seiner Suche bereits seit dem Jahr 2001 ein – damals übrigens für die Rechtschreibprüfung, mittlerweile für sehr viele Bestandteile inklusive der Suchreihung selbst. Vor allem aber hat Google viele Grundlagen für das geschaffen, was heute landläufig als künstliche Intelligenz (KI) bezeichnet wird. Insofern kommt, was eigentlich kommen musste – wenn auch etwas früher als erwartet.

Bard

In einem Blogposting kündigt Google-Chef Sundar Pichai gleich drei Neuerungen an – die für die breite Masse wohl relevanteste: Unter dem Namen Bard präsentiert man einen direkten Konkurrenten zu ChatGPT. An diesem habe man intern schon länger gearbeitet, nun soll er zunächst für "vertrauenswürdige, externe Tester" geöffnet werden, bevor in wenigen Wochen dann die Freigabe für die breite Öffentlichkeit folgen soll, verspricht Google.

Ein Beispiel für eine von Bard generierte Frage.
Grafik: Google

Die technische Basis von Bard bildet Googles Language Model for Dialogue Applications – kurz LaMDA genannt. Dabei handelt es sich sich um ein großes Sprachmodell ähnlich jenem GPT-3.5, das die Basis für ChatGPT bildet. Beide ermöglichen es, den jeweils darauf basierenden Chatbots beliebige Fragen in natürlicher Sprache zu beantworten und auch bestimmte Aufgaben zu erfüllen.

Aktuelles Wissen, schlankeres Modell

Welche der beiden Lösungen besser ist, lässt sich im Vorfeld natürlich nur schwer sagen, zumal die Entwicklung in diesem Bereich derzeit rasant erfolgt. Google deutet aber zumindest einen entscheidenden Vorteil für Bard an: Dieses soll auch aktuelle Informationen aus dem Web in die Antworten einfließen lassen, der Informationsstand von ChatGPT endet derzeit im Jahr 2021.

Als Basis für Bard soll dabei allerdings nicht das vollständige LaMDA sondern eine "leichtgewichtige" Version zum Einsatz kommen. Der Grund dafür: Im Gegensatz zu den ganz großen Sprachmodellen verbraucht diese deutlich weniger Rechenkraft, wodurch man auch den Zugriff für mehr User öffnen und so schneller Feedback einsammeln kann. Wie ein kurzer Teaser zeigt, soll Bard damit deutlich flotter antworten als sein Konkurrent, könnte bei einzelnen Funktionen aber auch beschränkter in der Funktionalität sein.

Über LaMDA hat Google in der Vergangenheit zwar schon mehrfach gesprochen, bisher allerdings vor allem in kurzen Demonstrationen oder eingeschränkten Tests sowie in Forschungspapieren. Durch den aktuellen Boom in diesem Bereich sieht man sich nun aber offenbar dazu veranlasst, die eigenen Entwicklungen ein Stück weit zu öffnen.

Text-KI direkt in der Suche

Eine Text-KI soll künftig auch bessere Antworten in der Google-Suche liefern.
Grafik: Google

Doch das ist nicht die einzige Neuankündigung des Unternehmens in diesem Bereich: Schon bald sollen in der Google-Suche auch KI-generierte Antworten angeboten werden. Gedacht ist das für Fragen, wo es keine eindeutige Antwort gibt. Die KI soll in solchen Fällen dann unterschiedliche Perspektiven in einfache Textpassagen zusammenfassen, all das aber angereichert mit Links zu weiterführenden Informationen.

Google versteht das als logische Weiterentwicklung der aktuellen Version seiner Suchmaschine. Schon bisher liefert Google auf viele Fragen direkte Antworten anstatt nur Suchergebnisse. Nun soll das eben auch dort kommen, wo die Antworten nicht so eindeutig sind.

Schnittstellen für externe Entwickler

Aus Google-Sicht fast noch wichtiger ist die dritte der aktuellen Ankündigungen: Das Unternehmen öffnet seine großen Sprachmodelle für externe Entwickler. Über das Generative Language API soll es zunächst Zugriff auf LaMDA geben, andere Sprachmodelle sollen später folgen. Die ersten Entwickler sollen darauf ab dem nächsten Monat zugreifen können.

Ausblick

Google betont, dass all dies nur ein erster Schritt sei– und ein kleiner Ausschnitt aus den KI-Aktivitäten des Unternehmens. Maschinenlernen spiele schon jetzt eine zentrale Rolle bei Google, bereits vor sechs Jahren habe man das Unternehmen ganz darauf ausgerichtet, als Firmenchef Sundar Pichai das Motto "AI first" ausgab. Dieser Trend werde sich natürlich künftig noch weiter beschleunigen.

Insofern dürften dieses Jahr wohl noch viele weitere Google-Ankündigungen in diesem Bereich folgen. So wird wohl auch die Entwicklerkonferenz Google I/O, die üblicherweise im Mai abgehalten wird, ganz unter diesem Thema stehen.

Bei all dem sei aber auch wichtig, dass man diese Entwicklungen "verantwortlich" angehe, betont Google. Genau aus diesem Grund habe man schon 2018 ein Set an KI-Prinzipien veröffentlicht, das etwa vorschreibt, dass KI nur zum Wohle der Menschheit eingesetzt werden soll und auch die Reproduktion von Vorurteilen vermieden werden soll. (Andreas Proschofsky, 6.2.2023)