In dem Schreiben verlangen europäische Regierungschefs, dass die EU-Grenzschutzagentur Frontex ihre "zentrale Rolle in vollem Umfang" wahrnehme.

Foto: REUTERS/FLORION GOGA

Wien/Brüssel – Österreich und sieben weitere EU-Staaten fordern vor dem Sondergipfel zum Thema Migration mehr EU-finanzierte Maßnahmen zum Außengrenzschutz, raschere Abschiebungen sowie neue Rückführungsabkommen mit Drittstaaten. "Unserer Meinung nach ist das derzeitige Asylsystem kaputt und nützt in erster Linie den zynischen Schleppern, die das Unglück von Frauen, Männern und Kindern ausnutzen", heißt es in einem der APA vorliegenden Brief von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und seinen EU-Kollegen.

Das Schreiben erging an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel. "Einige Mitgliedsstaaten haben gleich viele oder mehr Ankünfte und Anträge als während der Migrationskrise in den Jahren 2015 und 2016", heißt es in dem Brief, den neben Nehammer auch die Regierungschefs und Premierministerinnen von Dänemark (Mette Frederiksen), Griechenland (Kyriakos Mitsotakis), Lettland (Krisjanis Karins), der Slowakei (Eduard Heger), Malta (Robert Abela), Estland (Kaja Kallas) und Litauen (Gitanas Nauseda) unterzeichnet haben.

Zusätzliche finanzielle Unterstützung gefordert

Demnach haben nationale und lokale Behörden Mühe, den Zustrom zu bewältigen. "Die Situation ist zutiefst besorgniserregend und erfordert dringend politische Aufmerksamkeit und konkrete Maßnahmen, auch damit die Mitgliedsstaaten Menschen, die internationalen Schutz benötigen, Vorrang einräumen, einschließlich der Ukrainer, die im Lichte der russischen Aggression vertrieben wurden", heißt es in dem Schreiben.

Die EU-Kommission wird aufgefordert, einen umfassenden Ansatz für alle wichtigen Migrationsrouten vorzulegen. Er soll eine "weitere Stärkung des Schutzes der Außengrenzen" enthalten, "einschließlich des Aufbaus von Infrastruktur und Luftraumüberwachung im Bereich vor den Seegrenzen". Die EU-Grenzschutzagentur Frontex müsse ihre "zentrale Rolle in vollem Umfang wahrnehmen", auch im Bereich der Rückführung und durch Maßnahmen in Drittstaaten, um irreguläre Grenzübertritte zu verhindern.

Verlangt werden auch EU-Außengrenzschutzstandards sowie zusätzliche finanzielle Unterstützung im Rahmen des bestehenden EU-Finanzrahmens für operative und technische Maßnahmen für eine wirksame Grenzkontrolle.

Vereinbarungen nach Vorbild des EU-Türkei-Deals

Die äußerst niedrige Rückführungsquote stelle einen Pull-Faktor dar, heißt es in dem Brief weiter. Um Rückführungen in sichere Herkunfts- und Transitländer sicherzustellen, müsse die EU alle Instrumente entschlossen einsetzen, insbesondere Visa, Handel und Entwicklungspolitik. Beschleunigte und vermehrte Rückführungen aus der EU müssten mit einer zügigen Bearbeitung und der Ablehnung unbegründeter Asylanträge von Staatsangehörigen sicherer Herkunftsstaaten einhergehen. Darüber hinaus sollten abgelehnte Asylbewerber von der Asylantragstellung in anderen Mitgliedstaaten abgehalten werden.

"Weitere Vereinbarungen mit Drittstaaten sollten nach dem Vorbild des EU-Türkei-Deals von 2016 angestrebt werden, wobei der Brief den sogenannten 1:1-Mechanismus erwähnt, wonach für jede in die Türkei abgeschobene Person ein syrischer Flüchtling aus der Türkei in einem EU-Land angesiedelt werden soll. Die Regierungschefs fordern außerdem dringend eine Angleichung der Visapolitik von EU-Beitrittskandidaten wie Serbien an jene der EU. Gefordert wird in dem Brief auch eine gezielte Kommunikation und rechtzeitige Sensibilisierungskampagnen auf sozialen Medien, um über die Gefahren der irregulären Migration aufzuklären. (APA, red, 7.2.2023)