Es war ein Schockmoment in der Parteizentrale in Wien: Am Mittwoch kurz vor zehn Uhr veröffentlichte Puls 24 eine Exklusivmeldung auf Twitter: Peter Kaiser will SPÖ-Doppelspitze Rendi-Wagner und Doskozil. Auf die dezidierte Nachfrage, ob er sich Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil an der Spitze der SPÖ vorstellen könnte, hatte Kaiser so geantwortet: "Ich fände das gut. Und nicht nur die beiden, sondern ich glaube, wir haben einen sehr breiten Bereich guter Leute."

Wenn der Schein trügt: Hans Peter Doskozil und Pamela Rendi-Wagner begegnen einander auf einer Parteiveranstaltung und machen freundliche Gesichter.
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Auf Twitter und Facebook wurden schon die ersten hämischen Kommentare über den Zustand der SPÖ abgegeben. Und Parteifunktionäre rätselten, was den Kärntner Landeshauptmann da geritten haben mag. Denn eine Doppelspitze Rendi-Wagner und Doskozil, das wäre nicht nur eine Kampfansage an die derzeitige SPÖ-Vorsitzende, das würde wohl auch ihr Ende einläuten. Dass Kaiser, der am 5. März eine Landtagswahl zu schlagen hat, Ruhe in die parteiintern schwelende Obfrau-Debatte einkehren lassen möchte, erschien vielen als nachvollziehbar, der Vorschlag an sich wäre aber absurd: Hans Peter Doskozil und Pamela Rendi-Wagner können nicht miteinander. Und zwar gar nicht. Dass die beiden sich versöhnen und gemeinsam eine Doppelspitze bilden, ist schwer vorstellbar. Das würde nicht funktionieren, zu heftig ist die gegenseitige Ablehnung zwischen den beiden.

Falsch verstanden

Es dauerte eine gute Stunde, bis die Parteizentrale in der Löwelstraße "Entwarnung" gab: Kaiser habe sich gar nicht für eine Doppelspitze ausgesprochen, da sei er wohl missverstanden worden. Er habe bloß von einer breiten Teamaufstellung gesprochen.

Kaiser selbst dementierte eine halbe Stunde später, es war bereits 11.37 Uhr, mit einer Aussendung: Er habe nie von einer Doppelspitze gesprochen. Er wolle bloß ein Team der besten Köpfe. Dass er sich für eine Doppelspitze ausgesprochen habe, sei eine "Falschdarstellung". Ihm sei es darum gegangen, "Fokussierungen auf eine Person ein Ende zu bereiten", erklärte Kaiser.

Schwieriges Schweigegelübde

Der Schaden war freilich schon angerichtet. Die Obfrau-Debatte in der SPÖ hatte wieder Fahrt aufgenommen. Nach dem schwachen Ergebnis der SPÖ in Niederösterreich hatte nicht nur Landesparteichef Franz Schnabl zurücktreten müssen, auch Bundeschefin Rendi-Wagner war wieder einmal massiv infrage gestellt worden. Die burgenländische SPÖ, die Rendi-Wagner lieber heute als morgen loswerden möchte, hatte versprochen, zumindest bis zur Wahl in Kärnten Ruhe zu geben und die Debatte nicht durch Äußerungen anzufachen.

Doskozil versucht sich daran zu halten, so gut es geht. Auf die Medienberichte über die angebliche Doppelspitze angesprochen, verwies er zuerst auf seine bereits getätigten Aussagen, wonach in Zeiten des Wahlkampfs nicht öffentlich darüber diskutiert werden sollte. Die Situation der Sozialdemokraten sei aber "unbestritten verbesserungswürdig", musste er trotz Schweigegelübdes feststellen. "Aber trotzdem sollten wir das intern diskutieren, und da möchte gerade ich mich daran halten."

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser wollte die Debatte um Parteichefin Rendi-Wagner aus dem Wahlkampf raushalten, was ihm am Mittwoch gründlich misslang.
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Dem Dementi zum Trotz fand der Salzburger SPÖ-Chef David Egger den angeblich nicht getätigten Vorstoß Kaisers "gut, richtig und wichtig". Die Frage einer Doppelspitze "muss auf jeden Fall ernst genommen und intern diskutiert werden", erklärte Egger. Die Vorarlberger SPÖ-Landesparteivorsitzende Gabriele Sprickler-Falschlunger meinte hingegen: "Pamela Rendi-Wagner ist und bleibt die Spitzenkandidatin der SPÖ." So hat die SPÖ wieder ihre Debatte, die sie auf alle Fälle vermeiden wollte, und Peter Kaiser hat sich selbst das Störfeuer geliefert, das er im Wahlkampf unterbinden wollte.

Tatsächlich gesagt hat er im Interview übrigens Folgendes: "Ich träume von einem Team, wo die besten Köpfe – männlich, weiblich, aus allen Regionen, Bundesländern – nach fachlichen Kriterien in die nächste Nationalratswahl gehen. Die Frage der Spitzenkandidatur ist für mich klar: Wenn die Parteivorsitzende Spitzenkandidatin ist, dann soll sie es sein – aber ich kann mir ein Team vorstellen, in dem Rendi-Wagner, in dem Hans Peter Doskozil, in dem Jan Krainer, wer auch immer, Julia Herr, mit dabei sind."

Auf den Einwand, dass Doskozil und Rendi-Wagner nicht unbedingt das beste Verhältnis zueinander haben, antwortete Kaiser: "Um es mit Ernst Bloch zu beantworten: Die Hoffnung ist in das Gelingen verliebt und nicht in das Scheitern." (Michael Völker, 9.2.2023)