Im Gastblog behandelt Rechtsanwältin Julia Andras die Frage, ab wann ein Vermögen zu einem Unternehmen gehört und bei einer Scheidung nicht aufgeteilt werden muss.

Währt das Liebesglück zwischen Eheleuten trotz Gelübdes doch nicht ewig, so folgt regelmäßig die Ehescheidung. Hierzulande werden mehr als ein Drittel der Ehen geschieden. Die ehemals Verliebten sehen sich folglich mit wenig romantischen Themen und naturgemäß verschiedenen Interessenpositionen konfrontiert. Die Ehe hat als rechtliches und soziales Konstrukt nämlich nicht nur während ihres Bestandes weitreichende Auswirkungen, sondern auch nach ihrer Beendigung.

Während die Eheschließung zunächst nichts an der Vermögensposition der Eheleute ändert und jede Person weiterhin Eigentümer oder Eigentümerin der Vermögenswerte und Träger oder Trägerin der damit verbundenen Rechte und Pflichten bleibt, wird im Zuge der Ehescheidung von einer "Gütergemeinschaft" ausgegangen. Das bedeutet, dass das eheliche Gebrauchsvermögen sowie die während aufrechter Ehe erlangten Ersparnisse zwischen den nunmehr Geschiedenen aufzuteilen sind.

Kommt es zu einer Scheidung, stellt sich die Frage, wie das gemeinsame Vermögen aufzuteilen ist – und was nicht darunter fällt.
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Einzelne Vermögensgüter nimmt der Gesetzgeber von der Aufteilung jedoch explizit aus. Darunter fallen Sachen, die eine Seite in die Ehe eingebracht, von einem Dritten geerbt oder geschenkt bekommen hat, sowie Güter, die dem persönlichen Gebrauch oder der Berufsausübung einer Person allein dienen.

Unternehmen: Frage des einzelnen Falls

Auch Unternehmen an sich und die zu einem Unternehmen gehörenden Anteile beziehungsweise Sachen sind im Allgemeinen von der nachehelichen Aufteilung ausgenommen. Eine gesetzliche Legaldefinition, was jedoch konkret unter dem Unternehmensbegriff und den Sachen, die einem Unternehmen zugehörig sind, verstanden wird, gibt es nicht. Es bedarf daher stets einer Einzelfallbetrachtung.

Klar ist, Unternehmensanteile können körperliche und unkörperliche, bewegliche und unbewegliche Sachen sein. Sie müssen zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft eine funktionelle Verbindung mit dem Unternehmen aufweisen und von dem Eigentümer oder dr Eigentümerin unzweifelhaft dem Unternehmen gewidmet worden sein. Dies ist etwa bei einem Firmenauto der Fall. Auch Unternehmensgewinne, sofern sie im Unternehmen verbleiben, fallen in diesen Ausnahmetatbestand und unterliegen daher nicht der Aufteilung.

Sofern die frisch Geschiedenen nicht zu einer gütlichen außergerichtlichen Einigung kommen, haben sie ab rechtskräftiger Ehescheidung ein Jahr Zeit, bei Gericht einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Vermögens zu stellen. Ziel des gerichtlichen Aufteilungsverfahrens ist es, eine "billige", das heißt faire Aufteilung zu erwirken, um den Lebensrealitäten beider Parteien gerecht zu werden. In einem solchen Verfahren wird sowohl beurteilt, ob etwa ein Unternehmensanteil ausnahmsweise doch ein aufteilungsfähiges Vermögen darstellt, als auch, wie das Vermögen insgesamt konkret zwischen den ehemaligen Eheleuten gerechterweise aufzuteilen ist.

Zwischen Privatvermögen und betrieblichen Zwecken

Ein jüngst entschiedener Fall des OGH (1 Ob 103/22m) behandelte genau die Beantwortung solch schwieriger Abgrenzungsfragen. Ein geschiedener Ehemann hatte von seinem Vater ein Transportunternehmen geerbt, welches in Form einer GmbH geführt wurde. In dieser GmbH befand sich als Betriebsvermögen eine Liegenschaft. Aufgrund wirtschaftlichen Überlegens wurde die Rechtsform der Gesellschaft verändert. Der geschiedene Ehemann wandelte die GmbH in ein Einzelunternehmen um und widmete die Liegenschaft seinem Privatvermögen. Das Grundstück diente jedoch weiterhin betrieblichen Zwecken.

Auf der Liegenschaft befand sich zu allem Überfluss außerdem ein Gebäude (Superädifikat), welches sich im Alleineigentum der geschiedenen Ehefrau befand. Während aufrechter Ehe hatte sie das Gebäude wiederum an das Unternehmen ihres ehemaligen Ehemanns vermietet.

Eine differenzierte Entscheidung

Die Gerichte mussten nun beurteilen, wie die Liegenschaft und das darauf befindliche Gebäude zu qualifizieren sind, und die Frage beantworten, ob diese Vermögensgüter zwischen den ehemaligen Eheleuten aufzuteilen oder von der Aufteilung auszunehmen sind. Der Oberste Gerichtshof folgte den Entscheidungen der unteren Instanzen und entschied, dass die Liegenschaft aufgrund der Tatsache, dass sie nach wie vor betrieblichen Zwecken diente, nicht als eheliche Ersparnis anzusehen ist. Die Liegenschaft war daher nicht in die Aufteilung miteinzubeziehen.

Anders verhielt es sich jedoch mit dem Gebäude, welches auf der Liegenschaft errichtet worden war und im Alleineigentum der geschiedenen Ehefrau stand. Der Ankauf des Gebäudes mit ehelichen Ersparnissen erfolgte als Wertanlage. Die Einbeziehung in das Unternehmen wurde nicht bezweckt. Zwar vermietete die geschiedene Ehefrau das Gebäude an die Gesellschaft des geschiedenen Ehegatten, jedoch wurde die bloße Vermietung nicht als unternehmerische Tätigkeit gewertet. Entscheidend ist nämlich immer die Widmung durch den Eigentümer selbst. Das Gebäude war daher in die Aufteilung miteinzubeziehen.

Frage der Widmung

Die Entscheidung veranschaulicht, wie differenziert die österreichischen Gerichte die Frage beurteilen, wann ein Vermögen zu einem Unternehmen gehört und daher von der Aufteilung ausgenommen wird und wann es im Zuge einer Scheidung doch zu einer Teilung von solchen Vermögensgegenständen kommen soll, zu deren Anschaffung letztlich beide beigetragen haben. Insbesondere wird deutlich, dass es stets auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise ankommt und maßgeblich ist, ob eine Sache für das Unternehmen gewidmet ist.

Das Gesetz schafft also insgesamt einen Rahmen, innerhalb dessen die Rechtsprechung eine dem Grundsatz der Billigkeit entsprechende Lösung finden soll, jedoch sind solche Entscheidungen für die Parteien oftmals nicht vorhersehbar. Die Entscheidung veranschaulicht aber auch die Komplexität der Aufgabe, der Gerichte gegenüberstehen, um jeweils eine faire Einzelfallentscheidung zu treffen, die den vielfältigen Lebenswirklichkeiten der Praxis Rechnung trägt. (Julia Andras, 10.2.2023)