Die Wahlen als solche sind nicht allzu spannend, denn sowohl in der Lombardei als auch in Latium mit der Hauptstadt Rom steht der Sieg der Rechtskandidaten so gut wie fest. Die Lombardei, wo die beiden Mailänder Rechtspopulisten Silvio Berlusconi (Forza Italia) und Matteo Salvini (Lega) ihre Hochburgen haben, ist traditionell ein steiniger Boden für die Linke – die Region wird seit 30 Jahren ununterbrochen von Rechtskoalitionen regiert.

Italiens Dreigestirn – Giorgia Meloni, Silvio Berlusconi, Matteo Salvini (v. re.) – stellt sich der ersten Testwahl.
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In Latium, wo derzeit noch eine Koalition aus Linken und der Fünf-Sterne-Bewegung am Ruder ist, wären die Aussichten grundsätzlich besser – aber hier leisten sich der sozialdemokratische PD und die "Grillini" den gleichen Luxus, der sie schon bei den Parlamentswahlen vom 25. September den Sieg gekostet hatte: Sie treten getrennt an.

Zwischenzeugnis nach drei Monaten

Dennoch werden die Regionalwahlen über die Lombardei und Latium hinaus mit Spannung erwartet. Denn sie sind für Giorgia Meloni und ihre postfaschistischen Fratelli d'Italia der erste große Popularitätstest – etwas mehr als drei Monate nach dem Sieg der Rechtskoalition im Herbst.

In der wirtschaftlich starken Lombardei wohnen zehn Millionen Italienerinnen und Italiener, in der Hauptstadtregion knapp sechs Millionen. Damit werden am Sonntag und Montag mehr als ein Viertel der Stimmberechtigten Italiens der neuen Regierung ein erstes Zwischenzeugnis ausstellen – eine durchaus aufschlussreiche Wahl also. Umfragen sind in Italien in den letzten zwei Wochen vor der Wahl nicht mehr erlaubt, was die Spannung erhöht. Bei den letzten Erhebungen im Jänner lag Melonis Popularität bei über 50 Prozent, ihre Fratelli d'Italia lagen bei 30 Prozent.

Spannend wird auch sein, wie die Resultate der einzelnen Komponenten von Melonis Regierungskoalition ausfallen werden. Bei den Parlamentswahlen hatten die Fratelli d'Italia Salvinis Lega und Berlusconis Forza Italia förmlich überrollt: Mit 26 Prozent erhielt Melonis Partei mehr Stimmen als die Forza Italia und die Lega zusammengenommen. Sollten die beiden Mailänder Platzhirsche von den Fratelli d'Italia nun auch bei ihrem Heimspiel in der Lombardei an die Wand gespielt werden, wäre das dem Koalitionsfrieden womöglich nicht zuträglich.

Geheuchelte Freundschaft

Und so wiegeln alle präventiv ab und demonstrieren Harmonie. "Matteo ist bravissimo, Giorgia ist nett und superkompetent", erklärte Berlusconi bei einer gemeinsamen Wahlveranstaltung in Mailand. Salvini wiederum säuselte, Meloni und Berlusconi seien nicht einfach Regierungspartner: "Silvio, Giorgia und ich sind Freunde." Wahr ist zwar das Gegenteil – aber unter der eisernen Führung von Ministerpräsidentin Meloni ist die Koalition trotz der politischen Unterschiede, der persönlichen Animositäten und des internen Wettbewerbs bisher kompakt geblieben.

Dabei hilft ihr auch die Opposition, die ein erbärmliches Bild abgibt: Der PD befindet sich im Hinblick auf die bevorstehende Wahl des Nachfolgers von Enrico Letta als Parteichef seit Monaten auf einem lähmenden Selbstfindungstrip, die opportunistischen Fünf Sterne, die noch vor wenigen Jahren mit der rechten und fremdenfeindlichen Lega Salvinis regiert haben, wollen nun unter Ex-Premier Giuseppe Conte plötzlich die einzig wahre linke Partei in Italien sein und den PD überflüssig machen.

Meloni kann kann deshalb getrost verkünden, dass die Regierung eine langfristige Strategie habe. "Unser Horizont ist die Legislatur", betonte Meloni in Mailand. Das sind noch gut viereinhalb Jahre. (Dominik Straub, 11.2.2023)