Ein Wiener Forschungsteam hat Prozesse entdeckt, die zum Erfolg einer Stammzelltransplantation und zur Verbesserung der Leukämie-Therapie beitragen können.

Foto: MedUni Wien

Forscherinnen und Forscher der MedUni Wien und des CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist ein Durchbruch bei Stammzellentransplantationen im Rahmen von Therapien für Leukämie-Patienten gelungen. Das gab die MedUni am Donnerstag bekannt. Dafür analysierten die Fachleute Immunzellen im Blut und der Haut von Empfängern und Empfängerinnen transplantierter Stammzellen.

Gespendete blutbildende Zellen

Bei Stammzelltransplantationen, die unter anderem bei einer Leukämie zum Einsatz kommen, wird das blutbildende System von Patienten und Patientinnen eliminiert und durch blutbildende Zellen von Spenderinnen und Spendern ersetzt. Auch wenn die Zahl der dabei auftretenden Komplikationen dank des medizinischen Fortschritts immer mehr sinkt, sind die genauen Mechanismen zur Wiederherstellung des Immunsystems bei den Betroffenen noch nicht endgültig geklärt. Die Studienergebnisse wurden aktuell im Fachjournal "Clinical Immunology" publiziert.

In der Studie stießen die Wissenschafterinnen und Wissenschafter auf Prozesse, die an der Wiederherstellung des Gleichgewichts der T-Zellen im Immunsystem beteiligt sind. Gerade diese Balance zwischen den Immunzellen im menschlichen Körper ist besonders wichtig für Stammzellen-Transplantation.

"Insbesondere die Histon-Deacetylasen (HDACs) genannten Enzyme erwiesen sich dabei als wesentliche Akteure. Die medikamentöse Hemmung der HDACs wird in der Krebstherapie bereits erfolgreich zu Bekämpfung von Krebszellen eingesetzt", berichtet das Team der MedUni. Nach diesem Vorbild führten die Forschenden Experimente mit Zellen von Patienten und Patientinnen durch. "Wie sich in isolierten Zellen nach Transplantation zeigte, konnte auf diese Weise das Ungleichgewicht der T-Zellen moduliert werden", erläuterten Ram Vinay Pandey und Johanna Strobl von der Universitätsklinik für Dermatologie der MedUni Wien.

Schnelle Regeneration

Im Rahmen der Studie gewannen die Forschenden weitere Erkenntnisse über die Spender-gegen-Empfänger-Reaktion (Graft-Versus-Host-Disease, GVHD) nach einer Transplantation. So ergaben die Analysen der Immunzellen in Blut und Haut eine schnelle Regeneration von Immunzellen, die von Bedeutung für die Spender-gegen-Empfänger-Reaktion sind (Effektor-T-Zellen), während das Auftreten von "schützenden" regulatorischen T-Zellen verzögert war.

Zudem zeigte die gleichzeitige Untersuchung des Transkriptoms, also all jener Gene, die aktiv von der DNA abgelesen werden, und des Epigenoms, der "Ablesebereitschaft" einzelner Gene, starke Unterschiede zwischen Haut- und Blut-Zellen. Diese Dysbalance zwischen Körpergeweben sowie regulatorischen und nicht-regulatorischen Zelltypen könnte Komplikationen wie die GVHD begünstigen, schreiben die Forscher.

Bessere Therapieergebnisse

"Die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation wird bei Patienten und Patientinnen mit schweren Erkrankungen des blutbildenden Systems (z. B. akute Leukämie) als Therapie eingesetzt", hieß es. Nach dem Ersatz des erkrankten Systems durch gesunde blutbildende Zellen von Spendern und Spenderinnen kommt es bei rund 40 Prozent zu einer GVHD, die am häufigsten an der Haut auftritt.

"Mit dem möglichen Potenzial von HDAC-Inhibitoren nach einer Stammzellentransplantation haben wir einen Ansatz entdeckt, um zu speziellen Zeitpunkten nach Stammzellentransplantationen die Epigenetik von T-Zellen zu beeinflussen und die Sicherheit der Therapie zu erhöhen", sagt Georg Stary. Die Ergebnisse sollen im nächsten Schritt in klinischen Untersuchungen überprüft werden. "Unsere Studie unterstreicht die Bedeutung epigenetischer Regulatoren bei der Wiederherstellung des Immunsystems und zeigt neue therapeutische Möglichkeiten zur Erreichung des T-Zell-Gleichgewichts nach einer Stammzelltransplantation." (APA, red, 9.2.2023)