Stockenboi ist ein ruhiger Ort am Weißensee mit rund 1500 Einwohnerinnen und Einwohnern. Im Winter kommen nicht viele Gäste. Ein paar, die Ski fahren, ein paar, die im See eistauchen. Und doch herrscht auf einmal eine Aufregung in dem kleinen Ort. Denn die "New York Times" berichtete unlängst über die Nazi-Bienen in Kärnten. Und über Sandro Huter, der mitten im Ort wohnt und gegen die Nazi-Bienen sogar vor Gericht zieht.

Sandro Huter ist Präsident des Landesverbandes für zukunfts- und erwerbsorientierte Imkerei in Kärnten, Nebenerwerbsimker mit inzwischen rund 150 Bienenvölkern und Förster. Eigentlich stammt er aus Tirol, besuchte in der Steiermark die Försterschule und kam erst 2013 nach Kärnten. Nun arbeitet er für den größten privaten Kärntner Forstbetrieb. In diesem stehen auch seine Bienenvölker, für die er bis zum Verwaltungsgericht ging. Sandro Huter ist also streitbar. Doch in Stockenboi, wo seit vielen Jahren Hans Jörg Kerschbaumer (FPÖ) Bürgermeister ist, hält man viel auf den "Zuagroasten" – er habe sich gut integriert, sagt man, und man versteht hier seine Agenda.

Anzeige vom Nachbarn

An seinem Küchentisch sitzend, die Unterlagen vor sich ausgebreitet, hebt er an, über Bienen zu referieren, Zuchten, Rassen – und damit ist er auch bald beim NSDAP-Reichskörmeister Gottfried Götze. Es ist eine komplizierte Materie, die Huter erklären will, und sie wird mit jedem Satz weniger durchschaubar.

Im Gegensatz zu seinen Bienen ist der Imker Sandro Huter recht angriffslustig, vor allem, wenn es um die Verteidigung der Insekten geht.

Angefangen hat der Streit um die Bienen 2018. "Da hat in der ersten Septemberwoche bei mir eine Kontrolle stattgefunden, weil es die Vermutung gab, dass ich Bienen halte, die keine Carnica sind." Grund für die Untersuchung dürfte eine Anzeige eines Nachbarn gewesen sein. Der Grund dafür, dass in Kärnten nur Bienen der Rasse Carnica gezüchtet werden dürfen, geht auf Gottfried Götze zurück. Er wollte, glaubt man Sandro Huter, so etwas wie eine Reichsbiene im deutschen Raum etablieren. Widerstandsfähig sollte sie sein. Und vor allem: optisch leicht als heimische Biene erkennbar.

"Im Kärntner Bienenwirtschaftsgesetz stand in der Fassung von 1957, dass die Kärntner Biene geschützt ist", sagt Huter. Das Gesetz galt bis 2007. Ab dann war nicht mehr die Kärntner Carnica, sondern nur mehr "die autochthone Rasse Carnica geschützt", erklärt Huter. "Nach dem EU-Beitritt wäre etwas anderes auch gar nicht möglich gewesen." Doch bis 2019 sei bei Kontrollen immer noch das alte Gesetz umgesetzt worden – und die Kontrolle erfolgte rein optisch.

Das Problem für Huter: Seine Bienen sind nicht grau, wie das Götze wünschte, sondern haben eine lederbraune Panzerfärbung. Doch Huter ist der Überzeugung, dass seine Bienen friedliebender sind, mehr Ertrag bringen, widerstandsfähig sind und der ursprünglich aus dem Balkan stammenden Carnica ähnlicher sehen als die seit der Nazizeit nach äußerlichen Gesichtspunkten umgezüchteten Bienen.

Nach der ersten Anzeige bekam er von der Behörde einen Strafbescheid und den Auftrag, die Königinnen in den Stöcken auszutauschen und zu töten. "Das habe ich beeinsprucht", sagt er heute noch sehr energisch. "Das Gerichtsverfahren hat elf Stunden gedauert, ich habe 88 Beweismittel vorgelegt, die Frau Sachverständige nur eine Handvoll." Doch das Landesverwaltungsgericht hat die Beschwerde abgewiesen. Huter ist auf eigenes Risiko vor das Verwaltungsgericht gegangen und hat endlich recht bekommen.

Farbe kein Kriterium

Die Bestimmung der Sachverständigen, in 50 Minuten 50 Stöcke nur durch Beobachtungen am Flugloch zu beurteilen, war ungültig und hätte unter Laborbedingungen stattfinden müssen. "Nach dem aktuellen Gesetz gibt es keine Einschränkung auf eine heimische Carnica mehr, und bei der Carnica gibt es keine Einschränkung auf die Farbgebung", fasst Huter die entscheidenden Punkte des Urteils zusammen. Doch damit hatte er ein neues Problem.

Die Sachverständige nämlich. Wenige Monate nach dem Freispruch kam das Land Kärnten von sich aus, um Huters Bienenvölker zu untersuchen. Diesmal mit anderen Methoden. Sie entnahmen 50 junge Bienen, töteten sie und untersuchten sie nach vier Merkmalen im Labor. Eine DNA-Analyse sei laut Huter nicht möglich, weil es keine Referenzwerte gebe.

"2021 habe ich wieder einen Strafbescheid bekommen, in dem steht, dass meine Bienen nicht dem Merkmalsbild einer österreichischen Carnica entsprechen, obwohl der Verwaltungsgerichtshof gesagt hat, dass es keine österreichische Carnica sein muss", erklärt Huter. Und er sagt: "Ich glaube, sie wollen mich mundtot machen. Sogar meinen Arbeitgeber sind sie angegangen, weil auf dessen Grund meine Bienenstöcke stehen."

Ein Problem sieht Huter darin, dass der überwiegende Teil der Sachverständigen selbst Carnica-Züchter sind und ihre Königinnen verkaufen. Nun hofft er vor der Landtagswahl auf ein Einlenken der Politik, Bienen nicht mehr nach optischen Gesichtspunkten zu beurteilen. "Die Reinzucht-Carnica gibt es ohnedies nicht mehr, weil zu viel eingekreuzt wurde", sagt er und fordert ein neues Gesetz. (Guido Gluschitsch, 10.2.2023)