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Beim Wiedereinstieg ins Training ist wichtig: mit mäßiger Anstrengung einsteigen und dann das Trainingsausmaß langsam und kontinuierlich steigern.

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Die Winterzeit ist für viele eine etwas ruhigere Zeit. Und auch wenn man sich fest vornimmt, dass man die eigene Trainingsroutine nicht unterbricht, passiert es irgendwie dann doch vielen, dass man nicht so regelmäßig Sport macht, wie man das eigentlich wollte. Kein Wunder, draußen ist es kalt, es wird früh dunkel, man schläft mehr. Und ist man ein paar Wochen weg vom Training, fällt es umso schwerer, wieder hineinzufinden.

Das soll nicht heißen, dass Ruhetage nicht wichtig sind, im Gegenteil. Aber eben Ruhetage, nicht Ruhewochen. Und nein, keine Sorge, das wird kein Text, der schlechtes Gewissen wegen Trainingsunterbrechungen machen soll. Er soll vielmehr ein Plädoyer dafür sein, sich wieder mehr zu bewegen, auch im Alltag. Denn gerade in Bezug auf Muskeln und Ausdauer gilt: Use it or lose it.

Warum ist es überhaupt so wichtig, sich zu bewegen? Regelmäßige Aktivität hilft dem Körper, Sauerstoff und Nährstoffe besser ins Gewebe einzubringen, je weniger man sich bewegt, desto schlechter gelingt das. Außerdem profitiert das gesamte Herz-Kreislauf-System enorm davon. Bereits nach zwölf Tagen ohne Aktivität nimmt etwa die Gesamtmenge an Blut ab, die das Herz pro Minute pumpt, wie eine in "Frontiers in Physiology" erschienene Studie zeigt. Und damit reduziert sich auch die Sauerstoffmenge, die Muskeln und Zellen zur Verfügung steht.

Acht Wochen runter, acht Wochen rauf

Nach zwölf Tagen Fitnesspause wird man als Hobbysportler oder Hobbysportlerin noch keine großen Leistungsunterschiede feststellen – doch der Abbau der kardiovaskulären Leistungsfähigkeit hat schon begonnen. Der Abbau der Kraft dauert etwas länger, er macht sich nach etwa acht Wochen bemerkbar. Das gilt als Faustregel. Das Ausmaß, in dem Menschen Ausdauer und Kraft bei Inaktivität abbauen, hängt von zahlreichen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Genetik, Ernährung und natürlich auch vorherigem Fitnessniveau ab, weiß Robert Csapo, Professor für Trainingswissenschaften an der Uni Wien. Das bestätigen auch zwei Studien: Ältere Erwachsene verlieren deutlich stärker an Fitness als 20- bis 30-Jährige.

Aber kann man abseits all dieser unterschiedlichen Voraussetzungen beantworten, wie lange es dauert, bis man den Fitnessstand von vor der Pause wieder erreicht hat? Zu so einer allgemeingültigen Aussage lässt sich Csapo schwer hinreißen. Aber: "Grosso modo dauert der Fitnessaufbau etwa so lang, wie man pausiert oder weniger getan hat." Das heißt, hat man acht Wochen entspannt, dauert es auch acht Wochen, bis man wieder so leistungsfähig ist wie vor der Pause – vorausgesetzt man fährt wieder ein ähnliches Sportprogramm. Geht man es gemütlicher an, dauert auch der Wiederaufbau von Kraft und Kondition länger. Das zeigen auch Daten von Profifußballern, die nach dem Saisonende in die Trainingspause gehen.

Hilfreiches Muskelgedächtnis

Leichter tut man sich mit dem Sportwiedereinstieg, auch nach einer richtig langen Pause, wenn man früher schon einmal aktiv war. Das hat mit dem sogenannten Muscle Memory Effect zu tun. Csapo erklärt: "Beginnt man zu trainieren, dann wächst die Muskulatur. Die Muskelzellen legen neue Zellkerne an, um die wachsende Zelle noch verwalten zu können. Bei einer Trainingspause schrumpft zwar der Muskel wieder, aber die höhere Zahl an Zellkernen bleibt bestehen." Deshalb kann, wer früher schon einmal regelmäßig trainiert hat, im Verhältnis rasch wieder Muskelmasse aufbauen.

Und auch das Gehirn erinnert sich, etwa an Spiele aus der Kindheit, bei denen man eine gute Körperkoordination gelernt hat. "Auf so einen Erfahrungsschatz an Bewegung kann man wieder zugreifen", betont Csapo. Das zeigt auch klar, wie wichtig möglichst hohe Aktivität und auch regelmäßiger Sportunterricht in Kindheit und Jugend sind: Von dem da Erlernten zehrt man ohne Aufwand ein Leben lang.

Langsam einsteigen und steigern

Egal wie lang nun die Fitnesspause war, ein paar Wochen oder auch mehrere Jahre, für Wiedereinsteiger gilt: langsam anfangen. Und Csapo betont: "Wenn man nicht ganz gesund ist, womöglich schweren Bluthochdruck oder andere internistische Beschwerden hat, wenn es Gelenksprobleme oder Ähnliches gibt, dann bitte vorher Arzt oder Ärztin konsultieren und sich eine Freigabe holen beziehungsweise Informationen, worauf man beim Training achten soll und was es zu vermeiden gilt."

Ist der Einstieg geschafft, heißt es langsam steigern: "Es passiert sehr oft, dass Menschen, die lange nichts getan haben, von null auf 100 gehen, dann steigt das Risiko von Überlastung oder akuten Verletzungen drastisch. Man muss dem Körper Zeit geben, sich wieder an die Belastung zu gewöhnen." Das bedeutet, man erhöht zunächst die Trainingshäufigkeit, erst danach steigert man schrittweise Trainingsumfang und -intensität. Schließlich sollte man auf zwei oder drei Ausdauereinheiten, zwei Krafttrainings und zumindest zwei Ruhetage pro Woche kommen.

Was den Zeitrahmen anbelangt, sind die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein guter Maßstab, Csapo bezeichnet sie als State of the Art: Man sollte zwischen 150 und 300 Minuten pro Woche in mittlerer Intensität aktiv sein. Alternativ kann man auch 75 bis 150 Minuten mit hoher Intensität trainieren – und idealerweise pendelt man sich auf eine Kombination aus beidem ein.

Weniger ist mehr

Wichtig ist, dass man das Training aufteilt. Es bringt wenig, wenn man einmal am Wochenende eine Bergtour macht und den Rest der Zeit nichts tut. Csapo empfiehlt, das Training gleichmäßig über die Woche zu verteilen, gerne auch in mehrere kurze Einheiten zu splitten, Kraft- und Ausdauereinheiten abzuwechseln und dazwischen auf Pausen zu setzen. Denn: "Der Kraft- und Ausdaueraufbau durch den Trainingsreiz passiert während der Regenerationsphase, nicht in der Belastung."

Gerade mit hochintensivem Training kann man auch in sehr kurzen Intervallen gute Benefits erzielen – das kommt besonders Menschen mit wenig Zeit entgegen. High Intensity Intervall Training (HIIT) erfreut sich schon seit einigen Jahren ungebremst hoher Beliebtheit. Diese Art der Fitnesssteigerung geht zurück auf den japanischen Sportwissenschafter Izumi Tabata. Csapo erklärt: "Der hat seine Studenten gequält, indem er sie 20 Sekunden in Maximalfrequenz auf dem Ergometer hat radeln lassen, dann folgten zehn Sekunden Pause. Das wurde insgesamt achtmal wiederholt. Nach zwölf Wochen Training konnte er eine massive Zunahme der Sauerstoffaufnahmekapazität bei seinen Studierenden feststellen." Wer also wirklich unter Zeitdruck ist, kann so ein HIIT einstreuen – lustig ist es für die allermeisten aber nicht.

Es muss auch nicht unbedingt HIIT sein, aber sowohl Krafttraining als auch Stoßbelastung sind wichtig, vor allem wenn man älter wird. Denn nur mit moderater Bewegung gelingt es wohl nicht, dem alterungsbedingten Muskelschwund entgegenzuwirken. Und Stoßbelastung, etwa durch Laufen, Sprungtraining oder auch bestimmte Formen von Krafttraining, beugt Osteoporose vor, indem sie die Knochendichte steigert.

Sport soll nicht in erster Linie anstrengend sein. Idealerweise fügt er sich als natürlicher Bestandteil in die eigene Lebensgestaltung ein, dient als willkommene Auszeit vom Alltag und hilft, den Kopf freizubekommen. Da kann die richtige Bewegung auch einmal ein ausgiebiger Spaziergang sein.
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Am Ende darf man sich aber nicht dazu verleiten lassen, die Effektivität eines Trainings nur an körperlichen Parametern festzumachen, betont Trainingswissenschafter Csapo: "Wenn ich versuche, in meinen übervollen Terminkalender auch noch das perfekte Training hineinzuquetschen, wird mein Stressniveau nur noch weiter steigen. Und das ist kontraproduktiv, immerhin ist Stress ja der Auslöser für viele Erkrankungen." Und er betont, dass Sport, wenn er Spaß machen soll, eine Auszeit vom hektischen Alltag schaffen muss. Dabei geht es auch um Zeitmanagement: "Wenn jemand die Zeit hat, 60 Stunden pro Woche zu arbeiten, aber es nicht schafft, 2,5 Stunden für Bewegung zu reservieren, dann stimmt irgendetwas in der Lebensplanung nicht ganz."

Bewegungsfreiräume nutzen

Insgesamt ist es gar nicht so schwer, auf die von der WHO empfohlene Bewegungsmenge zu kommen. Natürlich sind Trainingsreize, die Ausdauer und Muskulatur fordern, wichtig, um die Fitness zu steigern. Aber gerade die moderate Belastung gelingt auch im Alltag sehr gut. Man kann etwa Treppen steigen, statt den zu Lift nehmen, statt mit der Straßenbahn zu fahren, geht man ein paar Stationen zu Fuß. Oder man fährt überhaupt mit dem Fahrrad zur Arbeit. Da benötigt man dann keine extra Zeit, sondern ist gerade in der Stadt oft sogar schneller als mit den Öffis. Wer seinen Alltag so gestaltet, wird dadurch zwar nicht marathontauglich fit, aber erhält das eigene Fitnesslevel zumindest aufrecht.

Und es gibt noch eine gute Nachricht: Wer wieder in ein Aufbautraining einsteigt, sieht recht rasch erste Veränderungen. "Das individuelle Wohlbefinden ändert sich unmittelbar, und auch internistische Parameter wie Blutfette und Blutdruck werden schnell besser. Man hat also von Tag eins an Benefits." Äußerlich sichtbare Veränderungen dauern etwas länger, aber nach drei bis vier Wochen sieht man auch schon körperliche Adaptionen, mehr Muskelmasse formt den Körper von innen und macht ihn straffer. Insgesamt ist Training aber ein kontinuierlicher Veränderungsprozess, den man wohl besser erkennt, wenn man nicht täglich Vergleiche zieht, sondern das Potenzial mit ein paar Wochen dazwischen vergleicht. Etwa: Wie lange habe ich in der ersten Woche für fünf Kilometer Laufen gebraucht, und wie ist die Zeit in Woche sieben?

Und Training ist auch eine Einstellungssache. Idealerweise fügt es sich als natürlicher Bestandteil in die eigene Lebensgestaltung ein, dient als willkommene Auszeit vom Alltag und hilft, den Kopf freizubekommen. Hat man diesen Zustand erreicht – und das gelingt auch über ausgiebige Spaziergänge –, ist der wichtigste Erfolg bereits erzielt. (Pia Kruckenhauser, 11.2.2023)