Wiedersehen macht Freude: Riker und Picard am runden Tisch. Die letzte Staffel startet am 16. Februar auf Amazon Prime.

Foto: Amazon Prime / Paramount

This is the end my friend", flüstert Will Riker, die ehemalige Nummer eins, seinem Ex-Chef Jean-Luc Picard zu. In der dritten und letzten Staffel von Star Trek: Picard darf sich eine der beliebtesten Science-Fiction-Familien aller Zeiten zum Abschied noch einmal auf der Brücke eines Raumschiffs zusammenfinden, nachdem man zwischen 1987 und 1994 das All erfolgreich bereist hatte, um fremde Welten, unbekannte Lebensformen und neue Zivilisationen zu entdecken.

Vor (den Bug) Schuss Lorbeeren

So richtig auf die dritte Staffel von Star Trek: Picard freuen dürften sich nicht viele. Nachdem in den ersten zwanzig Folgen viel versprochen, aber nur wenig gehalten, und viel konstruiert, aber nur wenig gebaut wurde, lehnt man sich als Fan nur semi-entspannt in das Sofa, wenn die berühmte Titelmelodie den Anfang vom Ende der Serie verkündet.

Die neuen Folgen sind ab 16. Februar in den USA abrufbar, ab 17. auf Paramount+ und Amazon Prime. Dass man mit dem Wiedersehen der Mannschaft der alten Serie die Nostalgiekeule heftig schwingen würde, verriet schon der letzte Trailer. Aber würde man auch inhaltlich mehr Mut beweisen als zuletzt?

KinoCheck Heimkino

Die Antwort ist Ja. Das hat vor allem damit zu tun, dass das bisher für die Serie verantwortliche Team die Show verlassen hat und neue, mit der Materie besser vertraute und emotional verbundenere Menschen ans Ruder gelassen wurden. Diese ziehen mit Staffel drei einen deutlichen Schlussstrich unter die bisherigen Folgen, und bis auf wenige Personen wurde auch die Besetzung komplett erneuert. Ein Großteil davon wird vielen Fans da draußen bekannt vorkommen, handelt es sich dabei doch vor allem um die alte Crew der Next Generation.

Diese findet sich mit mehr oder weniger sinnvollen Hintergrundgeschichten bald rund um Picard ein. Die wohl schicksalhafteste Begegnung erwartet den Captain mit Doktor Beverly Crusher, die er nach zwanzig Jahren wieder trifft. Der Ex-Schwarm von Picard ist mittlerweile nicht nur als Ärztin tätig, die weniger gut versorgten Zivilisationen medizinisch beisteht, sie hat auch einen mit vielen Geheimnissen umwobenen Begleiter an ihrer Seite. Dieser wird gleich zu Beginn von Kopfgeldjägern in einem furchteinflößenden Raumschiff gejagt, doch entwickelt sich dieser Handlungsstrang schnell zu mehr und wird überraschend zu einem der roten Fäden, der die zehn Folgen zusammenhält.

Schmerzende Knie

Solch ein roter Faden wäre in der alten Serie wohl als Doppelfolge abgefrühstückt worden. Heute erzählt man solche Geschichten anders. Wurden früher in Star Trek in einzelnen Episoden realgesellschaftliche Probleme thematisiert, etwa die Gefahr von künstlicher Intelligenz, Rassismus, Kriegen, Manipulation der Massen und religiöser Verblendung, strickt man 2023 mit weniger heißen Nadeln. Es geht ums Älterwerden, darum, wie man sein Leben gelebt hat, und um das Vertrauen anderen Lebewesen gegenüber. In vielen Momenten fühlt man sich an den Abschied von Kirk und Pille erinnert, als diese in den letzten Kinofilmen sich selbst immer wieder als "Auslaufmodell" bezeichneten. Ganz so charmant sind Picard und Riker zueinander zwar nicht, dennoch versuchen sie mit Klagen über kaputte Knie oder dem Erläutern der Nachteile der oberen Etage eines Stockbetts ab einem gewissen Alter dem Zuseher ein Schmunzeln zu entlocken – und das gelingt.

Neben sehr spannend und interessant erzählten Neuankömmlingen wirkt so mancher Gastauftritt eines Oldies ein wenig erzwungen, und man merkt der Story immer wieder an, dass die La Forges und Worfs vor allem für die Zuseher zurück an Bord geholt wurden. Aber das macht nichts. Wiedersehen macht Freude, speziell wenn es sich um solch ursprünglich liebevoll gezeichnete Figuren handelt wie diese.

Fazit

Die Next Generation-Crew darf in der letzten Staffel von Star Trek: Picard noch einmal das Steuer übernehmen und ist dabei nicht nur Beiwerk für konstruierte Storys abseits ihrer Personen oder für unlogische Drehbuch-Herzrhythmusstörungen. Die letzte Staffel bringt tatsächlich das auf den Bildschirm, was das Publikum wohl von Anfang an von dieser Serie erwartet hat. Es geht wieder um Menschen am Ruder eines Raumschiffs, die nachvollziehbar agieren und zueinander stehen, wenn es darauf ankommt. Story-Wendungen, die man nicht ab Folge eins schon vorhersehen kann oder nie vorhersehen wollte. Ein letztes Mal darf Picard noch ein Science-Fiction-Abenteuer führen, das dem Zuseher nicht sagt, was es denken soll, sondern selbst ein wenig zum Denken anregt.

Nicht falsch verstehen, die Serie ist nicht fehlerlos. Einige Folgen wirken in die Länge gezogen, nicht alle Entscheidungen sind nachvollziehbar, und erzähltechnisch ist man in anderen Genres auch schon wesentlich weiter. Nach den vielen Enttäuschungen in diesem Universum ist Star Trek: Picard aber tatsächlich am Ende doch noch auf Kurs in Richtung gute Unterhaltung geschwenkt. 36 Jahre nach der Erstausstrahlung von Das nächste Jahrhundert will man als auf der Couch sitzender Fan Rikers Grinsen deshalb seufzend zustimmen, als ihn Picard fragt: "Genießt du das etwa?" Ja, Admiral, tun wir. (Alexander Amon, 11.2.2023)