Der Influencer Michael Buchinger besucht heuer erstmals den Opernball.
Foto: Michael Buchinger

In der Vergangenheit hat Michael Buchinger immer wieder Red-Carpet-Outfits kommentiert. Deshalb haben wir ihn gebeten, einige Opernball-Auftritte der letzten Jahre zu bewerten. Wie passend, dass der Influencer heuer selbst zum ersten Mal den Ball der Bälle besucht. "Meine Erwartungshaltung ist niedrig", grinst er. Auch weil er sich als Mann beim Besuch des Opernballs in seiner Kreativität "etwas eingeschränkt" fühle.

Doch Buchingers Outfit, das steht: Der Frack ist gemietet, Lackslipper, Fliege, Manschettenknöpfe gekauft. Durch seine Teilnahme am TV-Format "Dancing Stars" sei er mit Fräcken vertraut, sogar die Unterschiede zwischen Tanzfrack und "richtigem" Frack kennt er. Beste Voraussetzung für eine Runde Opernball-Outfits!

Gery Keszler, 2005

STANDARD: Erkennen Sie ihn?

Buchinger: Wow, so sah Gery Keszler mal aus! Er wirkt wie Ronald McDonald in seiner Punk-Phase. Die Übergangsphase für so eine Frisur stelle ich mir schwierig vor. Aber das ist ein Look, das ist markant, nur für mich wäre das nichts.

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Tom Neuwirth, 2019

STANDARD: Was sagen Sie zu Tom Neuwirts Latexkleid?

Buchinger: Wenn ich das sehe, werde ich sauer. Warum darf ich das nicht anziehen? Ich wusste nicht, dass ich mit Genderrollen spielen darf. Dank Conchitas Glatze hat der Auftritt was von einem Penis oder einem Nacktmolch. Und darunter sammelt sich sicher der Schweiß. Jedenfalls super, dass dieses Outfit dem Dresscode entspricht, vielleicht kann ich ja noch umdisponieren. Ein bisschen Zeit habe ich noch.

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Lotte Tobisch und Dame Edna, 1996

STANDARD: So hat sich Ballorganisatorin Lotte Tobisch 1996 von ihrem Job verabschiedet ...

Buchinger: Wahnsinn! Warum hat sie sich denn nicht etwas anderes angezogen?

STANDARD: Gefällt Ihnen das Outfit nicht?

Buchinger: Doch, doch. Aber der Überwurf hat die Vibes eines Morgenmantels, den man sich überwirft, wenn der Postler klingelt und man noch nicht ganz fertig ist. Grundsätzlich aber finde ich den Auftritt schön. Er hat was von "Ich komme mit einer Zigarette in der Hand aus dem Boudoir heraus und überlege, wie ich einen liederlichen Tag verbringen kann".

STANDARD: Und Dame Edna?

Buchinger: Die goldenen Elemente gefallen mir gut, die hören halt in der Mitte einfach auf. Das Outfit endet in einem schwarzen Sack. Aber wer weiß, vielleicht ist ihnen wie bei "Project Runway" Zeit oder Geld ausgegangen.

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Opernball-Organisatorin Desirée Treichl-Stürgkh und Hilary Swank, 2013

STANDARD: Das Kleid von Vivienne Westwood ist schön, oder? Daneben steht Hilary Swank in Elie Saab.

Buchinger: Bei Hilary Swank sehe ich nicht so recht, wo der Körper endet und das Kleid beginnt. Aber die beiden sehen natürlich sehr gut aus, so als seien sie aus einem Gemälde rausgesprungen. Ich frage mich, ob Frau Treichl-Stürgkh unter dem Kleid wohl Platz für Taschen zum Einstecken von Snacks hat. Das wäre extrem praktisch.

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Jeannine Schiller, 2005

STANDARD: Frau Schiller im Korsett!

Buchinger: Sie ist meine absolute Freundin: Ich habe mir zuletzt ihre Auftritte bei "Dancing Stars" angesehen, daraufhin war ich beruhigt: Das schaffe ich auch. Mit ihrem Outfit lässt sie wenig der Fantasie übrig. Aber ich schätze, dass sie immer einen großen Auftritt hinlegt. So bleibt man in Erinnerung.

STANDARD: Das Korsett erinnert an jene Teile, die in den Modeschulen zu Übungszwecken genäht werden ...

Buchinger: Stimmt. Note? Drei. Glänzende Stoffe gefallen mir leider nicht, das hat was von einem billigen Schlafzimmervorhang oder einer sexy Bettwäsche. Beige und Grün mag ich leider auch nicht. Gut hingegen finde ich, dass mit Tüchern gearbeitet wird, das überlege ich mir auch. Ist ja nicht verboten, als Mann beim Opernball ein Tuch zu tragen, ich kann mir da die verschiedensten Körperstellen vorstellen. Ich merke schon, diese Bilder werden noch mein persönliches Moodboard.

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Alexander Van der Bellen und Doris Schmidauer, 2020

STANDARD: Doris Schmidauer in Femme Maison und ihr Mann mit einer Schärpe, die nur ausgewählte Politiker tragen dürfen ...

Buchinger: Sehr gut! Wenn ich auf dem Opernball Menschen mit Schärpe sehe, weiß ich also, dass sie sich nicht den Arm gebrochen haben. Rote Kleider find ich schwierig, auch wenn Frau Schmidinger die Farbe vom Lippenstift bis zum Fingernagel durchzieht. Grundsätzlich guter Schnitt, der ihr steht. Ich liebe aber vor allem ihren Gesichtsausdruck. Dieses zuckersüße Lächeln hat was von "unser erster Ball mit 16". Er könnte sich modisch ruhig ein bissel mehr erlauben.

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Michael Häupl und Barbara Hörnlein, 2014

STANDARD: Wer trägt denn die Schärpe besser? Van der Bellen oder Häupl?

Buchinger: Van der Bellen, weil die Schärpe schöner liegt. Aber mir sticht etwas anderes ins Auge: Auf "Thumbs Up" auf dem Roten Teppich würde ich verzichten.

STANDARD: Was werden Sie tun?

Buchinger: Ich werde wie Paris Hilton in den frühen 2000ern den Schulterblick üben. Frau Hörnleins Kleid und diese Spielereien am Ausschnitt mag ich übrigens.

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Helmut Zilk und Dagmar Koller, 2004

STANDARD: Ein schönes Paar, oder?

Buchinger: Ich liebe Dagmar Koller und kann nichts Negatives über sie sagen. Sie hat sich wirklich herausgeputzt. Das Outfit ist wandelbar und funkelt wie eine Discokugel. Aber warum trägt Frau Koller am Hinterkopf ein Haarnetz? Die Tasche sieht ein bisschen nach dem Samtbeutel aus, in dem meine Bestellungen aus dem Sexshop geliefert werden. Von den Accessoires ist's mir ein wenig zu viel, aber wir haben ja das Jahr 2004.

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DJ Ötzi alias Gerry Friedle und Sonja Friedle, 2019

STANDARD: DJ Ötzi mit Strickmütze!

Buchinger: Ich erinnere mich, dass die Mütze kontrovers diskutiert wurde. Ich glaube, das ist sein Stilmittel, etwas, was man ihm nicht nehmen kann. Das ist so wie früher die rote Baskenmütze von Stefanie Sargnagel. Ich finde okay, wenn man einem Mann modischen Spielraum lässt. Ich habe schon mit dem Gedanken gespielt, zu flippigen Socken oder einem verrückten Stecktuch zu greifen. Die Pose sagt: Ich bin auf Angriff gebürstet. Seine Frau müssten wir mal fragen, ob sie echten Pelz getragen hat.

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Larry Hagman und Ruby Rubacuori aka Karima el Mahroug, (bekannt aus der Bunga-Bunga-Affäre von Berlusconi), 2011

STANDARD: Apropos Pelz, 2011 offenbar noch Red-Carpet-tauglich. Und Hüte tauchten auf dem Opernball häufiger auf.

Buchinger: Larry Hagman kennen wir aus "Dallas". Da verstehe ich, dass er zu seinem weißen Hut greift. Ohne den hätte man ihn wahrscheinlich nicht erkannt und einfach nur "alter weißer Mann" gedacht. Rubys (echter?) Pelz sieht wie ein Muff aus, bei dessen Anblick ich mich frage, was sie zu verbergen hat. Vielleicht brauchte sie ein Bärenfell für die kühlen Stühle beim Herumsitzen. Das Kleid? Sieht nicht schlecht aus, reflektiert im Blitzlicht aber offenbar wie eine dieser Westen, die man bei einer Autopanne anzieht. Die Gäste sind überhaupt ein spannendes Thema. Heuer soll "Sex and the City"-Darsteller Chris Noth, der mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert ist, zum Opernball kommen. Ich weiß nicht, wer den mitbringt und warum.

STANDARD: Dafür kommt Jane Fonda!

Buchinger: Stimmt, sie ist ihrer Filmrolle in "9 to 5" treu geblieben. Wenn das Geld stimmt, ist sie da. Ich freu mich für sie.

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Karoline Edtstadler, 2019

STANDARD: Zurück zum heimischen Polit-Personal.

Buchinger: Fashionistas finde ich grundsätzlich super. Das ist so ein Kleid, das viele heuer auch am Opernball tragen werden. Edtstadler hat sich nicht wirklich aus der Komfortzone gewagt, aber die Farbe steht ihr. Solide sieben von zehn Punkten.

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Bianca Jagger, 2008

STANDARD: Kann Bianca Jagger alles tragen?

Buchinger: Schwierig, dieses Sofamuster. Solche Schlapfen trägt meine Mutter, wenn sie frühmorgens aus dem Haus taumelt, um die Post zu holen. Der Look ist mir zu cozy, sie geht wie eine Krabbe über den roten Teppich. Aber wer weiß, vielleicht ist sie hier schon am Absprung. Ihre Körperhaltung sagt nicht, dass sie sich sonderlich wohlfühlt.

Foto: imago images/Eventpress

Susanne Widl, 1980

STANDARD: Dieses Outfit sorgte 1980 für Diskussionen ...

Buchinger: Ich finde den Auftritt zeitlos, ikonisch und super. Toll auch, wie mit den Haaren gearbeitet wurde. Ich mag den Bruch, das Spiel mit den Geschlechterrollen. Vielleicht sollte ich diesen Look imitieren!

(Anne Feldkamp, 15.2.2023)


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Foto: Archiv Café Korb