Rumen Radev gilt als Kreml-Freund.

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Der bulgarische Präsident Rumen Radev gilt schon lange als Kreml-Freund. Nun widersetzt er sich Sanktionen gegen russischen Treibstoff für Atomkraftwerke und lehnt weitere Waffen-Hilfe für die Ukraine ab. Beim EU-Gipfel vergangene Woche kündigte er an, dass Bulgarien ein Veto gegen bestimmte restriktive Maßnahmen gegen Russland wegen dessen Angriffskriegs gegen die Ukraine einlegen werde.

Ganz konkret nannte er zwei Reaktoren im Kraftwerk Kosloduj in Bulgarien, das 1974 gebaut wurde und die weiterhin nach sowjetischem Vorbild arbeiten. Radev meinte, eine Änderung des Brennstofftransfers könnte für diese Reaktoren problematisch sein. Es sei zudem "höchste Zeit" zu diskutieren, wie der Krieg in der Ukraine beendet werden könne.

Radev ist de facto seit zwei Jahren der mächtigste Mann in Bulgarien, obwohl laut der Verfassung eigentlich der Regierungschef und nicht der Staatschef diese Verantwortung inne haben sollte. Doch weil das bulgarische Parlament nicht – oder nur für einige Monate – in der Lage ist, Mehrheiten für eine Koalition zu schmieden, sind seit mehr als zwei Jahren Übergangskabinette an der Macht, die de facto unter Radevs Kommando stehen.

Keine Waffen in die Ukraine

Radev sagte vergangene Woche klipp und klar, dass "die Übergangsregierung guten Gewissens nicht zulassen wird", dass Bulgarien noch einmal zustimmen werde, Waffen in die Ukraine zu schicken. Der Fokus sollte darauf liegen, wie der Krieg ausgesetzt werden könne. Radev hatte schon zuvor davor "gewarnt", dass eine Abkehr von Russland zu wirtschaftlichen Problemen führen und die Energieversorgung schwieriger machen könnte. Unter der derzeitigen Übergangsregierung gab es Erwägungen, die Geschäfte mit der russischen Gazprom wieder aufzunehmen.

Radev wurde von der Sozialistischen Partei, der Nachfolgeorganisation der Kommunistischen Partei, unterstützt. Er wandte sich im vergangenen Jahr gegen den gewählten liberalen und pro-westlichen Premier Kiril Petkov. Am 2. April finden neuerlich vorgezogene Parlamentswahlen statt, nach den Wahlen am 2. Oktober des vergangenen Jahres konnte keine Regierung gebildet werden. Umfragen zufolge liegt die Klientel-Partei GERB von Ex-Premier Bojko Borissov an erster Stelle.

Magnitsky-Akt

Wegen Korruption und der Pro-Kreml-Politik einiger bulgarischer Politiker haben die USA und Großbritannien am Freitag Sanktionen auferlegt. Grundlage für die US-Sanktionen sind der Global Magnitsky Akt und die Vermögenskontrolle des US-Finanzministeriums. So wurde etwa der ehemalige Finanzminister von Borissov, ERB-Politiker Vladislav Goranov, der Chef der Russophilen Bewegung Nikolaj Malinov, zwei ehemalige Abgeordnete der Sozialistischen Partei und der ehemalige Energieminister und Ex-Direktor des Atomkraftwerks Kosludoj, Alexander Nikolov, sanktioniert.

Malinov soll einen bulgarischen Richter bestochen haben, um ihm zu erlauben, nach Russland zu reisen, während gegen ihn wegen Spionage ermittelt wurde, um vom russischen Präsidenten Wladimir Putin persönlich einen Orden und 2,5 Millionen Rubel entgegenzunehmen.

Merkwürdige Explosionen

Großbritannien stellte den ehemalige Medienmogul und derzeitigen Abgeordneten der Bewegung für Rechte und Freiheiten Delijan Peevski und den ehemaligen Glücksspiel-Tycoon Vasil Boškov unter Sanktionen. "Echte Reformen werden nur stattfinden, wenn es eine Reform im Justizsektor und auch in der Staatsanwaltschaft gibt", sagte der US-Botschafter in Sofia, Hero Mustafa, kürzlich. Zusätzlich zu dem eklatanten Mangel an Rechtsstaatlichkeit in Bulgarien ist für westliche Mächte der Einfluss Russlands in dem EU- und Nato-Staat Grund zur Besorgnis.

Kürzlich sagte der Journalist Kristo Grozev, dass der russische Geheimdienst mit Hilfe von paramilitärischen Gruppen im April 2016 versucht habe, die Regierung in Sofia zu stürzen. Grozev verwies darauf, dass es 2014 und 2015 sechs Explosionen in bulgarischen Lagern und Produktionsstätten für Militärausrüstung gab, bei denen insgesamt 16 Menschen ums Leben kamen. Ähnliche Vorfälle ereigneten sich ungefähr zur gleichen Zeit in Tschechien.

Offenbar ging es darum, Militär-Lieferungen in die Ukraine zu unterbinden. Laut Grozev waren die russischen Agenten, die in Tschechien als Täter ausgemacht wurden, zum Zeitpunkt der Explosionen in Bulgarien. (Adelheid Wölfl, 12.2.2023)