Mit Prognosen aus Abwassermonitoring können sich Spitäler auf steigende Infektionszahlen vorbereiten.

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Wien/Innsbruck – Die Überwachung von Abwässern auf die Konzentration von Sars-CoV-2 gibt den Krankenhäusern bei einer Covid-19-Welle zumindest eine mehr als einwöchige Vorwarnzeit. Für die Intensivstationen ist sie etwa doppelt so lang. Das haben Wissenschafterinnen und Wissenschafter in einer österreichweiten Studie belegen können.

Abwasserbasierte Epidemiologie werde in Österreich seit April 2020 verwendet, um die Entwicklung der Pandemie zu überwachen. "Das erfolgt mit einer ständig wachsenden Anzahl von Kläranlagen. Bis zum August 2022 waren bereits 123 solcher Anlagen beteiligt", schrieben jetzt Wolfgang Rauch vom Arbeitsbereich für Umwelttechnik der Universität Innsbruck und seine Co-Autoren im Journal "Science of The Total Environment". Das decke rund 70 Prozent der österreichischen Bevölkerung ab.

Zu der Arbeit haben an dem österreichischen Projekt der Abwasser-Epidemiologie rund um Covid-19 beteiligte Institutionen und Forschungseinrichtungen aus Wien, Innsbruck, Klagenfurt, Graz und Bregenz beigetragen. Für die Studie wurden die Sars-CoV-2-Konzentrationen in unbehandelten kommunalen Abwässern mit den kurzfristig eintretenden Belagszahlen in den österreichischen Spitälern korreliert.

Bestimmung von Virusvarianten und Immunität

"Der zeitliche Vorlauf der auf Abwässern basierenden Epidemiologie (zu Covid-19, Anm.) zum Belag der Spitäler erlaubt das Erstellen von Prognosemodellen", schrieben die Expertinnen und Experten. Und so sieht die Genauigkeit der Modelle der Umwelttechniker aus: "Die Resultate zeigen ein Vorhersagepotenzial der Virusbelastung im Abwasser bezüglich des Krankenhausbelags, wobei der durchschnittliche Vorlauf für die Auslastung von Normalstationen zwischen 8,6 und 11,6 Tagen beträgt, für die Betten auf Intensivstationen 14,8 bis 17,7 Tage."

Damit, so die Wissenschafter, könnte man in Zukunft die Inanspruchnahme des öffentlichen Gesundheitswesens relativ kurzfristig vorhersagen. Die Genauigkeit wächst mit der flächenmäßigen Verbreitung eines solchen Systems. "Die Ergebnisse zeigten eine Zunahme der Vorhersagegenauigkeit mit der wachsenden Anzahl an Abwasseranlagen, welche überwacht wurden", so die Fachleute. Das System könne aber auch – quasi "lernend" – an das Auftauchen neuer Virusvarianten und die Entwicklung der Immunität in der Bevölkerung durch überstandene Erkrankungen und/oder Impfungen angepasst werden.

Gesundheitsminister will an Abwassermonitoring festhalten

Obwohl mit 30. Juni die letzten Corona-Maßnahmen Geschichte sein werden, hält Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) vorerst am Covid-Abwassermonitoring fest. "Das sind wichtige Wachtürme, um die Corona-Zahlen im Blick zu behalten", sagte Rauch am Montag bei einer Pressekonferenz in der Nationalen Referenzzentrale für Covid-Abwassermonitoring in Innsbruck. Das Monitoring, das sich seit Anfang 2023 aus 48 bundesweiten Kläranlagen bedient, sei bis 2025 ausfinanziert.

Es schlage mit jährlich rund zwei Millionen Euro zu Buche, strich der Minister hervor. Diese Ausgaben seien auch mit Pandemieende gerechtfertigt: "Es ist und bleibt für uns ein wichtiges Sicherheitsnetz." Vor Beginn des Jahres hatte man noch auf 24 Kläranlagen zurückgegriffen. Grenzwerte für eine etwaige Wiederaufnahme von Corona-Maßnahmen wird es laut Rauch nicht geben: "Wir wollen aber wissen, welche Entwicklung im Gange ist und ob es neuen Virenvarianten gibt."

Das betonte auch Herbert Oberacher, wissenschaftlicher Leiter des Projektes am Institut für Gerichtliche Medizin der Medizin-Uni Innsbruck. "Wir sehen uns in unseren Laboren die Gesamtbelastung genauso an wie die Mutationen und Veränderungen", sagte er. Die daraus resultierenden Ergebnisse und Berichte würden dann schließlich an Corona-Kommissionen weitergegeben und werden weiterhin auf Länder- und Bundesebene auf Dashboards sichtbar gemacht, erklärte Oberacher. (APA, red, 13.2.2023)