F-22-Kampfjets schossen nicht nur den chinesischen Ballon, sondern auch unbekannte Flugobjekte am Wochenende ab.

Foto: Senior Airman Chloe Shanes / AP

Das erste Flugobjekt, das heuer die US-Bevölkerung in Aufregung versetzte, war zumindest noch zu identifizieren: Man wusste, dass es ein Ballon ist. Es war klar, dass er aus China stammt. Und er hatte Überwachungsequipment an Bord. Ob zu Spionagezwecken, wie es aus Washington heißt, oder für meteorologische Forschungen, wie Peking entgegnet, ist nicht ganz sicher – aber zumindest liegen nun zwei Optionen auf dem Tisch.

VIDEO: Es sei "normal für US-Ballons, illegal in den Luftraum anderer Länder einzudringen", so der Sprecher des chinesischen Außenministeriums.
DER STANDARD

Übers Wochenende meldeten die US-Behörden den Abschuss von mehreren weiteren Flugobjekten. Und im Zusammenhang mit diesen Abschüssen sind die Fakten dünn gesät. Der STANDARD hat die vorhandenen Informationen zusammengetragen.

Frage: Wie viele Objekte wurden abgeschossen und wo?

Antwort: Insgesamt holten Kampfjets drei Flugkörper vom Himmel. Und zwar am Freitag über dem Arktischen Ozean nahe Alaska sowie am Samstag in einer gemeinsamen Aktion von kanadischen und US-Streitkräften über dem Yukon. Am Sonntag schossen die USA ein weiteres Flugobjekt über dem Lake Huron ab.

Auch China will an seiner Ostküste ein unbekanntes Flugobjekt gesichtet haben und bereitete am Montag den Abschuss vor.

Frage: Diesmal reagierten die US-Behörden schneller als beim chinesischen Ballon, warum?

Antwort: Zuerst flog der Ballon in einer Flughöhe von über 18.000 Metern – dabei stellte er keine Gefahr für die zivile Luftfahrt dar. Die nun abgeschossenen Flugkörper hatten eine niedrigere Flughöhe und wurden deshalb auch Flugzeugen gefährlich. Außerdem war der Ballon lange Zeit über dichtbesiedeltem Gebiet unterwegs – die Flugkörper vom Wochenende nicht, und deshalb war auch die Gefahr geringer, dass Menschen von herabfallenden Teilen getroffen werden könnten.

Frage: Wie sehen die Flugobjekte überhaupt aus?

Antwort: Das erste abgeschossene Objekt ähnelt einem Ballon, wie ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums zu Medien sagte. Es soll nach dem Abschuss in Einzelteile zerbrochen sein. Die kanadischen Behörden beschreiben ihr abgeschossenes Objekt als "zylindrisch" – die US-Behörden fügten auch hier hinzu, dass es sich um eine Art Ballon gehandelt habe. Das Objekt von Sonntag war "achteckig" mit Schnüren, die daran herabhingen.

Aber General Glen VanHerck, der Chef des nordamerikanischen Luftraumverteidigungskommando (Norad), weigerte sich, in einer Pressekonferenz auch nur bei irgendeinem Objekt von einem "Ballon" zu sprechen: "Wir nennen sie aus einem Grund Objekte. Ich kann nicht bestimmen, wie sie in der Luft bleiben. Es könnte ein gasförmiger Ballon in der Hülle sein, oder es könnte sich um eine Art Antriebssystem handeln", sagt der Leiter der gemeinsamen Einrichtung der Vereinigten Staaten und Kanadas.

Frage: Warum tauchen gerade so viele unbekannte Flugobjekte auf?

Antwort: Seit dem Auftauchen des mutmaßlichen chinesischen Spionageballons sind die kanadischen und US-Behörden wachsamer. Man sei quasi übervorsichtig, sagte die stellvertretende US-Verteidigungsministerin für Heimatschutz und hemisphärische Angelegenheiten, Melissa Dalton, am Sonntagabend.

Die Vereinigten Staaten würden ihren Luftraum in größeren Höhen nun noch genauer unter die Lupe nehmen und hätten gleichzeitig das Radar dahingehend verbessert, sagte Dalton. Das würde zumindest für die vergangene Woche erklären, warum mehr Objekte entdeckt wurden.

Frage: Aber könnte es nicht auch sein, dass es sich um außerirdische Objekte handelt?

Antwort: Die Frage steht auf jeden Fall im Raum und wurde vom zuvor erwähnten General VanHerck zumindest nicht abschlägig behandelt: "Ich habe zu diesem Zeitpunkt noch nichts ausgeschlossen", sagte er am Sonntag. Am Montag stellte das Weiße Haus klar: "Ich weiß, dass es Fragen und Sorgen darüber gab, aber es gibt keinen Hinweis auf Außerirdische oder außerirdische Aktivitäten bei den kürzlich erfolgten Abschüssen", sagte die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Karine Jean-Pierre. "Ich wollte sicherstellen, dass die Amerikaner das wissen."

Die "New York Times" interviewte zu dem Thema Sicherheitsbeamte – und keiner von ihnen zweifelt daran, dass die Flugobjekte auf der Erde hergestellt wurden. Auch nicht Luis Elizondo, der das Ufo-Programm des Pentagons bis 2017 leitete. Jahrelang schon würden "Gegner" Lowtech-Geräte in den US-Luftraum schicken, um die Vereinigten Staaten zu "belästigen", wie er zur "New York Times" sagte.

Im vergangenen Monat veröffentlichte das US-Verteidigungsministerium einen Bericht, wonach im Moment 510 Sichtungen von unbekannten Flugobjekten aufliegen würden. Dabei hätten fast 200 recht einfache Erklärungen gebracht: So waren sie etwa Ballone, Drohnen oder Vögel. Manchmal hatte es sich aber auch um ein Plastiksackerl gehandelt.

Frage: Aber was könnten die Objekte dann für einen Zweck gehabt haben?

Antwort: Eine Theorie – die aber natürlich nicht bestätigt ist – geht davon aus, dass China oder Russland die Flugkörper geschickt haben, um die Aufklärungskapazitäten der USA auszutesten. Damit könnten sie erfahren, wie schnell die Vereinigten Staaten Bedrohungen aus der Luft erkennen und abschießen können.

Frage: Wie ist der Stand in Sachen abgeschossener chinesischer Ballon?

Antwort: Die USA haben die Trümmer des Ballons geborgen und untersuchen nun den Ballon sowie sein mitgeführtes Equipment. Laut CNN-Informationen soll das Flugobjekt Teil einer chinesischen Spionageballonflotte gewesen sein, die Washington seit dem Vorjahr verfolgt. Doch auch die Vereinigten Staaten sollen mit solchen Ballons China ausspionieren. Mehr als zehn Mal seien solche Flugobjekte seit Jänner 2022 in den chinesischen Luftraum eingedrungen sein, hieß es am Montag aus dem Außenministerium in Peking. (Bianca Blei, 13.2.2023)