Benedikt Ropitsch (29) hat sich mit der Umschulung zum Fahrradmechatroniker einen Traum erfüllt.

Foto: Genniges Fahrräder

Stefan Genniges, Ropitschs Meister und Chef, ist sehr stolz und glücklich, den 6.besten Radlschrauber Europas zu beschäftigen.

Foto: Genniges Fahrräder

Es ist die Liebe zu 20-Zoll-Rädern, die das sympathische Duo verbindet, das im 5. Wiener Gemeindebezirk professionell Radeln repariert. Stefan Genniges, der Inhaber des gleichnamigen Fahrradladens, und sein Lehrling Benedikt Ropitsch, sind BMXer aus Leidenschaft. Eine Leidenschaft, die sie beide zum Beruf gemacht haben. Genniges, gebürtiger Deutscher, kam mit dem Meisterbrief Fahrrad in der Tasche "als klassischer Wirtschaftsflüchtling" nach Österreich, wie er erzählt. Vor fast genau drei Jahren eröffnete er seine eigene Radlwerkstatt in der Margaretenstraße. Vor gut zwei Jahren nahm er Ropitsch als Lehrling auf. Der Beginn eines Schraubermärchens, das diese Woche beim Europacup der Zweiradberufe in Bern seinen vorläufigen Höhepunkt fand.

Doch beginnen wir von vorne: Ropitsch, gebürtiger Vorarlberger, kam 2020 frisch von den Bahamas, wo der gelernte Koch als Küchenchef tätig war: "Ich habe mit 15 Jahren die Kochlehre begonnen, war quer durch Österreich tätig und habe mich dann entschieden, das Hangerl an den Nagel zu hängen, um etwas Neues zu versuchen." Als passionierter Radler – neben Flatland BMX fährt er am liebsten Fixie – wollte Ropitsch klassisch "das Hobby zum Beruf machen". Doch es war gar nicht einfach, einen Ausbildungsplatz zu erhalten.

Schwierige Lehrplatzsuche

"Viele wollten nicht ausbilden", erzählt er von der Suche. Bis er auf Genniges traf und bei ihm in der Werkstatt in den Beruf schnuppern konnte. "Bene war anfangs sehr ruhig und schüchtern, aber man hat sofort gemerkt, dass er wirklich gut ist", erinnert sich der Meister an das Kennenlernen. Nachdem man auch noch die gemeinsame BMX-Liebe entdeckt hatte, war klar, dass die Chemie zwischen den beiden stimmt. Dank eines Förderprogrammes des AMS konnte Genniges Ropitsch als Lehrling aufnehmen. Der bekam wiederum die Kochlehre teils angerechnet und konnte dadurch die Lehrzeit auf zwei Jahre verkürzen.

Als Meisterbetrieb repariert die Werkstatt von Genniges "alles, was noch zu reparieren geht, egal wie alt". Selbst E-Bike-Service für diverse Motorenmarken und spezielle Custom-Aufbauten werden angeboten. Eine Vielfalt an Leistungen, von der Lehrling Roptisch profitierte, wie er sagt: "Ich konnte vieles praktisch üben. Die Palette reicht vom Innenleben alter Fichtel und Sachs Torpedonaben bis hin zu den Hydraulik-Scheibenbremsen auf modernen Mountainbikes."

Revival eines ausgestorbenen Berufs

Den Lehrberuf des Fahrradmechatronikers, den Ropitsch kürzlich als Geselle abgeschlossen hat, gibt es in Österreich erst seit 2019. In den 1980ern verschwand diese Ausbildung und sie wurde erst durch den Boom am Fahrradmarkt wieder zum Thema. Die Klasse von Ropitsch ist der erste Berufsschuljahrgang, der nun wieder ausgebildete Gesellen in diesem Beruf hervorbrachte. "Kein Fehltag im Job oder in der Schule", lobt Meister Genniges seinen Lehrling, der nun sein Angestellter im Laden ist. "Der ist so gut, ich kann den unmöglich ziehen lassen", sagt der Chef stolz. Und Ropitsch bestätigt: "Die Arbeit im Laden ist großartig, für mich hat sich ein Traum erfüllt."

Nach dem erfolgreichem Lehrabschluss vor wenigen Wochen hat sich Ropitsch gleich ein neues, großes Ziel gesetzt. Er nahm an der Radlschrauber-Europameisterschaft in Bern teil, wo bis Freitag die 13 besten europäischen Fahrradmechaniker gegeneinander antraten. "Ich fühle mich sehr gut vorbereitet, aber bin trotzdem sehr nervös", erklärte Ropitsch kurz vor der Abfahrt in die Schweiz noch. Vor Publikum zu schrauben sei dann doch wieder was Neues.

Erfolgreich bei der EM

Am Donnerstag erhielten die Teilnehmer die sechs Aufgaben gestellt, die sie dann am Freitag lösen mussten. Um möglichst viele technische Bereiche abzudecken, reichen diese gestellten Aufgaben vom Laufradbau über Nabenschaltungs-Service bis hin zum Bremsen entlüften. Ropitsch war gut vorbereitet und landete auf dem sechsten Platz. Der zweite Österreicher im Feld, Maximilian Peer von PBike Artis aus Wien, landete auf dem vierten Platz.

Um eine weitere Erfahrung reicher, wird der frisch gebackene Geselle und EM-Sechste ab Montag wieder in Wien in der Werkstatt stehen. Und wenn er grade nicht an Rädern herumschraubt, sitzt er meist selbst auf einem. Und daher will Ropitsch die Gelegenheit dieses Artikels nutzen, um der Stadt Wien in Erinnerung zu rufen, dass gerade für die von ihm betriebenen Spielarten BMX und Fixie wenig legale Möglichkeiten zur Verfügung stehen: "Unser BMX-Spot beim Wien-Museum, den auch Skater gerne nutzten, wurde gesperrt." Und seit dem Abriss des Dusika-Stadions gebe es für Starrnabenfans keine Bahn mehr. (Steffen Kanduth, 25.2.2023)