Nvidia, AMD und Intel müssen sich aktuell noch nicht vor der chinesischen Konkurrenz durch die MTT S80 fürchten.

Foto: Moore Threads

Für sich gesehen ist es ein beachtlicher Meilenstein. Mit der MTT S80 des Herstellers Moore Threads ist vor kurzem die erste in China entwickelte und hergestellte Grafikkarte für Gamingzwecke an den Start gegangen. Betrachtet man oberflächlich die reinen Leistungsdaten, dann könnte man sie für einen Konkurrenten für Mittelklasse-GPUs wie Nvidias RTX 3060 halten. Dazu unterstützt die Karte außerdem den neuen PCI-Express-Standard 5.0 und bringt üppige 16 GB an VRAM mit.

Allerdings hinkt der Grafikbeschleuniger den aktuellen Karten von AMD, Nvidia und Intel technisch in vielen Bereichen auch hinterher. Das auffälligste Defizit ist dabei der fehlende Support für DirectX 12 und DirectX 11 ab Feature Level 11_1. Aber auch bei älteren Schnittstellen schwächelt die Karte, wie Benchmarks des Grafikkarten-Enthusiasten "Löschzwerg" zeigten.

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"Crysis" läuft – einigermaßen

Es liegt aber nicht nur an den Defiziten der im 12nm-Verfahren hergestellten GPU selbst. Zurückgehalten wird sie auch von nicht ausgereiften Treibern, zeigen die Beobachtungen von Löschzwerg der vergangenen Tage. Bei älteren Games, die mit DirectX 9 laufen, unterliegt die Karte etwa auch einer Intel Arc A770, obwohl diese die alte Schnittstelle nicht nativ unterstützt, sondern erst auf DirectX 12 "übersetzen" muss.

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Immerhin, "Half-Life 2: Lost Coast" läuft mit maximalen Grafikdetails stabil und in den meisten Spielszenen mit etwa 60 bis 90 Frames pro Sekunde. Stellenweise wird dieser Wert auch deutlich überschritten. "Tomb Raider" aus 2013 hingegen startet erst gar nicht. Das in Sachen Grafikperformance nicht besonders anspruchsvolle Moba "Dota 2" hingegen stürzt beim Beginn einer Partie ab. Getestet wurde freilich auch "Crysis". Das Spiel verweigert unter DirectX 11 den Start. In der DirectX 9-Variante läuft es, jedoch mit eher unbefriedigender Performance.

Tessellation verschlechtert Performance

"Counter-Strike: Global Offensive" war an sich spielbar und forderte die Karte als generell eher CPU-lastiges Game nicht heraus. Stellenweise jedoch brach die Framerate massiv ein, nämlich immer dann, wenn viel Level-Geometrie auf einmal im sichtbaren Bereich war. Als Ursache dafür konnte die nicht ausgereifte Unterstützung von Tessellation ausgemacht werden.

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Unter Tessellation versteht man in diesem Kontext das "Hochrechnen" von groben Modellen in feinere Strukturen durch eine von der Grafikkarte durchgeführte Unterteilung in feinere Strukturen mit mehr Oberflächenpolygonen, meist abhängig vom Betrachtungsabstand. Das begünstigt normalerweise die Grafikperformance, derzeit allerdings nicht bei der MTT S80. Als Übergangslösung blieb letztlich nur über, Tessellation komplett zu deaktivieren.

Aufholjagd

Klar scheint, dass Moore Threads wohl noch Jahre benötigen wird, um auf die etablierte Konkurrenz aufzuholen und vielleicht in andere Märkte zu expandieren.

Mit teils massiven Treiberproblemen kämpfte auch Intel, das im vergangenen Oktober seine ersten regulären Gaming-Grafikkarten unter dem Titel "Arc" auf den Markt gebracht hat. Seitdem bügelte man aber nicht nur zahlreiche Instabilitäten und Fehler aus, sondern steigerte auch die Performance bei allen Schnittstellen. Insbesondere bei älteren Titeln performen die Karten mittlerweile erheblich besser. (gpi, 13.2.2023)