Wenn Alarmzeichen im Auto blinken oder der Bildschirm schwarz bleibt, kann dies an Softwareproblemen liegen oder an einer Unverträglichkeit von Hard- und Software.

Foto: HO / Volkswagen

Wien – Herr W. ist enerviert. Sein im Juli 2020 um 32.000 Euro bei einem VW-Händler in Wien erworbener VW Golf 8 macht Männchen. Genauer gesagt die Elektronik des mit drei Paketen an Sonderausstattung ausgerüsteten Pkw. Regelmäßig werden am Display Fehlermeldungen angezeigt, die nahelegen, mit dem Fahrzeug besser nicht weiterzufahren, sondern eine Werkstätte aufzusuchen. Wenige Wochen nach der Fahrzeugübernahme traten nicht nur Fehler im "Infotainment", also Radio und Navigationssystem, auf, sondern es blitzten Warnmeldungen auf, die Fehler in der Bordspannung oder in der Feststellbremse anzeigten.

Nach drei Reklamationen im Jänner, Mai und Juli, denen jeweils Reparaturen beziehungsweise Reparaturversuche folgten, bei denen in Absprache mit dem Importeur Porsche Austria und dem Fahrzeughersteller, also Volkswagen, Software-Updates aufgespielt wurden, waren die Probleme noch immer nicht behoben. Selbst der Tausch des Steuergeräts des Infotainmentsystems brachte keine Besserung, auf die Forderung nach einem Preisnachlass um 8000 Euro ging man nicht ein. Stattdessen kam Ende August 2021 eine "Preiskalkulation" für den Erwerb eines neuen, teureren Pkw um 33.680 Euro samt "maßgeschneidertem Leasingangebot", das allerdings deutlich höhere Leasingraten enthielt und aufgrund seiner Komplexität mit den ursprünglichen Konditionen des Leasingkaufs nicht vergleichbar war.

Tausch oder Preisminderung

Dem Fahrzeughalter, einem Finanzwissenschafter, war das zu viel, er lehnte ab – aufgrund der finanziellen Mehrbelastung, wie es im Urteil des Handelsgerichts Wien heißt – und machte vor ebendiesem Gericht Gewährleistungsansprüche geltend: Tausch des Fahrzeugs oder Preisminderung. Beides lehnte der Importeur des Wolfsburger Fahrzeugherstellers ab. Ein Austausch des Kfz sei nicht möglich, weil der Pkw individuell nach Kundenwunsch konfiguriert wurde. Deshalb handle es sich auch nicht um eine Gattungsschuld. Die begehrte Preisminderung sei überhöht, und überhaupt sei ein Austausch des Pkw unverhältnismäßig.

Das Gericht urteilte im Dezember (Aktenzahl 63 Cg 76/21b – 35) zugunsten des Konsumenten. Die beklagte Partei, also der VW-Händler, muss den VW Golf Style TSI DSG gegen einen neuen Golf gleicher Ausstattung tauschen. Wiewohl das Urteil nicht rechtskräftig ist – Volkswagen ging in Berufung zum Oberlandesgericht Wien –, einige der von Richterin Monika Pinter getroffenen Feststellungen dürften bei dem in der Rechtsprechung unterrepräsentierten Thema Gewährleistung auf Interesse stoßen.

Zusatzausstattung als Problem?

Käufer dürfen demnach beim Erwerb eines Neuwagens mit aufpreispflichtiger Zusatzausstattung davon ausgehen, dass sämtliche verbauten Teile und Systeme fehlerlos funktionieren. Das Fahrzeug hatte somit einen Sachmangel, entsprach nicht der vertraglich geschuldeten Leistung. Da der Mangel binnen sechs Monaten auftrat, ist davon auszugehen, dass der Schaden bereits bei der Fahrzeugübergabe bestand, wofür der Händler im Rahmen der Gewährleistung einzustehen habe, also die gesetzliche Mangelhaftung greife.

Laut europäischer Judikatur reiche ein gescheiterter Verbesserungsversuch als Gewährleistungsbehelf aus, im gegenständlichen Fall waren drei erfolglos. Ein Austausch des Pkw sei daher gerechtfertigt.

Fahrzeugtausch zumutbar

Dem Argument von Volkswagen, eine Gattungsschuld liege nicht vor, weil es sich um ein nach den Wünschen des Klägers konfiguriertes Pkw-Modell handle, trat das Handelsgericht nicht näher. Trotz individueller Ausstattung und Konfiguration gebe es nicht nur diesen einen gegenständlichen VW Golf. Ein Tausch gegen ein Kfz mit gleichen Ausstattungsmerkmalen sei zumutbar und auch nicht unverhältnismäßig – trotz inzwischen gestiegener Preise und Mehrkosten durch die bisherigen erfolglosen Verbesserungsversuche. (Luise Ungerboeck, 14.2.2023)